Kleine Beule oder deftiger Schädelbasisbruch?

28.11.2011 - 08:50 Uhr
Udo Wachtveitl und Miroslav Nemec ermitteln im Tatort
BR
Udo Wachtveitl und Miroslav Nemec ermitteln im Tatort
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Am Sonntag traten die Veteranen des Münchner Tatorts zu ihrem 60. Einsatz an. Leider geriet der Jubiläumsfall viel zu dröge und belehrend. Doch wie hat euch der Tatort am Sonntag gefallen?

Ich bin ja immer dafür, etwas Neues zu lernen, aber Tatort: Ein ganz normaler Fall hat dieses Motto gestern etwas zu ernst genommen. Diesmal machten Ivo Batic und Franz Leitmayr einen Ausflug in die jüdische Gemeinde Münchens, in deren Gemeindezentrum eine Leiche gefunden wurde. Schade nur, dass das Drehbuch für den Tatort manchmal eher einer Schulstunde glich als einem waschechten Krimi. Vor Spoilern in der folgenden Tatort-Kritik sei an dieser Stelle gewarnt.

Lokalkolorit: Von München gab es in Tatort: Ein ganz normaler Fall diesmal eher wenig zu sehen. Stattdessen trug sich ein Großteil des Falls im jüdischen Gemeindezentrum zu. Dessen lange Gänge und moderne Gebetsräume gaben einen abwechslungsreichen, wenn auch sterilen Tatort ab.

Plot: Der Tod des eigensinnigen Rafael Berger förderten einige Intrigen und Verwicklungen innerhalb der jüdischen Gemeinde Münchens zu Tage. Die Verdächtigen erwiesen sich dabei durchaus als interessante Figuren, vom Rabbi selbst (sehr gut: André Jung) bis hin zum orthodoxen Chassidim Jonathan Fränkel (Alexander Beyer) waren sie alle mit ihren eigenen kleinen Geschichten ausgestattet. Doch die Entblößung des geistig behinderten Aaron (Florian Bartholomäi) als Täter war dann doch etwas vorhersehbar.

Unterhaltung: Bot in der ersten Hälfte die latent sinnlose Nebenhandlung um den Polizisten des Jahres ein paar Schmunzler, erging sich Tatort: Ein ganz normaler Fall am eigentlichen Tatort leider viel zu stark in Vorträgen über die Sitten und Bräuche des Judentums. Nichts gegen die Informationsdienstleistungen im öffentlich-rechtlichten Fernsehen, aber für solche aufgesetzten (und oberflächlichen!) Lehrstunden eignet sich der Ethikunterricht – oder wie auch immer das Fach in anderen Bundesländern heißt – besser.

Tiefgang: Die inhaltlichen Facetten von Tatort: Ein ganz normaler Fall hätten mit etwas weniger Schwerfälligkeit durchaus mehr zu Tage fördern können als die üblichen Klischees. Einer Strichliste gleich, ging der Tatort alle scheinbar relevanten Themenfelder des Judentums durch. Mit diesem zwanghaften, aber einfallslosen Abhaken der großen Fragen wie Religiosität, Schuld und Vergebung taten sich die Autoren einen Bärendienst. Wünschenswert wäre es hingegen gewesen, wenn der Tatort die jüdische Religion so behandelt hätte, wie er es einmal einer Figur in den Mund legt: “ganz normal”.

Mord des Sonntags: Eine Splatterfete gab es gestern nicht gerade, weshalb zum Mord des Sonntags nur das unspektakuläre Ableben des Rafael Berger auf der Treppe taugt.

Zitat des Sonntags: “Herr Gott im Himmel, wenn’s dich gibt, wirf Hirn herab!”

Mich hat der gestrige Tatort aus München in erster Linie gelangweilt. Doch wie sieht’s bei euch aus?

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