Wie Bandersnatch? So gut ist die interaktive Netflix-Serie mit Bear Grylls

12.04.2019 - 20:00 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
Bear Grylls in Du gegen die WildnisNetflix
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Netflix hat voriges Jahr ein Experiment gewagt: In der Black Mirror-Auskopplung Bandersnatch konntet ihr selbst den Fortgang der Geschichte bestimmen. Die Serie Du gegen die Wildnis verpackt das Konzept in ein Survival-Abenteuer.

Mit Krokodilen kämpfen, Larven essen und über gefrorene Seen kriechen: All das verspricht euch die interaktive Netflix-Serie Du gegen die Wildnis. Wie schon bei der Black Mirror-Auskopplung Bandersnatch müsst ihr darin aktiv Entscheidungen treffen. Protagonist der Serie ist Bear Grylls, einer der wohl bekanntesten Survival-Experten unterm Wildnis-Himmel.

Zuletzt war die Hoffnung groß, dass Bandersnatch das Filmerlebnis, wie wir es kennen, revolutionieren könnte. Letztendlich handelte es sich bei dem dystopischen Film über einen Spiele-Entwickler aber eher um eine Kritik am vermeintlichen Interaktivitäts-Wahn unserer Gesellschaft. Mit Du gegen die Wildnis erscheint nun eine reine Unterhaltungsserie ohne kritischen Hintergedanken.

Darum geht es in Du gegen die Wildnis

Am Anfang der 1. Folge wird Grylls in einer menschenfeindlichen Umgebung abgesetzt. Dann kommt ihr ins Spiel: Ihr dürft steuern, ob er lieber das Krokodil verscheuchen oder sich leise davonschleichen soll. Sehr oft ist zu Beginn eine Person verschwunden, die ihr finden müsst. Mal ist das eine Ärztin, die Medikamente durch den Dschungel transportieren muss, mal eine Lawinen-Hündin.

Bear Grylls in Du gegen die Wildnis

Ex SAS-Soldat und Selfmade-Polizist Bear Grylls ist natürlich der Einzige, der diese Suche antreten kann. Gefilmt ist die Serie dann Grylls-typisch im dokumentarischen Stil, inklusive verwackeltem Action-Camcorder.

Du gegen die Wildnis ist anders als Bandersnatch

Zunächst ist es wichtig, klarzustellen, dass Du gegen die Wildnis und Bandersnatch zwei unterschiedliche Formate sind. Du gegen die Wildnis ist eine Serie, während Bandersnatch als abgeschlossener Film angelegt ist. Und hier liegt auch schon der Knackpunkt der Serie:

Wäre sie konsequent, müsste sie sich eigentlich jede große Entscheidung aus der vorherigen Folge merken und die Folgen dementsprechend anpassen, zumal die Geschichte teils auch über mehrere Episoden hinweg erzählt wird. Tut sie aber nicht. Stattdessen wird nach jeder Folge auf Reset gedrückt und alle vorherigen Entscheidungen sind hinfällig.

Bear Grylls in Du gegen die Wildnis

Das führt uns zu der Frage, wie viel Gewicht die Entscheidungen eigentlich haben. Ein Kernelement von Bandersnatch war es noch, dass Entscheidungen, die ganz am Anfang getroffen wurden, auch mittendrin Auswirkungen haben konnten. Zum Beispiel sorgte die Auswahl der Frühstücksflocken zu Beginn für unterschiedliche Werbevideos im späteren Verlauf des Films.

In Grundzügen gibt es dieses Element auch in Du gegen die Wildnis: etwa, wenn Grylls durch eine falsche Mahlzeit erst zum Ende der Folge hin Magenkrämpfe bekommt. Meistens sind die Auswirkungen aber sehr kurzfristig. Dadurch wirkt das Überleben in der Wildnis oft eher wie eine Jörg Pilawa-Show als ein Kampf um Leben und Tod.

Bear Grylls kann nicht sterben

Apropos Sterben: Konnten wir in Bandersnatch noch den Tod unesres Charakters durch einen Sprung vom Balkon herbei-entscheiden, ist Du gegen die Wildnis deutlich kinderfreundlicher. Bear Grylls kann trotz der vermeintlichen Gefahren nicht sterben, wie Vulture  bemerkt. Im schlimmsten Fall wird er aufgrund einer Lebensmittelvergiftung oder wegen Unterkühlung von einem Helikopter abgeholt und wir springen zur letzten Entscheidung zurück. Das mindert die Fallhöhe der Survival-Serie deutlich.

Bear Grylls in Du gegen die Wildnis

Das fällt deshalb so sehr ins Gewicht, weil Du gegen die Wildnis oft zwanghaft um Authentizität bemüht ist. Wie in seiner Reality-Show Abenteuer Survival kommuniziert Grylls über Voice-over oder direkt über die Kamera mit dem Zuschauer. Der merkt aber schnell, dass Gefahren-Situationen immer zwei Mal gefilmt sein müssen, sodass die realistische Machart am Ende noch unglaubwürdiger wirkt als eine Spielfilm-Inszenierung.

Die Serie macht Spaß

Eines muss man Du gegen die Wildnis aber lassen: Die Serie ist durchweg unterhaltsam. Oft gab es bei Bandersnatch Passagen, die sich gezogen haben, in denen die Handlung auf der Stelle zu treten schien. Du gegen die Wildnis kommt direkt zur Sache, und bereits nach wenigen Minuten springt man im Fallschirm über "einem der gefährlichsten Dschungel" ab (welcher, wird nicht gesagt, ist aber auch egal).

Von da an peitscht die Serie einen regelrecht durch die Wildnis und konfrontiert Grylls mit einer überlebenswichtigen Entscheidung nach der anderen. Hinzu kommt, dass der Survival-Experte einem immer wieder zuruft, wie wenig Zeit noch übrig ist, sodass keine Minute zum Durchatmen bleibt.

Du gegen die Wildnis

Letztendlich präsentieren aber weder Bandersnatch noch Du gegen die Wildnis ein wirklich neues Konzept. Gerade Videospiele wie das Telltale-Adventure The Walking Dead oder Heavy Rain zeigen, wie gut sich eine packende Handlung durch folgenschwere Entscheidungen mit Interaktivität verbinden lässt.

Aus ökonomischen Gründen ist es deshalb sinnvoller, interaktive Filme dem Gaming-Bereich zu überlassen: Alleine für Bandersnatch gibt es laut Slash Film  rund fünf Stunden Videomaterial. Produktionen wie diese und Du gegen die Wildnis ersetzen die animierten Elemente eines Spiels bloß mit echten Aufnahmen. Aufwand und Mehrwert stehen dabei allerdings in keinem Verhältnis.

Alle acht Episoden von Du gegen die Wildnis könnt ihr euch seit dieser Woche auf Netflix ansehen.

Was ist eure Meinung zu interaktiven Filmen und Serien?

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