Die besten Filme - Forum Berlinale 2014
- Le beaudanger?5Biographischer Dokumentarfilm von René Frölke mit Norman Manea.
Norman Manea, 1936 in der Bukowina geboren, wurde 1941 mit seiner Familie in ein Konzentrationslager deportiert. Er überlebte die Gefangenschaft, wurde Schriftsteller und emigrierte 1986 aus Rumänien in den Westen. Heute lehrt und schreibt er in New York. Über diese biografischen Eckdaten des Autors informiert der Film erst spät. Er lässt der Literatur den Vortritt. Sie wird ins Bild gesetzt: Texttafeln mit ausführlichen Auszügen aus Werken Norman Maneas, die starke autobiografische Bezüge haben, prägen den Rhythmus. Beobachtungen des Schriftstellers als öffentliche Person im Rahmen von Auftritten bei Buchmessen und in Seminaren kommen hinzu. Und heutige Aufnahmen an Stationen seines Lebens, wie einem jüdischen Friedhof in der Ukraine. Es entsteht eine vielschichtige Textur aus Schrift und Rede, 16-mm-Film und digitalem Material, Schwarz-Weiß und Farbe, Ton-Collagen und Rauschen – ein Film aus Fragmenten mit vagen Zusammenhängen, kein kohärent erzähltes Künstlerporträt. Im Fokus steht stattdessen die Frage, wie sich Erinnerungen und Erfahrungen von Exil und Entfremdung vermitteln lassen, in der Literatur und im Film. Le beau danger hat eine freie, essayistische Form dafür gefunden.
(Berlinale)
- ScrapYard?732Dokumentarfilm von Nadège Trébal.
Für viele Männer ist ein Schrottplatz das Äquivalent zum Kaffeeklatsch: Mit dem Schraubenzieher in der Hand, beim Ausbauen von Kurbelwellen und Stoßdämpfern, Kühlern oder Ölwannen kommen sie ins Plaudern. Auch solche Männer, die andernorts wahrscheinlich eher schweigsam sind. Selbst wenn es regnet und erst recht, wenn sich die Schrauben nicht ganz einfach lösen. In ölverschmierten Overalls, wenn sie beim Ausschlachten das gesuchte Teil tatsächlich finden und in Alditüten packen, werden Bastler zu Poeten. Ein Tunesier, der von den blauen Augen und dem weichen Haar seiner Tochter schwärmt. Ein Raucher, der die Frauen im Sommer schöner findet und sich nach der Betriebsamkeit von Malis Straßen sehnt. Ein anderer Westafrikaner, der davon erzählt, wie er in der Piroge auf dem Weg nach Europa dem Tod ins Gesicht sah und bereit war zu sterben. Manchmal verirren sich auch Frauen auf den Schrottplatz, ein Mädchen legt schützend den Arm um ihren kleinen Bruder, der sich vor den Gabelstaplern fürchtet. Nadège Trebal entdeckt mit ihrer Kamera die melancholische Schönheit eines Ortes, der selbst dem Untergang geweiht ist. Man wünscht sich, es gäbe für diesen Schrottplatz einen Denkmalschutz.
(Berlinale)
- Castanha5.44.542Dokumentarfilm von Davi Pretto mit João Carlos Castanha und Celina Castanha.
Castanha ist eine teilweise fiktionale Doku über den gleichnamigen Schauspieler und Transvestiten, der treuherzig mit seiner Mutter zusammenlebt.
- ShadowDays?3Drama von Zhao Dayong mit Liang Ming und Li Ziqian.
Liang Renwei und Pomegranate, seine schwangere Freundin, kehren in sein abgeschieden in den Bergen liegendes Heimatdorf zurück. Er möchte bis nach der Geburt dort bleiben, um seiner zwielichtigen Vergangenheit zu entkommen und zu schauen, welche Möglichkeiten sich für die Zukunft ergeben.
