Trigger im Test — Eine neue Perspektive für Adventures

04.01.2016 - 12:30 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
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Patwork Doll / Amy Dentata Trigger
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Trigger von Amy Dentata ist ein Adventure, das uns in die Rolle einer Frau versetzt, die unter Posttraumatischen Belastungsstörungen leidet. Was das für uns als Spieler bedeutet und wie diese Idee als Spiel funktioniert, erfahrt ihr in meinem Test.

In der heutigen Spielkultur gehören dramatische Geschichten und Tragödien, die uns noch lange nach dem Abspann beschäftigen, regelmäßig zu den kommerziellen Höhenfliegern. This War of Mine und das spielbare Schicksal von Kriegsopfern übertraf alle Erwartungen der Entwickler, während The Last of Us und bald auch Hellblade menschliche Dramen für ein Millionenpublikum in den Vordergrund rücken. Die Beispiele sind zahlreich: Geschichten vom persönlichen Kampf ihrer Protagonisten sind Publikumslieblinge geworden — und doch nimmt das Point and Click-Adventure Trigger von Amy Dentata eine Sonderrolle ein.

Ein ungewöhnlicher Ansatz

Die erschütternden Szenen und Momente eines Videospiels beschränken sich überwiegend auf Zwischensequenzen oder kurze Höhepunkte und während die Inszenierung von Tod, Verlust und Verzweiflung oft kunstvoll inszeniert vor die Linse des Spielers geführt wird, endet die Konsequenz dieser Schicksalsschläge häufig bereits nach der jeweiligen Cutscene. Das bekannteste aus einer Vielzahl von Beispielen dürften hier wohl Lara Crofts intime Momente mit einem Reh sein, das sie in Tomb Raider unter Tränen erlegt, sich bei dem leblosen Körper sogar entschuldigt — und eine Zwischensequenz später wieder kommentarlos mordend durch die Landschaft zieht. Dramaturgie und Tragödie sind in den meisten Videospielen Zutaten für die sogenannten Magic Moments, nicht aber spielmechanische Features, die tatsächlich auch unsere Spielweise beeinflussen.

Die Auseinandersetzung mit dem Partner gehört zu den wesentlichen Elementen des Spiels.

Die Entwicklerin Amy Dentata wählt hier eine andere Herangehensweise: In Trigger schlüpfen wir in die Haut einer jungen Frau, die unter den Symptomen ihrer Posttraumatischen Belastungsstörung leidet. Diese psychische Krankheit tritt bei Betroffenen auf, nachdem sie innerhalb kürzester Zeit eine oder mehrere außergewöhnlich belastende Situationen von katastrophaler Dimension erleben mussten. Auch die Protagonistin im Spiel durchlebt immer wieder Momente der Orientierungs- und Hilflosigkeit, die zu Panikattacken und Halluzinationen führen. Damit lässt uns Dentata genau die Momente erleben, die in Videospielen normalerweise kaum thematisiert werden.

Kammertheater und viele Klöße im Hals

Die Geschichte, die Trigger auf seiner Oberfläche erzählt, könnte dabei alltäglicher nicht sein: Ein junges Paar befindet sich mitten in ihrem Umzug und wird mit einer bockigen Autovermietung und der alten Frage konfrontiert, wie ein so stressiger Alltag noch Platz für Zuneigung und gemeinsame Momente bieten kann. Klick um Klick lesen wir uns durch Dialogzeilen und Beschreibungstexte, während wenige, aber ausdrucksstarke Zeichnungen die jeweiligen Schauplätze vorstellen oder die Emotionen unserer Gesprächspartner illustrieren.

Trigger lässt uns auch sehr intime Momente erleben.

Immer wieder macht sich dann die überbelastete Psyche der jungen Frau bemerkbar und wir finden uns in einem Chaos wieder, das auch spielmechanisch spürbar und nicht nur in Dialogboxen erzählt wird. Uns werden manche Antwortmöglichkeiten plötzlich verwehrt und wir verlieren die Kontrolle über die Protagonisten. Klick um Klick sind wir zum Beobachten verurteilt und damit ähnlich hilflos wie die Frau selbst.

Während die grafischen Elemente die abgebildeten Texte sehr stimmig ergänzen und das Gesagte unterstreichen, ist die Wahl des Soundtracks immer wieder etwas unglücklich. Die von Dentata und ihrem Team komponierten Stücke begleiten die zahlreichen Höhen und Tiefen der Geschichte auf sehr angenehme Weise, doch hier und da hat sich auch ein Musikstück von frei verfügbaren Online-Datenbanken ins Spiel geschummelt, die zwar die Kosten der vorangegangenen Kickstarter-Kampagne  gesenkt haben, allerdings nicht immer so gut zu den Szenen passen, wie ich es mir gewünscht hätte.

Doch das ist neben der in meinen Augen unnötigen Entscheidung, Achievements ins Spiel einzubauen, der einzige Makel von Trigger. Amy Dentata erzählt gleichzeitig sehr intensiv aber auch umsichtig den alltäglichen Kampf einer jungen Frau mit ihrer psychischen Erkrankung. Das Spiel ist ein Kammertheater, das von einem kleinen Personenkreis aufgeführt wird und mir regelmäßig dicke Klöße in den Hals schob. Nach rund 30 Minuten hatte ich das Spiel beendet, doch ein zweiter und sogar dritter Durchgang zeigten mir, wieviele Szenen ich aufgrund meiner Entscheidungen gar nicht erlebt hatte.

Ihr könnt Trigger auf itch.io  kaufen oder eine recht umfangreiche Demo herunterladen.

Dieses Review wurde anhand einer privat erworbenen Spielversion erstellt.

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