24 - Der längste Tag im Leben Jack Bauers

07.02.2012 - 08:50 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
Meine Herz für Serie: 24
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Meine Herz für Serie: 24
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Jack Bauer ist in achteinhalb Jahren zu einer Ikone der Fernsehlandschaft geworden. Nicht nur deswegen, sondern auch wegen der Innovativität und der Relevanz der Fernsehshow, schenke ich 24 mein Herz für Serie.

“I’m federal agent Jack Bauer, and today is the longest day of my life.”

192 Stunden, 11.520 spannungsgeladene Minuten und 691.200 tickende Sekunden lang kämpft sich der beinharte, moralisch zwiespältige Jack Bauer in Echtzeit durch Horden von Terroristen, Attentätern und hohen Regierungsfunktionären. Und so ganz nebenbei setzte der Agent der Counter Terrorist Unit die Messlatte in Sachen Realismus und Produktionsaufwand für alle folgenden Actionserien um einiges höher. 24 ist mehr als nur Entertainment, bei dem der Zuschauer seine Fingernägel so sehr in die Armlehnen krallt, dass es weh tut. Die Serie ist ein Spiegel der politischen Zustände des vergangen Jahrzehnts, welche im Mittelstandswohnzimmer genauso geguckt wurde wie im Weißen Haus.

Das Konzept der Fernsehshow ist genauso simpel wie mutig. Jede Staffel zeigt einen Tag im Leben Jack Bauers, ein kampferprobter ehemaliger US-Soldat und Ex-SWAT-Mitglied der fiktionalen Sicherheitsbehörde CTU, in dem er ein Komplott aufdeckt und es mit allen verfügbaren Mitteln vereitelt, ungeachtet der persönlichen Opfer, die er bringen muss. Alle Ereignisse geschehen in Echtzeit, das heißt der Zuschauer wird Zeuge jeder Sekunde des schicksalhaften Tages (mit Ausnahme der Werbung, die für banale Geschehnisse wie Fahrten von Ort zu Ort oder die unvermeidbaren Toilettengänge genutzt wird). Auch wenn 24 nicht die Premiere dieses Kunstgriffes markiert, ist es doch das erste Projekt, welches diese Art von Erzählweise über eine solche Dauer aufrecht erhält. Was wie ein marketingwirksames Gimmick anmutet, erfordert einen unglaublich dicht konzipierten Spannungsbogen, um das Interesse des Publikums nicht zu verlieren.

Doch besonders die Inszenierung in Echtzeit ist es, die meinen Puls ein ums andere Mal in die Höhe schnellen ließ. Die Geschehnisse wirken dadurch echter, rauer, ungeschönter. 24 wirkt oftmals als würde es eine Aufzeichnung der Realität sein, ohne jemals, wie so viele jüngere Filme, durch eine verwackelte Kamera den Eindruck erwecken zu wollen, dass es sich um eine Art von Found Footage-Aufnahme handele. Für die Realitätsnähe sorgen auch die unglamourösen Ereignisse, die Jack Bauer zu bestehen hat. Anstatt stets den moralisch einwandfreien Beschützer der USA darzustellen, der den bösen Buben heroisch das Handwerk legt, muss er durch Folter und andere ethisch fragwürdige Handlungen Informationen aus Charakteren herausholen, für die der Zuschauer oftmals Sympathie entwickelt hat. Die extreme Darstellung der Folterszenen gepaart mit den eigenen Vorstellungen, die ich persönlich von dem Stellenwert von Menschenrechten habe, machten es mir dabei oft nicht einfach, meine Augen nicht vom Bildschirm abzuwenden. Noch schwerer zu ertragen sind die Schicksalsschläge, die der Protagonist hinnehmen muss.In der letzten Folge der ersten Staffel stirbt eine Jack Bauer sehr nahestehende Person. Ab da an ist nichts mehr so wie es mal war. Plötzlich wird klar, dass keine Figur vor dem Tod sicher ist. Viele lieb gewonnene Charaktere sterben auf schmerzliche Art und Weise im Laufe der acht Staffeln und somit rückt auch die Wahrscheinlichkeit immer näher, dass irgendwann selbst Jack Bauer dem unerbittlichen Drehbuch zu Opfer fallen könnte.

Dass der Zuschauer mit dem CTU-Agent mitleidet, obwohl er immer wieder fragwürdige Entscheidungen trifft, ist der atemberaubenden Leistung von Kiefer Sutherland geschuldet. Jack Bauer ist nicht umsonst die Rolle seines Lebens. Gott sei dank wurde kein wie aus dem Ei gepellt aussehender Star für die Hauptrolle gewählt. Kiefer Sutherland verkörpert den Durchschnittstypen, der nur durch seine Ausbildung und durch das, was er durchmachen musste, zu dem harten Hund geworden ist, der ohne mit der Wimper zu zucken Menschen tötet, von denen er nur annehmen kann, dass sie es verdient haben. Sich den Luxus zu nehmen, seine Entscheidungen über Leben und Tod oder Folter und psychische Verhörmethoden nach moralischen Überlegungen abzuwägen, dafür hat er während der 24 Stunden keine Zeit. Doch sind ihm die seelischen Konsequenzen seiner Taten zum späteren Zeitpunkt der Serie leicht anzumerken. Kiefer Sutherland spielt Jack Bauer als einen gebrochenen Mann, der jedwede Freude am Leben verloren hat, was ihm in seinen Worten und seiner Haltung stets anzumerken ist.

24 wurde wegen der Andeutung, dass Folter unbedingt für polizeiliche Ermittlungen notwendig ist, stark kritisiert. Auch die häufige Darstellung der muslimischen Amerikaner als Terroristen wurde zurecht bemängelt. Diese Probleme sind zwar der politischen Stimmung in den Vereinigten Staaten nach den Anschlägen des 11. Septembers geschuldet, doch deswegen nicht zu verzeihen, zumal die Serie sogar von politischen Vertretern als Beispiel und Rechtfertigung für Handlungen im Namen der nationalen Sicherheit diente. Den Machern rund um Joel Surnow ist es allerdings hoch anzurechnen, dass sie in späteren Staffeln einen anderen Weg einschlugen. Der moralische Zwiespalt der Folter wurde thematisiert und Muslime übernahmen zum Teil die Rollen der Guten, während weiße, männliche, hochrangige Regierungsangestellte teilweise zu den Drahtziehern hinter Terrorakten wurden.

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