Twitter verändert das Kino. Halt, stimmt nicht: Twitter verändert nicht das Kino, nur das Reden über das Kino. Mundpropaganda ist wieder eines der Worte, vor dem sich die Marketing-Agenturen der ganzen Welt fürchten, denn schon während eines Films wird fleißig nach draußen kommuniziert, ob der Film sich lohnt oder nicht, kurz und knapp wird die Meinung über einen Film gebündelt und massenhaft in die Welt, an die Followers heraus posaunt. Die vielen Millionen Dollar für die großen Promotion-Aktionen könnten sich als Fehlinvestitionen erweisen, wenn der Film am ersten Wochenende durchfällt. Und Twitter erhöht das Risiko für Aufstieg und Fall eines Films.
Das lässt sich natürlich schlecht beweisen, aber Crimson Hexagon hat es versucht und sich am Beispiel von Inglourious Basterds auf die Tweed-Suche gemacht. Dabei kommt die Analysten-Truppe zu dem Ergebnis, dass sich 78 Prozent aller Twitter-Nachrichten positiv über Inglourious Basterds äußerten und damit letztlich einen Kinobesuch empfahlen. Untersucht wurden immerhin knapp 4500 Tweets.
Twitter scheint für das Kino-Marketing (nicht für das Kino selbst) zur Gefahr zur werden. Schon beim Kinostart von Brüno wurde spekuliert und wir haben hier darüber berichtet, dass überaus negativ über den Film getwittert wurde und er deshalb am ersten Wochenende nicht einen derartigen Erfolg einfahren könnte wie erwartet. Beweisen kann das aktuell niemand. Genauso wie früher, als niemand wusste, welche Konsequenzen das ganz private Auswerten von Filmen in Emails, bei Telefonrufe oder Stammtischgespräche für einen Film wie Inglourious Basterds haben. Mundpropaganda war schon immer unkalkulierbar. Der einzige Unterschied und damit die Gefahr für die Marketing-Maschinerien ist vielleicht, dass die Meinung eines Einzelnen jetzt von wirklich vielen Leuten viel schneller gehört werden kann.
Wenn ein Film beim Publikum gut ankommt, wird sich das positiv auswirken; so eben bei Inglourious Basterds, der am Start-Wochenende Analysten erstaunte. Wie Hannes Stein in der Welt beschreibt, kam es in New Yorker Kinos zu Gejöhle beim Scalpieren der Nazi und zu Beifall (Achtung: Spoiler!), wenn die Nazis ihr Hakenkreuz auf der Stirn eingeritzt bekommen. Spaß ist angesagt bei den Basterds und das erst recht, wenn die ganz große Geschichte mal kurz umgeschrieben wird. Das will dann auch getwittert, telefoniert, gemailt, besprochen werden. Mundpropaganda ist jetzt noch unklakulierbarer geworden.