Die meisten Menschen lieben ihre Freiheiten. Ebenso lieben sie die Freiheit des Internets. Da beides in den letzten Monaten vermehrt bedroht wird, ist es an der Zeit, klar Stellung zu beziehen. Und genau das wurde diese Woche gemacht.
Der Aufreger der Woche handelt von zweifelhaften Gesetzesinitiativen und thematisiert den Kampf dagegen.
ACTA, SOPA, PIPA
Vor kurzem erst war das Abkommen ACTA Thema zahlreicher Diskussionen. Die Gesetzesinitiative zur Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen im Internet lässt die Alarmglocken von Zensurgegner laut schrillen, werden doch unter dem Deckmantel der Jagd auf Raubkopierer Freiheiten eingeschränkt und bedeutende Rechte der Nutzer untergraben. Nicht anders läuft es in den USA. Die dort vorbereiteten Gesetze SOPA (Stop Online Piracy Act) und PIPA (Protect IP Act) sollen vordergründig zwar mit Piraterie aufräumen, beenden aber gleichzeitig die Freiheit des Internets, indem (scheinbar) zum Wohle der Uhrheber eine nie da gewesene Machtinanspruchnahme stattfindet. So sieht beispielsweise SOPA vor, dass Gerichtsbeschlüsse es dem amerikanischen Justizministerium ermöglichen, Suchmaschinen, Provider oder Online-Bezahlsystem dazu zu verpflichten, Kontakte mit angeblichen ausländischen Raubkopiererseiten einzustellen und dass die verdächtigen Websites gesperrt werden. Ebenso sehen die Initiativen empfindliche Strafen für User vor, die ohne Erlaubnis urheberrechrechtlich geschützte Musik oder Filme konsumieren, egal ob gedownloadet oder gestreamt.
Totalitäres Netz
Dass die Beurteilung, was letztlich eine Rechtsverletzung darstellt, beim Justizministerium liegt, versteht sich von selbst. Und dass natürlich massenhaft User ausspioniert werden müssen, um eventuelle Verstöße nachzuweisen, ist auch klar. Eine Verteidigungsmöglichkeit der beschuldigten Seiten ist dabei nicht vorgesehen. Und dass soziale Netzwerke wie Facebook und Co. unter diesen Voraussetzungen praktisch nicht mehr existieren können, wurde auch nicht bedacht. Dazu kommt noch, dass Internetnutzer kriminalisiert werden. Theoretisch könnte eine Eigeninterpretation eines Hits von z.B. Madonna, die auf YouTube präsentiert wird, eine Urheberrechtsverletzung darstellen, das Nachspielen populärer Szenen aus Krieg der Sterne, Der Pate oder anderen Filmen könnte ebenso geahndet werden. All diese potentiellen Entwicklungen sind hochgradig beängstigend – und das Ende der möglichen Beschränkungen ist damit noch nicht einmal erreicht.
Schwarz aus Protest
Aber am vergangenen Mittwoch wurden Zeichen gegen diese orwellschen Tendenzen gesetzt: Den ganzen Tag über war die Seite der englischsprachigen Wikipedia schwarz und nur ein Text, der mit der Einleitung „Imagine a World Without Free Knowledge“ beginnt, war zu lesen. Auch andere Internetseiten protestierten: Die WordPress-Homepage war ebenso geschwärzt und zigfach mit dem Wort „zensiert“ übersät. Zahlreiche Blogs schlossen sich an und gingen offline, sogar die Seite der Grünen wurde schwarz. Suchmaschinengigant Google verdeckte sein Logo mit einem schwarzen Balken. Solidarität allerorten. Dass aber ausgerechnet Google sich in die Protestgruppe einreiht, ist verwunderlich, denn als Teil der “Netcoalition” unterstützten sie in einer Erklärung „starke und sinnvolle Initiativen, um geistiges Eigentum zu schützen“.
Womöglich war ihnen nicht klar, dass mit einer solchen Aussage die Büchse der Pandora geöffnet wird. Dass Medienmogul Rupert Murdoch, die Motion Picture Association of America (MPAA) und andere sich für diese Anti-Piraterie-Gesetzgebung aussprechen, überrascht nicht. Dass sie bei dem legitimen Vorhaben, Urheberrechte zu schützen, jedoch weit über das Ziel hinausgeschossen sind, wollen sie sich nicht eingestehen. Vielleicht müssen sie es auch nicht, schließlich kämpfen sie nur für ihre Sache. Eigentlich sollte deswegen die Politik Weise handeln, um den Schaden nicht größer werden zu lassen, als der letztendliche Nutzen ist. Das Vorgehen der Machthaber in den USA und in Europa in dieser Angelegenheit lässt jedoch Zweifel daran zu, dass Weisheit der Ratgeber ist.