In einer eher beiläufigen Szene wird eine große Mao-Figur aus Pappmaschee von drei Männern entsorgt. Dennoch sind der wirtschaftliche Aufstieg und der moderne Lifestyle im Dorf noch nicht angekommen. Die Zeit scheint in dieser einsamen Gebirgsregion still zu stehen. Nach wie vor dominieren die alten Kader mit rigiden Methoden das dörfliche Leben. Renweis Onkel, der für die Durchsetzung der Ein-Kind-Politik verantwortlich ist und eine Quote zu erfüllen hat, bittet ihn um Unterstützung. Brutal und ohne eine Miene zu verziehen, zwingt Renwei Frauen zur Abtreibung. Indessen wird der Bauch seiner Freundin immer runder. Doch alle Beteiligten müssen auf unterschiedliche Weise erleben, dass Gewalt immer weitere Gewalt mit sich bringt. Vor einer grandiosen archaischen Berglandschaft erzählt dieser Film von dem, was Menschen in der Lage sind, einander anzutun. - Parasite?3Dokumentarfilm von Wilhelm Sasnal und Anka Sasnal mit Joanna Drozda und Jerzy Gajlikowski.
Im Mittelpunkt des polnischen Dokumentarspielfilms Parasite (OT:Huba) von Anka und Wilhelm Sasnal steht ein alter Mann, gezeichnet von der lebenslangen Arbeit in der Fabrik. Seine Tochter, allein mit ihrem Säugling, zieht bei ihm ein. Der Film erzählt vom Zurückgeworfensein auf die nackte Existenz, von Enge, Fremdheit, Nähe und von Körpern – am Beginn eines Lebens, am Ende, und irgendwo dazwischen.
- La marche à suivre -Guidelines?3Dokumentarfilm von Jean-Francois Caissy.
Die kanadische Dokumentation La marche à suivre – Guidelines widmet sich Jugendlichen in der Provinz Quebec, die in ihrem Stadium zwischen Kind und Erwachsenem ihre Grenzen austesten und zuweilen auch überschreiten.
- N - Der Wahn derVernunft6.96.3243Dokumentarfilm von Peter Krüger mit Michael Lonsdale.
Der Dokumentarfilm N – Der Wahn der Vernunft wandelt auf den Spuren des Franzosen Raymond Borremans und erforscht auf experimentelle Art, wie der Mann zunehmend seiner Obsession für Afrika verfiel.
- Non-fictionDiary?7Dokumentarfilm von Jung Yoon-suk mit Byung-chun Ko und Hyung-tae Kim.
Was haben bestialische Serienmorde mit dem Einsturz eines Kaufhauses und dem Zusammenbruch einer viel befahrenen Brücke in Seoul zu tun? In dieser essayistischen Annäherung an die traumatischen Ereignisse, die Korea Mitte der 90er Jahre erschütterten, werden überraschende Zusammenhänge ausgebreitet. Man bekommt Einblick in ein Land, das sich nach den dunklen Zeiten der Militärregierung einem hemmungslosen Fortschrittsglauben unterworfen hat.
Gleich einem Detektiv nimmt Jung Yoon-suk die Spurensuche auf, fährt zum Tatort der Morde, lässt die damals ermittelnden Beamten zu Wort kommen. Bei den jungen Tätern handelt es sich um die ersten koreanischen Serientäter überhaupt, ihr „Slogan“ lautete: „We hate the rich“. Seine Interviews kombiniert Jung mit Archivmaterial. So entsteht das Bild einer verlorenen Jugend und ein Gefühl für den Riss, den die Industrialisierung in den 80er Jahren in der koreanischen Gesellschaft hinterließ. Das Verbrechen enthüllt weitere Verbrechen, begangen im Zuge der kapitalistischen Gier. Plötzlich sieht man auch die eingestürzten Bauwerke in einem anderen, gesellschaftspolitischen Zusammenhang.(Berlinale)
- BlindDates7.3122Tragikomödie von Levan Koguashvili mit Andro Sakhvarelidze und Archil Kikodze.
Mit 40 Jahren lebt der Lehrer Sandro noch immer bei seinen Eltern, die sich ständig in sein Privatleben einmischen. Die Blind Dates, zu denen ihn sein Freund Iva drängt, interessieren ihn kaum. Bei einem Ausflug ans Schwarze Meer verliebt er sich auf einmal in die Friseurin Manana. Als deren Ehemann Tengo vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen wird, nimmt Sandros Schlamassel absurde Dimensionen an. Er gerät in wüste Familiendispute und sieht sich gezwungen, die von Tengo geschwängerte Natia bei seinen Eltern einzuquartieren.
