Amer – Die dunkle Seite Deiner Träume ist im stilistischen Hinblick eine Hommage an die sogenannten Gialli der 60er und 70er Jahre. “Giallo” ist italienisch für “gelb” und bezieht sich auf den gelben Einband italienischer Groschenromane, welche die Vorläufer der Gialli darstellen. Am Anfang eines Giallo passiert ein Mordfall, den es im Whodunit-Stil aufzuklären gilt. Der Erzählstil ist dabei als reißerisch, explizit und voyeuristisch zu bezeichnen. Amer nährt sich diesem Genre mit einem künstlerischen Ansatz, der besonders Töne und aufwendige Perspektiven in den Mittelpunkt des filmischen Erlebnisses rückt, jedoch keine stringente Krimihandlung besitzt.
Es geht um Ana, die in ihrem Leben drei außergewöhnliche Erfahrungen machen muss; das erste Mal im zarten Kindesalter (Cassandra Forêt). Die kleine Ana ist im Haus ihres verstorbenen Großvaters, der dort offen aufgebahrt wird. Das mysteriöse Zimmer mitsamt der alten Dame, die sich um den Toten kümmert, übt eine merkwürdige Faszination auf das Kind aus. Geängstigt verfällt das Kind in alptraumartige Halluzinationen. Die zweite Episode spielt im Jugendlichen Alter von Ana (Charlotte Eugène Guibeaud). Sie ist im Urlaub auf einem Spaziergang mit ihrer unterdrückenden Mutter. Es ist eine Episode über die Entdeckung von Anas Sexualität. Die dritte Episode führt Ana (Marie Bos) im Erwachsenenalter wieder zurück in das Haus ihrer Kindheit. Diesmal sind die Bedrohungen und Dämonen real.
Die Handlung ist jedoch eher nebensächlich beziehungsweise ist auch nur ein stilistisches Element. Die kunstvolle Auseinandersetzung mit dem Giallo in der Bildsprache hat Amer zu einem Kritiker- und Festival-Liebling gemacht. Der Debüt-Film Franko-Belgier Hélène Cattet und Bruno Forzani hat von acht Nominierung bei verschiedenen internationalen Filmfestivals sieben Trophäen abstauben können.
Heute im TV: Amer – Die dunkle Seite deiner Träume
Wo: zdf.kultur
Wann: 22.30 Uhr