Wie Netflix unsere Sehgewohnheiten festhält und Erschreckendes zutage fördert

22.08.2018 - 15:15 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
Tote Mädchen lügen nicht
Netflix
Tote Mädchen lügen nicht
Streamingdienste gehören mittlerweile bei den meisten von uns zum Alltag dazu. Dass die Nutzung von Netflix und Co. jedoch auch ihre dunklen Seiten hat, ist vielen nicht bewusst.

Für uns Film- und Serienliebhaber ist Streaming ein Schlaraffenland: Wir öffnen den VOD-Anbieter unseres Vertrauens und schon werden wir mit einem riesigen Angebot an Titeln überschwemmt. Dass nicht alles super ist, was uns Netflix und Co. präsentieren, ist klar. Trotzdem gehört eine abendliche Streaming-Session bei den meisten von uns einfach zum Alltag mit dazu. So sehr wir die Bequemlichkeit oder das große Angebot auch schätzen mögen, hinter ihrer nutzerfreundlichen Fassade sind VOD-Anbieter wie Netflix selbstverständlich Unternehmen, die darauf aus sind, ihre Kunden an ihr Produkt zu binden

Netflix weiß mehr über uns, als wir denken

Und das machen sie, indem sie unsere Sehgewohnheiten bis ins kleinste Detail aufzeichnen und analysieren. Was dabei herauskommt, mag für viele überraschend, wenn nicht sogar erschreckend sein. Eine Autorin der Zeit  hat von Netflix die über sie und ihr Nutzerverhalten aufgezeichneten Daten angefordert, wie es seit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ihr Recht ist.

House of Cards

Über dieses Verhalten führt Netflix Aufzeichnungen

In dem Schwung Daten, die die Zeit-Autorin zurückbekam, steht unter anderem ...

  • ... wie oft und wann sie innerhalb einer Serie vorgespult hat (14 Mal)
  • ... wie oft sie bestimmte Episoden schaute
  • ... dass sie auf Newsletter und E-Mail-Werbung reagiert
  • ... wie oft sie innerhalb der Plattform auf Play gedrückt hat (119 mal)
  • ... dass sie der Autoplay-Funktion in der Regel nachgibt, also an einer Serie dranbleibt, wenn sie sie erstmal schaut
  • ... wie lang ihre längste Binge-Session dauerte (12 Stunden)
  • ... die Watchtime pro Monat (mehrere Tage)
  • ... wann sie bei welchen Episoden pausierte
  • ... mit welcher IP-Adresse sie eingeloggt wurde und auf welchem Gerät
  • ... welche Begriffe im Suchfeld eingegeben werden

Keine Privatsphäre auf der eigenen Couch?

Aber nicht nur die Ergebnisse, auch der simple Fakt der Aufzeichnung des Nutzungsverhaltens ist etwas, das sich sicherlich zu reflektieren lohnt. Der ein oder andere mag sich an diesem Gedanken nicht stören - welche Filme und Serien wir wie, wann und wie lange schauen, sagt jedoch mehr über unsere Persönlichkeit aus, als wir vorerst denken mögen. Privatsphäre ist auch beim Streamen nicht wirklich vorhanden, so privat sich ein Abend auf der Couch vor dem Fernseher auch anfühlen mag. Netflix betont jedoch, mit der Aufzeichnung der Daten das individuelle Nutzererlebnis verbessern zu wollen: Der Abonnent soll Inhalte finden, die besser zu ihm passen - damit rechtfertigte der Streaming-Dienst zuletzt auch die Schaltung von Promo-Clips zwischen Serienepisoden, die für harte Kritik gesorgt hatten.

In der Tat ist die Aufzeichnung von Nutzerdaten das Rückgrat des Geschäftsmodells von Netflix. Netflix hat nicht immer seine Inhalte selber produziert. Mit eingekauften Filmen und Serien testete es zuvor die Vorlieben seiner Kunden und produzierte daraufhin auf Basis der Erkenntnisse passende Inhalte selber. So kamen Hit-Serien wie Stranger Things zustande. Auch die Häufung von Netflix-Teenager-Serien nach dem Erfolg von Tote Mädchen lügen nicht ist kein Zufall. Ebeson fußt die Strategie, künftig mehr auf Fantasy und Science-Fiction zu setzen, letztlich auf entsprechenden, festgehaltenen und ausgewerteten Nutzerpräferenzen. Ein Geheimnis hat Netflix daraus nie gemacht. Regelmäßig werden statistische Auswertungen der Daten veröffentlicht.

Was sagt ihr zur Daten-Sammelwut von Netflix?

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