Tatort: Château Mort - Nichts für Genussmenschen

08.02.2015 - 20:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Tatort: Chateau Mort
SWR/ARD
Tatort: Chateau Mort
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Eine Leiche mit Aal und Alk in den Taschen und eine verliebte Dichterin, die 1848 das Zeitliche segnete: Der heutige Tatort aus Konstanz greift auf diverse ungewöhnliche Zutaten zurück, um einen belanglosen Krimi daraus zu mengen.

Wer schon immer sehen wollte, wie Klara Blum (Eva Mattes) zu tief ins Glas guckt und leicht betüdelt durch die Gegend schmunzelt, dessen Glückstag ist heute gekommen. Ersehnt man sich mehr von der Sonntagabendunterhaltung, so weckt der neue Konstanzer Fall Tatort: Château Mort vor allem den Wunsch, sich selbst eine Karaffe eines edlen Tropfens in den Rachen zu gießen, oder zwei. Dabei wendet Château Mort den für einen Tatort ungewohnten Kniff an, einem fiktiven historischen Todesfall parallel zu einer aktuellen Ermittlung nachzugehen. Nachgehen ist schon zu viel gesagt. Die romantische Dichterin Annette von Droste-Hülshoff bleibt allenfalls ein Aufhänger, der die Kontanzer Touristeninformation glücklich machen dürfte.

Tatort: Château Mort

Aber die eigentliche Angelegenheit dieses Tatorts, also was das Drehbuch im tiefsten Innern zu wurmen scheint, sind Frauen. Nicht irgendwelche Frauen, versteht sich, ältere Frauen, Frauen über Vierzig und Fünfzig, Frauen wie Klara Blum. Klara Blum hat Geburtstag und als Geschenk lässt ihr Drehbuchautor Stefan Dähnert eine kleine Romanze mit dem Schweizer Kommissar Lüthi (Roland Koch) angedeihen, mit einem Haken allerdings. Von der liebeskranken Annette von Droste-Hülshoff im turbulenten Jahr 1848 bis zu durchsetzungsfähigen Auktionatorinnen und alleinerziehenden Müttern in der Gegenwart verbindet die Frauen in Tatort: Château Mort ein Motiv, welches das Drehbuch nur anstubst, anstatt es von, wenn nicht allen, so doch ein paar Seiten intensiver zu untersuchen. Die Liebe im Alter aus weiblicher Sicht oder deren regelrechte Unmöglichkeit ist das. Deswegen darf Perlmann (Sebastian Bezzel) über die Dichterin und ihren fiktiven jungen Lover die Nase rümpfen und die Mutter des Opfers verzweifelt schreien, wie schwer es doch sei, mit 47 einen Mann zu finden, der "nicht verheiratet, nicht total durchgeknallt" ist. Und hier kommen wieder Blum und Lüthi ins Spiel, beziehungsweise die Frage, welcher Sorte der Geländewagenfetischist angehört.

So konsequent ist es doch wieder nicht die Angelegenheit dieses Tatorts, was Frauen heutzutage in einem bestimmten Alter bedrückt. Welche biologischen, vor allem jedoch gesellschaftlichen Zwänge auf sie einwirken und was für deprimierende Konstanten sich anhand dessen bis ins Neunzehnte Jahrhundert verfolgen lassen. Da sind wir wieder beim Wein, also nicht dem neben der Fernbedienung. Mit ausländischen Investitionen in wertvolle Güter, um Geld am Fiskus vorbei in die Schweiz zu schaffen, beschäftigt sich das Drehbuch nämlich ebenfalls. Ein junger Mann in Galoschen wird in der Gegenwart tot im Bodensee gefunden, mit ihm eine Weinflasche, die verdächtig nach dem Rebensaft aussieht, den Annette von Droste-Hülshoff für eine (ausgedachte) Hochzeit bestellt haben soll. In den sechsstelligen Bereich geht der Wert dieser Flaschen, die laut Tatort-Historie während des gescheiterten Heckeraufstandes 1848 verloren gegangen sind. Ein Weinexperte (Felix von Manteuffel) kommt ins Spiel, die Chefin eines Auktionshauses (Sibylle Canonica), die ihr Privatleben dem Beruf opferte, und ein Wäschereibesitzer, eine Figur, die dem völlig verschenkten Uwe Bohm zumindest die Gelegenheit gibt, in einer zebrafarbenen Machohütte herumzustolzieren.

Weder erkundet das Buch, warum die 1848er Revolution und insbesondere besagte Dichterin solch eine Strahlkraft im 21. Jahrhundert ausübt. Noch werden in diesem Tatort die Stereotypen mittelalter Beziehungen auf ihre psychologische Tragbarkeit abgeklopft. Viel proklamiert wird da, wie das Leben so ist, aber eben wenig gezeigt. Mitten drin die arme Klara Blum, genug gestraft mit ihrem Geburtstagsgeschenk: "Female Boss" steht auf ihrem T-Shirt und das ist schwarz-weiß.

Mord des Sonntags: Per Druckluft getötet.

Zitat des Sonntags: "Lass uns nicht über Wein reden, trinken wir ihn einfach."

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