Fehlschlüsse und Missverständnisse sind der Motor dieser melancholischen Komödie, in der sich alle immer in alles einmischen, während doch niemand wirklich zuhört, und alle alles falsch verstehen. Im Zweifelsfall argumentiert man wild durcheinander, und die Situation löst sich in heftigen Ausbrüchen auf. Levan Koguashvilis zweiter Spielfilm steht damit in den besten Traditionen des georgischen Kinos. Der Erzählton ist ruhig, die Ereignisse überschlagen sich. Unsentimental, mit Auslassungen und Andeutungen, in wunderbaren Farbkompositionen und mit enormem Gespür für Räume, Architektur und Stadtlandschaften erzählt, gewinnt der Film schließlich ungeheure Tiefe.
- VelvetTerroristsCZ (2014)?5von Ivan Ostrochovský und Pavol Pekarčík.
Drei Männer sind die Helden dieses außergewöhnlichen Films. Alle haben sie in den 80er Jahren terroristische Anschläge gegen das Regime in der Tschechoslowakei geplant oder durchgeführt und saßen dafür mehrere Jahre im Gefängnis.
Stano wollte eine Tribüne der kommunistischen Partei in die Luft sprengen, Fero plante einen Anschlag auf den langjährigen Staatspräsidenten Gustáv Husák. Vladimír hat Plakatwände gesprengt und Protestflyer vom Himmel regnen lassen.
Im Film rekonstruieren die Männer ihre Aktionen. Zugleich geben sie preis, was ihr Leben heute ausmacht. Stano sucht eine Frau, Fero lebt mit seiner Frau und zwei jugendlichen Söhnen zusammen, denen er beibringt, wie man Bomben baut und ein Fluchtauto steuert. Vladimír trainiert eine junge Frau, die er in Selbstverteidigung und Widerstand schult. Ihr sonderbares Verhältnis ist sexuell aufgeladen und vereint zwei wütende Außenseiter, immer bereit, den Kampf aufzunehmen.
Auf doppelbödig-humorvolle Weise lässt der Film die Grenzen zwischen Realität und Fiktion verschwimmen, zwischen Heroismus und Dummheit. Lakonisch und mit leiser Ironie erzählt der Film eine Geschichte von Menschen zwischen Totalitarismus und Rebellion. - IranianFR (2014)?4von Mehran Tamadon.
Zwei Jahre lang musste Mehran Tamadon die vier Verfechter des Regimes im Iran dazu überreden, mit ihm gemeinsam ein Experiment zu wagen. Nun empfängt er sie als Gäste im Landhaus seiner Familie, um zwei Tage lang auszuprobieren, was es im Iran nicht gibt: eine plurale Gesellschaft. Während die Frauen in den Gästezimmern verschwinden, diskutieren die Männer über die Vor- und Nachteile einer säkularen Gesellschaft, über den Schleier, Abtreibung, Pressefreiheit… Tamadons Gäste sind dem regimekritischen Filmemacher gegenüber nicht nur in der Mehrheit, sie sind auch versierte Rhetoriker. Immer wieder drehen sie ihm seine Argumente im Mund um und verwenden sie gegen ihn. Seine säkulare Gesellschaft sei doch genauso ideologisch wie ihre religiöse, heißt es. Es geht kontrovers zu, aber es wird auch viel gescherzt, gebetet und zusammen gekocht. Am Ende scheitert ihr Versuch einer Gesellschaftsutopie an zu viel Unverhandelbarem. Ist deshalb auch das Experiment gescheitert? Immerhin hat es für eine kurze Zeit tatsächlich ein Mit- und Nebeneinander verschiedener Lebensstile und Meinungen gegeben. Ein Dialog hat stattgefunden. Für den der Filmemacher allerdings einen hohen Preis zahlen wird.
(Berlinale)
- Seaburners?4.72Drama von Melisa Önel mit Mira Furlan und Ahmet Rifat Sungar.
