The Division – Der Film kann werden, was das Spiel nicht geschafft hat

10.06.2016 - 17:00 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Tom Clancy's The Division
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Tom Clancy's The Division
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Auf der E3 2013 präsentierte sich der MMO-Shooter The Division zum ersten Mal der Öffentlichkeit. Von der damaligen Faszination, die das ambitionierte Projekt ausstrahlte, ist den Fans nicht mehr viel geblieben. Doch der Film hat die Chance, sie zurückzubringen.

Warcraft: The Beginning, Assassin's Creed oder Resident Evil 6: The Final Chapter – die Liste der aktuellen oder anstehenden Videospielverfilmungen ist lang, und die The Division-Umsetzung mit Jake Gyllenhaal macht sie nun nicht gerade kürzer. Auch wenn sich das wohl viele wünschen würden. Das liegt aber weniger daran, dass demnächst wieder ein Regisseur Bits und Bytes in Zelluloid gießen will, sondern vielmehr am Titel selbst.

Denn nach einem grandiosen Start im März ging The Division  schnell die Puste aus. Spieler beschwerten sich über abwechslungsarmes Gameplay sowie kaum vorhandene Inhalte, die über die Kampagne hinaus beschäftigten. Und so verließen viele von ihnen wieder kurz darauf das virtuelle New York, obwohl sie sich doch erst dort eingerichtet haben. Entsprechend große Zweifel spülen die Untiefen des Internets der The Division-Verfilmung entgegen. Dabei könnte sie das werden, was ihre Vorlage ursprünglich einmal sein wollte und kommende Spiele des Franchises dadurch prägen.

Eine fast einmalige Chance

Immer wieder stehen Videospielverfilmungen vor der Aufgabe, über Jahre gewachsene Reihen irgendwie auf zwei Stunden zu verdichten – ohne potenzielle Zuschauer, die kein Vorwissen haben, abzuschrecken oder Fans mit drastischen Änderungen vor den Kopf zu stoßen. Aber zu oft lassen sie sich von den Wünschen beider Zielgruppen zerreißen und verlieren entweder das Gespür für die Eigenheiten der Vorlage oder den Anspruch, ein eigenständiges Werk darzustellen. Für beide Extreme finden sich mit Warcraft: The Beginning sowie Hitman: Agent 47 zwei prominente Beispiele in der jüngeren Kinogeschichte.

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The Division muss sich um solche Probleme keine Gedanken machen, schließlich wissen wir noch gar nicht so genau, was auf lange Sicht hinter diesem Namen steckt. Dafür ging das Spiel im Laufe seiner Entwicklung auch zu viele Kompromisse ein, um nach mehreren Verschiebungen doch endlich in den Händlerregalen zu stehen.

Was lange währt...

Zum ersten Mal wagte sich The Division auf der E3 2013  ins Rampenlicht. Damals stellte es sich der Öffentlichkeit als mutige Mischung aus Third-Person-Shooter, Online-Rollenspiel und Open World-Abenteuer vor, die neben einer unverschämt gut aussehenden Gameplay-Präsentation vor allem ein interessantes Setting aus dem endzeitlichen Rucksack zog.

Wenn Videospiele ihre Geschichte um eine große Katastrophe herum aufbauen, machen sie uns gerne zum Helden, der das Schlimmste gerade so verhindert oder zum Überlebenskünstler, der sich in einer Post-Apokalypse mit den Folgen des Unglücks konfrontiert sieht. The Division schickt uns hingegen mitten hinein ins aufkeimende Chaos.

An einem der berühmt-berüchtigten Black Fridays  verbreitet sich in New York City ein tödlicher Virus. Erst vermuten Medien eine verfrühte Grippewelle hinter den vermehrten Krankheitsfällen, schnell entpuppen die sich allerdings als tödliche Pandemie, die den Alltag in der Metropole wegfegt und verwaiste Straßen zurücklässt. An dieser Stelle kommt die namensgebende Division ins Spiel, eine geheime Spezialeinheit der US-Regierung, die für einen derartigen Ausnahmezustand ins Leben gerufen wurde. Unser Auftrag soll als einer der Agenten nun darin bestehen, die auseinanderbrechende Gesellschaft zusammenzuhalten und entstandene Risse – etwa Aufstände – zu kitten.

