So funktioniert das Jugendschutz-Filtersystem von ARD und ZDF

17.07.2018 - 08:00 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
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Im Sinne des Jugendschutzes werden auch die ARD und das ZDF streng überprüft. Die Regelungen sind so trocken und humorlos, dass es schon wieder interessant ist. Wir haben sie im Rahmen unserer Themenreihe aufgefächert.

Die Organisation des Jugendschutzes bei der ARD und dem ZDF ist kompliziert - wie eigentlich fast alles, was mit den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu tun hat. Beim Jugendschutz verstehen die öffentlich-rechtlichen keinen Spaß, das fängt schon bei den Bezeichnungen an: Im gewichtigen Jugendmedienschutz-Staatsvertrag sind die wichtigsten Richtlinien festgehalten. Hier geht die lange Überprüfungsabfahrt aber erst los. Das Fernsehangebot der öffentlich-rechtlichen Sender wird von verschiedenen Organen und Satzungen geprüft, da die Sender wie ARD und ZDF eine besondere Aufgabe gegenüber der deutschen Bevölkerung erfüllen. Diese besondere Verantwortung gegenüber dem Zuschauer geht zurück auf die Natur der Sender, die als öffentliche Institution gelten, ihr Zweck ist ihnen gesetzlich festgeschrieben. Wir müssen uns den Jugendmedienschutz für öffentliche Sender wie ARD und ZDF wie ein Filtersystem mit verschiedenen Ebenen vorstellen: Am Ende kommt, bestenfalls, glasklares Wasser raus. Fangen wir ganz oben an.

Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) und was er bezweckt

Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag  (versucht, das Wort dreimal nacheinander zu sagen) gilt für alle Rundfunk- und Telemedien, also nicht nur die unter dem öffentlich-rechtlichen Dach organisierten wie WDR, ZDF und ARD, sondern auch Sat. 1, ProSieben und RTL, sowie Radiosender und Internet-Publisher. Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag ist der Regenschirm für alle Sendeanstalten in Deutschland und gibt verbindliche Regeln vor, die Jugendliche vor unangemessenen Inhalten schützen sollen. Der Staatsvertrag wird von allen Bundesländern mitgetragen.

Mehr: FSK - Index - Zensur: Ist das noch zeitgemäß?

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Sein Zweck ist in einem (langen) Satz zusammengefasst, der gleichzeitig der erste Paragraph des JMStV ist:

Zweck des Staatsvertrages ist der einheitliche Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Angeboten in elektronischen Informations- und Kommunikationsmedien, die deren Entwicklung oder Erziehung beeinträchtigen oder gefährden, sowie der Schutz vor Angeboten [...], die die Menschenwürde oder sonstige durch das Strafgesetzbuch geschützte Rechtsgüter verletzen.

Festgehalten sind hier Bestimmungen zu ...

  • Unzulässigen Angeboten: Also unter anderem die Unterbindung von Propaganda, die Darstellung grausamer oder unmenschlicher Gewalt, die Verherrlichung von Krieg, das Zeigen von Kindern und Jugendlichen in sexuellen Kontexten oder generell Pornografie sowie Inhalte, die die Menschenwürde verletzen,
  • Werbung und Teleshopping: "Werbung darf Kinder und Jugendliche weder körperlich noch seelisch beeinträchtigen" und zum Kauf von Produkten aufrufen oder dergleichen,
  • Festlegung der Altersfreigabe: Sender sollen sicherstellen, dass Zuschauer eines bestimmten Alters für sie nicht geeignete Inhalte üblicherweise nicht sehen können, deshalb auch die
  • Festlegung einer angemessenen Sendezeit: Wichtig ist hier Einteilung von Altersgruppen und die darauf zugeschnittenen Tageszeiten, an denen bestimmte Sendungen nicht mehr ausgestrahlt werden dürfen. Mehr dazu im folgenden Abschnitt.

Wie setzen öffentlich-rechtliche Sender Jugendschutzbestimmungen um?

ARD und ZDF  führen zusätzlich zum JMStV eigene Richtlinien, die sich am JMStV orientieren und weitgehend deckungsgleich sind. Im öffentlich-rechtlichen Rundfunk habe der Jugendmedienschutz einen hohen Rang, heißt es zum Beispiel in den Richtlinien des ZDF. Augenmerk liegt hier vor allem auf einer angemessenen Sendezeit für kritische Inhalte. So ist bei Filmen, die für Kinder unter 12 Jahren nicht freigegeben sind, bei der Wahl der Sendezeit "dem Wohl jüngerer Kinder Rechnung zu tragen". Ab 16 Jahren freigegebene Filme und Sendungen dürfen so nur zwischen 22 Uhr und 6 Uhr ausgestrahlt, Filme ab 18 eine Stunde später. Das gleiche gilt für die Mediatheken.

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Zudem müssen ab 16 oder 18 Jahren freigegebene Inhalte entsprechend gekennzeichnet werden. Das ZDF sieht hier eine akustische Warnung vor: "Die Kennzeichnung von Sendungen zum Schutz Jugendlicher erfolgt durch einen gesprochenen Satz zu Beginn der Sendung". Ihr habt diesen ehrfurchtgebietenden Satz vielleicht schon ein paar Mal gehört: 'Die folgende Sendung ist für Jugendliche unter 16 Jahren nicht geeignet".

Zusätzliche Prüfung der Jugendmedienschutz-Gesetze

Öffentlich-rechtliche Sender bestimmen darüberhinaus eigene Jugendschutzbeauftragte, die die Intendanten und Porgrammverantwortliche eines Senders beraten. Jeder Sender hat einen eigenen Beauftragten, der bei Bedarf konsultiert werden kann und soll. Der Jugendschutzbeauftragte ist laut JMStV ein "Ansprechpartner" für die Sender. Er

berät den Anbieter in Fragen des Jugendschutzes. Er ist vom Anbieter bei Fragen der Herstellung, des Erwerbs, der Planung und der Gestaltung von Angeboten und bei allen Entscheidungen zur Wahrung des Jugendschutzes angemessen und rechtzeitig zu beteiligen und über das jeweilige Angebot vollständig zu informieren. Er kann dem Anbieter eine Beschränkung oder Änderung von Angeboten vorschlagen.

Gemäß JMStV genießt der Beauftragte hohe Autorität, passt ihm etwas nicht, schrillen beim Sender die Alarmglocken. Über Projekte wird der Beauftragte deshalb stets auf dem Laufenden gehalten. Mögliche Änderungskosten einer Produktion in einem schon fortgeschrittenen Stadium sollen so vermieden werden.

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Über den Jugendschutzbeauftragten hinaus existiert eine Handreichung für die Redakteure, die bei öffentlich-rechtlichen Sendern angestellt sind. Bevor also der Jugendschutzbeauftragte eingreift, befragen die Programmverantwortlichen sich selbst und prüfen, ob ihre Projekte den Kriterien des JMStV entsprechen. Geprüft wird die Einhaltung des JMStV zudem von "anerkannten Einrichtungen der Freiwilligen Selbstkontrolle (FSK)". Schiefgehen kann danach eigentlich nichts mehr. Am Ende des Filtersystems ist das Wasser glasklar. Also fast immer. Der "Porno-Tatort" Hardcore etwa rief erst letztes Jahr 2017 Jugendschützer und Eltern  auf den Plan.

Was sagt ihr zum Jugendschutz bei ARD und ZDF?

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