Eine winterlich raue Szenerie an der türkischen Schwarzmeerküste. Denise, eine Botanikerin aus dem Ausland, hat es zu Forschungszwecken hierher verschlagen. Stoisch stapft sie durch kniehohes Wasser zu dem abgelegenen Ort, an dem sie lokale Pflanzen züchtet. Genauso unbeirrt und furchtlos sucht sie nachts die einsam gelegene Hütte auf, in der sie sich mit ihrem Liebhaber Hamit trifft. Der ist ein Habenichts, den lediglich ein gescheiterter Versuch, eine Existenz im Ausland aufzubauen, in dieser desolaten Gegend hält. Und die Beziehung zu Denise. Ein Dilemma – denn Hamit muss vor ihr verbergen, dass er als Menschenschmuggler davon lebt, anderen zur Flucht nach Europa zu verhelfen; Denise jedoch ist sein rätselhaftes Verhalten leid. Als sie in ihre Heimat zurückbeordert wird und ein Auftrag Hamits aus dem Ruder läuft, trifft er eine Entscheidung, die in einer Katastrophe endet.
Elliptisch und nicht linear erzählt, belässt Melisa Önels eindringliches Debüt vieles im Dunklen – im wahrsten Sinne des Wortes. Den beeindruckenden, düsteren Bildern entspricht eine wenig hoffnungsvolle und solidarische Welt, in der ein innerer Zustand der Unbehaustheit vorherrscht.(Berlinale)
- The HonourKeeper?1Liebesfilm von Pushpendra Singh mit Sanghamitra Hitaishi und Pushpendra Singh.
Das Licht der Wüste Thar in Rajasthan lässt die Saris der Frauen auf ihrem Gang zum Brunnen noch bunter leuchten, als sie ohnehin schon sind. In dieser fast archaisch wirkenden Prozession ist Lajwanti hinter ihrem Schleier eine Unsichtbare. Bis ein Mann mit einer seltsamen Obsession für Tauben den Weg der Frauen kreuzt. Lajwantis Neugierde ist geweckt, lässt sie ihren Schleier ablegen und aus der Unsichtbarkeit heraustreten. Sie wird zu einer Frau mit einem eigenen Willen, die nicht ängstlich ihr Glück vorbeiziehen lassen will.
Der Film erzählt eine Liebesgeschichte in einer von Kargheit geprägten Kultur, die sich keine Schnörkel erlaubt. Die Geschichte, die Bilder und Dialoge, die Häuser und die Landschaften des Films gehören zu den Menschen, die ihn gemacht haben. Wie der Autor der literarischen Vorlage des Films, Vijaydan Detha, ist auch der Regisseur Pushpendra Singh in Rajasthan geboren: Er wollte mit Lajwanti keinen Film über, sondern mit den Frauen und Männern machen, die er als Schauspieler, Sänger und Musiker und als Finanziers in den Entstehungsprozess involviert hat. Das Ergebnis erlaubt die seltene Gleichzeitigkeit von filmischer Avantgarde und romantischer Tradition.(Berlinale)
- Nagima?61Drama von Zhanna Issabayeva mit Dina Tukubayeva und Galina Pyanova.
Es ist der Sommer, in dem Nagima 18 Jahre alt ist. Sie lebt mit der schwangeren Anya in einer ärmlichen Hütte am Stadtrand von Almaty. Die beiden sind Schwestern, nicht wirklich, aber sie tun so. Früher, im Waisenhaus, hatten sie sonst auch niemanden. Als Nagima mit einer Plastiktüte voller Essensreste, die sie in der Restaurantküche von den Tellern klaut, nach Hause kommt, schaut Anya Fernsehen, eine grell-bunte Realityshow über Menschen, die in einer anderen Welt leben. Anya stirbt bei der Geburt, ihr Baby kommt ins Waisenhaus. Schockiert und wütend und nunmehr ganz allein auf der Welt entschließt sich Nagima einzufordern, was ihr bisher immer vorenthalten wurde: Liebe. Mit jugendlichem Starrsinn verlangt sie ihr gutes Recht – doch es wird ihr verwehrt. Einmal, zweimal, zu oft. Nagima will Anyas Baby dieses Schicksal ersparen. In dem wortkargen, bildstarken Film, der auf jeden Schmuck verzichtet, erzählt Zhanna Issabayeva vom Leben einer jungen Frau im postsozialistischen Kasachstan. Gewiss, die Sonne vergoldet manchmal die weite Steppenlandschaft, aber sie scheint nur für die Menschen im Fernsehen. Am Stadtrand von Almaty beleuchten die Straßenlaternen eine große Einsamkeit.