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Und zahllose Spieler wollten damit nach der offiziellen Ankündigung eher heute als morgen beginnen. Zumal sich die Entwickler vielversprechende Ziele steckten. Unter anderem stellten sie ausgeprägte Survival-Elemente  samt dazugehörigem Schwarzmarkt in Aussicht, auf dem Spieler wichtige Ressourcen sowie Items miteinander tauschen. Abseits von gegnerischen Gruppen würden wir auf neutrale Fraktionen treffen, bei denen wir uns über Quests einen Ruf erarbeiten. Gegenüber PC Games  verriet das Team, "dass sich Aussehen und Zustand der Stadt nach den Handlungen des Spielers richten werden".

Insgesamt schien uns also ein Erlebnis zu erwarten, das großen Wert auf Vielfalt legt, sowohl im Hinblick darauf, wie wir unser Überleben sichern, als auch die Welt, in der wir das tun.

Und plötzlich ist alles anders

Davon ist allerdings nicht mehr viel übrig. Im Grunde steckt The Divison seine Spieler in ein Looten und Leveln-Hamsterrad und hängt ihnen mal mehr, mal weniger reizvolle Karotten vor die Nase. Diese fehlende Tiefe nimmt dem Spiel nicht jede inhaltliche Bedeutung, aber die, die übrig bleibt, ist dafür teils umso problematischer. Obwohl die Macher ihren Titel als Unterhaltungsprodukt ohne "spezielle politische Aussage"  verstehen.

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Das eindringlichste Beispiel liefern die Kleinkriminellen, häufig People of Color, die vom Gegnerdesign ins Klischee des Gangsters gezwängt werden. Zwar können wir sie hin und wieder dabei belauschen, wie sie sich untereinander von ihren Sorgen erzählen und damit signalisieren "Hey, wir brauchen Hilfe". Aber letztlich kümmert sich The Division nicht um ihre Schicksale, denn sie haben, indem sie wie wir plündern, das Gesetz gebrochen. Die traurige Konsequenz: Die Spielmechaniken brandmarken diese Menschen als Feinde, die wir töten sollen, gleichzeitig verkehren sie unsere Rolle als Helfer in der größten Not ins Gegenteil.

Extreme Gewalt, Militarismus oder Plünderungen – alles ok, solange es von uns ausgeht, wir sind ja "die Guten". Oder um The Division selbst zu zitieren:

Wir haben keine Regeln und keine Grenzen. Unser Job ist, die Reste zu schützen.

Nur zu welchem Preis?

Aus Fehlern lernen

Hier kann die Verfilmung ansetzen, vor allem da die eben thematisierten Spielmechaniken sowieso wegfallen. Alle erzählerischen Widersprüche dürften sich dadurch allerdings kaum auflösen lassen. Dafür ist die breite Lücke zwischen den Zielen und dem Handeln der Division, die die Ordnung wiederherstellen will, stattdessen aber totalitäre Strukturen aufbaut, zu tief im Szenario verankert. Doch die Kinoadaption hat die Möglichkeit, diese Probleme kritisch zu hinterfragen.

Wenn uns der Film in eine Welt führt, in der Jake Gyllenhaal – immerhin einer der talentiertesten Schauspieler seiner Generation – daran zweifeln darf, dass der Zweck die Mittel heiligt, wenn die Autoren auf Schwarz-Weiß-Malerei verzichten, um etwa auch Gegenspielern Raum zu geben, uns mit ihrem Schicksal zu berühren, wenn der Regisseur den Fokus auf einen authentischen Überlebenskampf abseits gängiger Zombieapokalypsen legt – dann wird The Division nicht nur ein gelungener Film, sondern auch ein Wegweiser, der künftige Spiele des Franchises dorthin bringt, wo schon der erste Teil eigentlich hinwollte.

Oder wie seht ihr das?

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