Acht Jahre nachdem Vaiana das erste Mal die große Leinwand eroberte, ist die junge Wegfinderin von der polynesischen Insel Motunui mit ihrem nächsten Kino-Abenteuer zurück. Während Teil 1 für Disney über 600 Millionen US-Dollar in die Kassen spülte und beim Streamer Disney+ noch immer für Rekorde sorgt, lag die Messlatte für die Fortsetzung entsprechend hoch. Kann Vaiana 2 da mithalten?
Was die Einspielergebnisse angeht, dürfte Disney vielleicht sogar mit doppelt so hohen Zahlen rechnen. Bei allem anderen heißt die Antwort wohl kurz: Nein. Denn das Animations-Sequel hat vor allem ein Problem.
Vaiana 2 schießt über das Ziel hinaus ‒ und an Vaiana und Maui vorbei
Ursprünglich wollte Disney Vaianas Geschichte als Serie weitererzählen, bevor uns Anfang des Jahres die Nachricht erreichte, dass Vaiana 2 uns doch als Kino-Abenteuer präsentiert wird. Im Hinblick auf die Übersättigung der Streaming-Landschaft und das Sterben der Kinos war diese Nachricht ein absoluter Lichtblick für jeden Filmfan. Umso enttäuschender ist es doch, wenn man nach dem Kinobesuch sagen muss: Das hätte tatsächlich als Serie besser funktioniert.
Denn das serielle Erzählen trieft aus jeder Pore des Fantasy-Abenteuers. Vaiana 2 lässt sich viel Zeit mit der Exposition, in der wir zahlreiche neue Figuren auf Vaianas Heimatinsel Monuni kennenlernen. Die junge Wegfindern (im englischen Original gesprochen und gesungen von Auli'i Cravalho) ist auf der Suche nach weiteren bewohnten Inseln und kehrt schließlich mit einem Hinweis nach Hause zurück. Dort erwartet sie ihr Volk rund um ihre kleine Schwester Simea (Khaleesi Lambert-Tsuda), der sie schon bald eröffnen muss, sich in ein Abenteuer zu stürzen, von dem sie womöglich nicht zurückkehren wird.
Schaut euch hier den Trailer zu Vaiana 2 an:
Der Gott Nalo hat die ozeanischen Inseln und ihre Völker mit einem Fluch belegt, der sie für immer auseinanderbringen soll. Indem Vaiana die Insel Motufetu ausfindig macht und Nalos Fluch bricht, kann sie die auseinandergeströmten Stämme wieder vereinen. An diesem Vorhaben scheiterte jedoch bereits einer ihrer legendären Vorfahren.
Schon bald wird klar, dass Vaiana dieses Abenteuer nicht allein bestreiten kann. So versammelt sie eine Crew aus dem Farmer Kele (David Fane), der Ingenieurin Loto (Rose Matafeo) und dem geschichtsliebenden Maui-Fanboy Moni (Hualalai Chung) ‒ sowie natürlich dem schüchternen Schwein Pua und dem selten dämlichen Hühnchen Heihei.
Bevor Vaiana versucht, ihr Volk zusammenzubringen, muss sie erst einmal diese zusammengewürfelte Crew dazu bringen, bei ihrer gefährlichen Reise an einem Strang zu ziehen. Während das nach und nach zu funktionieren scheint, kristallisiert sich dabei immer mehr das Problem des Films heraus. Denn so interessant jeder dieser Neuzugänge womöglich wäre, hätte man ihm oder ihr mehr Zeit eingeräumt, passieren zu viele Dinge gleichzeitig, als dass hier wirklich emotionale Bindungen entstehen könnten.
Stattdessen wirkt das Geschehen nahezu chaotisch, wenn sich zu unseren vielen neuen Held:innen auch noch viele neue Bösewicht:innen gesellen. Als bemerkenswertesten Neuzugang ist hier die Fledermaus-Göttin Matangi (Awhimai Fraser) zu nennen, die klar Fanliebling sein wird und Monster-Krabbe Tamatoa aus Teil 1 ersetzen soll ‒ und nebenbei einen der besten Songs des Films abliefert.
Unser Herz trägt jedoch weiterhin vor allem Vaiana allein, die sich aus jedem Schlamassel mit absoluten Badass-Moves herausmanövriert und eigentlich gar nicht so sehr auf Hilfe angewiesen scheint. Als Maui (Dwayne Johnson) nach knapp der Hälfte des Films so richtig zur Geschichte stößt, wirkt er beinahe schon überflüssig – genauso, wie er auch in diesem Text eher wie ein hinterhergeschobener Gedanke auftaucht.
Vaiana 2 ist ein liebenswerter Chaos-Haufen, der im Kino viel Spaß macht
Trotz aller Kritik kann man diesen Chaos-Haufen, der toll animierte Schauwerte bietet und vor allem mit eingängigen Songs und reichlich Humor besticht, nur gern haben. Dass die Witze teilweise stumpfer sind als der Schnabel von Heihei, wird sicherlich nicht bei jedem für Begeisterung sorgen. Wer dem Hühnchen jedoch schon in Teil 1 gerne dabei zusah, immer wieder gegen eine Wand zu laufen, wird auch hieran seine Freude haben. Und dass Maui vor allem blöde Sprüche klopft, war eigentlich auch klar.
Mit dem Wiedersehen der Kakamora und vielen weiteren aus Teil 1 bekannten Situationen, wird dazu ordentlich Fan-Service betrieben, der die Disney-Ultras gebührend abholen sollte. Dabei schafft es Vaiana 2, nicht zur billigen Kopie zu verkommen, sondern mit einer sinnvoll erweiterten Geschichte auf eigenen Füßen zu stehen und uns viel Neues zu präsentieren. Es sind nur zu viele Füße, die diese Fortsetzung tragen wollen.
Als Serie hätte man jedes Paar von ihnen womöglich würdigen können. Der Kinofilm hätte dagegen besser auf ein Paar verzichtet und sich mehr darauf besonnen, was Teil 1 ausgemacht hat: die Dynamik zwischen Vaiana und Maui (und Heihei).