(Berlinale)
- Der Wald ist wie dieBerge?6.892Dokumentarfilm von Didier Guillain und Christiane Schmidt.
In ihrem Dokumentarfilm Der Wald ist wie die Berge begleiten Christiane Schmidt und Didier Guillain den Alltag eines Roma-Dorfes.
- Joy of Man’sDesiring5.46.524Dokumentarfilm von Denis Côté.
An wen wendet sich die Frau, die über ihre Schulter spricht, die Augen gesenkt? An den Regisseur, den Zuschauer, einen unsichtbaren Dritten? „Wir müssen einander vertrauen“, erklärt sie leise, aber bestimmt. Diese erste Szene setzt die Tonart des Films. Wir sehen und hören gewaltige Maschinen, ohrenbetäubenden Lärm; Menschen, die die Maschinen bedienen, sie füttern, konzentriert, eingebunden in abstrakte Prozesse; Pausengespräche in der Umkleide, der Kantine. Denis Côté hat mit Que ta joie demeure aber keinen Dokumentarfilm über Maschinensklaven, über Entfremdung, Entmenschlichung oder Ausbeutung gedreht. Ton und Bild, Montage und Dramaturgie dienen ihm schlicht dazu, Fabrikhallen und Werkstätten in einen filmischen Raum zu übersetzen, die bizarren Umgebungen zu erkunden, denen sich die Arbeiter anpassen, mit denen sie geschickt interagieren, als hätte die Menschheit seit Urzeiten nichts anderes getan. Auch das ist Teil der Fiktion, die sich langsam, aber sicher einschleicht, ununterscheidbar vom Dokumentarischen – weil das Kino diese Unterscheidung eben nicht braucht. Es kann zeigen, wovor man in der Realität die Augen verschließt wie vor dem gleißenden Licht in der Schweißerei.
- 10Minutes?21Drama von Lee Yong-seung.
Auf den schmalen Schultern von Ho-chan lasten die finanziellen Sorgen der Familie. Seine Eltern haben sich in den Jahren des wirtschaftlichen Aufschwungs übernommen, jetzt ist der Vater in Rente, und die Rechnungen türmen sich zu dramatischen Schuldenbergen. Mit seinem Halbtagsjob in der Öffentlichkeitsabteilung eines staatlichen Unternehmens unterstützt Ho-chan die Familie. Als er dort eine feste Stelle angeboten bekommt, gibt er seinen Traum, TV-Produzent zu werden, endgültig auf.
Das Regiedebüt von Lee Yong-seung folgt seinem Helden in eine rigide, streng hierarchische Arbeitswelt. Seiner ruhigen und beharrlichen Kamera entgeht nichts, sie registriert auch die kleinsten Zeichen der Demütigungen und Erniedrigungen, die sich Ho-chan jeden Tag in dem Großraumbüro gefallen lassen muss. Der Büroalltag wird zum existenziellen Überlebenskampf. Auch als die ihm versprochene Stelle an die minder qualifizierte Eun-hye vergeben wird, begehrt er nicht auf, sondern fügt sich in ein Schattendasein am Kopierer. Eines Tages wird sein Gewissen auf eine harte Probe gestellt: Wird Ho-chan das Angebot einer besseren Position annehmen, obwohl er weiß, dass ein anderer dafür gehen muss? - Souvenir?2Dokumentarfilm von André Siegers.
Alfred D. ist ein reiselustiger Mensch. Er sammelt Länder. Dabei filmt er die Welt – und sich selbst. Alfred D. ist außerdem SPD-Mitglied und war als Repräsentant der Friedrich-Ebert-Stiftung u.a. in Nepal und Warschau tätig, wo er in den 90er Jahren Demokratisierungskampagnen durchführte und Schulungsfilme zur Rolle des Geldes in der Marktwirtschaft drehte. Er hat auch einen Schauspielkurs besucht, für eine schwäbische Lokalzeitung von der Berlinale berichtet und sich 2009 als Kandidat im Europawahlkampf engagiert. Nie ohne seine Kamera. Alfred in der libyschen Wüste, Alfred im Gespräch mit Helmut Schmidt, Alfred mit seiner todkranken Freundin, Alfred in der Badewanne, Alfred mit Elefanten in Südafrika – in der Provinz und in der Ferne, als Anwalt von Weltbildern und beim Stellen der Sinnfrage. Irrwitz? Normalzustand? Besonders abenteuerlich: der Politikbetrieb. Anhand von ausgewähltem Material des passionierten Amateurfilmers, das in eine Rahmengeschichte vom Verschwinden Alfreds im Eis der Arktis eingebettet und von fiktiven Briefen eines Erzählers aus dem Off flankiert wird, unternimmt dieser klug montierte Film selbst eine Expedition: ins Reich der deutschen Sitten.
- To Singapore, WithLove?4Dokumentarfilm von Pin Pin Tan.
Manche Orte lassen sich aus der Ferne präziser beobachten, will man ihr inneres Wesen begreifen. Für das Porträt ihrer Heimatstadt, der tropischen Wirtschaftswundermetropole Singapur, wählt Tan Pin Pin eine konsequente Außenperspektive. Sie besucht politische Exilanten in London, Thailand und Malaysia, die die Stadt verlassen mussten, vor 50 oder 35 Jahren – und bis heute nicht zurückkehren dürfen. Es sei denn, sie sind gestorben und Angehörige bringen ihre Asche zurück. Die Protagonisten des Films haben für die Freiheit Singapurs vom Kolonialismus und für mehr Demokratie gekämpft. Sie sind jahrzehntelangen Haftstrafen und juristischer Willkür nur um den Preis des Exils entkommen. Ihr heutiger Blick auf die Stadt ist geschärft, verträumt und analytisch zugleich: To Singapore, with Love ist eine Hommage auf kämpferische Einzelpersonen, deren Lebensweg durch Migration geprägt wurde. Weniger als Opfer denn als Utopisten eröffnen ihre Geschichten erstaunliche Perspektiven auf eine ultra-moderne Stadt im demokratischen Koma. Aber auch auf das Leben im Exil, das oft verschlungene Pfade und Umwege nimmt, für die, die ihre Ziele fern der Heimat nicht aus dem Auge verlieren.
- Und in der Mitte, da sindwir?41Drama von Sebastian Brameshuber.
Andi spielt E-Gitarre und ist Waffennarr. Michi hofft, mit seinen Doc Martens auf der richtigen Seite zu sein. Ramona sucht eine Lehrstelle und will partout ein Lippen-Piercing. Die drei 15-Jährigen leben in Ebensee, einem kleinen Ort in Österreich, wo Jugendliche 2009 die jährliche Feier zum Gedenken an die Toten des ehemaligen Konzentrationslagers mit Softguns störten.
Auf Michis Computer findet sich ein Volkslied über sein Heimatdorf „an der grünen Traun“ genauso wie der Song „Punk war ich schon als Kind“. Wenn man ihn dann noch als Michael-Jackson-Imitator, bei der Brauchtumspflege mit Ratschen, Lederhose und Trachtenhut und beim Blödeln über Anti-Nazi-Graffiti erlebt, entsteht ein prägnantes Bild vom komplizierten Prozess jugendlicher Selbstfindung und Persönlichkeitsbildung. Und davon, wie kurz der Weg beim Wechseln unterschiedlichster Identitätsentwürfe sein kann. Anhand von schön fotografierten Momentaufnahmen aus dem Alltag der Teenager im Verlauf eines Jahres sowie Aussagen von ihnen und ihren Eltern über den Umgang mit der NS-Zeit skizziert der Film darüber hinaus, auf welche Befindlichkeiten die offizielle Gedenkkultur heutzutage trifft. Nicht nur in Ebensee. - Ich will mich nicht künstlichaufregen4.8164Drama von Max Linz mit Sarah Ralfs und Hannelore Hoger.
In Max Linz’ Spielfilmdebüt Ich will mich nicht künstlich aufregen manövriert sich eine junge Berliner Kuratorin auf der Suche nach Investoren durch die deutsche Film-Kunst-Szene.