Sieben Serien, die abgesetzt werden sollten

03.04.2009 - 14:49 Uhr
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Heroes, 24, Grey’s Anatomy – Warum das Fernsehen sich von diesen Serien verabschieden sollte

Heroes
In der ersten Staffel akzeptable X-Men-Kopie in Serien-Länge, ab der zweiten jedoch zum geistigen Verfall motivierende Helden-Geschichte mit nervigen Teenagern und Typen, die Hornbrillen tragen und nicht Erich Honecker sind. Sehr erfolgreich in der Kategorie „Wie mache ich aus anfangs sympathischen Charakteren grenzdebile Warmduscher?“ und weniger erfolgreich in der Kategorie „Wir sollten den Typen feuern, der für die zweite Staffel verantwortlich war!“.
Zum Brüllen komische Dialoge mit Helden auf Weltreise und apathisch dreinblickende Antagonisten mit wahlweise Vater- oder Mutter-Problemchen und Identitätsstörungen: Helden werden zu Feinden, Feinde werden zu Helden, aus gut wird böse, aus böse wird gut und wieder böse und wieder gut. Konspirativ durch die Gegend schlürfende Firmen-Besitzer geben einzelne Zeilen von sich, die Dramaturgie vorgaukeln sollen, in erster Linie aber nur zu Cliffhanger-Zwecken aus dem Spannungs-Baukasten von Lost geklaut wurden. Emotionale Szenen werden gegen die Wand gefahren dank entweder a) talentfreier Schauspieler oder b) noch talentfreierer Autoren.

Absetzen, weil: Wenn X-Men Lego wäre, wäre Heroes Duplo. Und niemand möchte mit Duplo spielen.

Castle
Krimi-Autor hilft der Polizei beim Fällelösen und reibt sich dabei an einer widerspenstigen Polizistin, die insgeheim ein großer Fan des Krimi-Autoren ist und zudem den Charme einer über einem kalten Wintertag aus Versehen angelassenen Autobatterie hat und mit einem traumatischen Erlebnis leben muss, das sie wahrscheinlich im Fernsehen von irgendeiner anderen Serie geklaut hat. Angeblich clevere Dialoge verlieren sich in offensichtlich dümmlichen Story-Ideen, Charakterzeichnungen verkommen zu armseligen Strichskizzen. Selbst ein Nathan Fillion kann den Dreck nicht mehr aus dem Karren ziehen und wer jetzt meint, es heiße „Karren aus dem Dreck“ hat ganz eindeutig keine einzige Folge Castle gesehen.

Absetzen, weil: Autobatterien sollten Fernsehverbot bekommen.

Roommates
Nerd trifft Jahre später hübsche Schulkameradin wieder, die zufällig einen offenen Platz in ihrer WG hat und Nerd einziehen lässt. Nerd ist in hübsche Schulkameradin verliebt und möchte mit hübscher Schulkameradin schlafen. Hübsche Schulkameradin steht jedoch auf den sportlichen Typen, der nichts weiter will als sportlich sein und mit Frauen schlafen. Das ist ein Dilemma. Denn hübsche Schulkameradin möchte gleichzeitig eine erwachsene Beziehung. Nerd ist ergo heimlich in sie verliebt und alle wissen, dass er nach fünf oder sechs Staffeln das hübsche Mädchen ja doch kriegt.
An der Grenze zur Körperverletzung agierende Darsteller, die in keiner weiteren Komödie jemals wieder besetzt werden sollten. Hölzerne Gesichtsausdrücke machen Pinnoccio Konkurrenz; er ist ihnen trotzdem in Sachen Ausdrucksstärke immer eine – Achtung! – Nasenlänge voraus.

Absetzen, weil: Einfach absetzen.

Grey’s Anatomy
Skandal-umwitterte Ärzte-Serie mit zig Trillionen von Darstellern, deren Namen man vergisst, wenn sie eine Folge mal nicht zu sehen sind. Perfekt aussehendes Krankenhauspersonal operiert an unperfekten Menschen herum, während es darüber nachdenkt, mit welchem Kollegen es am nächsten schlafen sollte. Im Grunde genommen „Der Model und das Freak“ in heuchlerischer Dramen-Verpackung, suggeriert emotionale Tiefe durch zum Teil extrem traurige Musik und Tränen der Nomen, die Gemütszustände beschreiben: Glück, Unglück, Verzweiflung, Sex-Abstinenz. Typische Serie, bei der Männer andere Männer fragen, ob es denn okay ist, das zu gucken. Negative Antworten haben leider keine Chance gegen attraktive Hauptdarsteller. Siehe: „Perfekt aussehendes Krankenhauspersonal operiert an unperfekten Menschen.“
Vermittelt unglücklicherweise ein falschen Bild vom Krankenhausalltag und meint es ernst.

Absetzen, weil: Das Krankenhauspersonal zeigt den Menschen viel zu oft, wie scheiße doch ihr Leben ist. Deprimierend.

Gute Zeiten, schlechte Zeiten
Deutsche Serie mit trügerischem Titel: Beim Zuschauen kaum gute Zeiten gehabt. Schlechte Zeiten dafür disproportional oft erlebt und Wut hinterher an Freunde und Verwandte ausgelassen; sozialen Abstieg noch rechtzeitig mit Verschenken von Dr. House-DVD-Boxen gerettet. Serie besticht vor allem mit schmerzhaftem Vorspann und Schauspielern, die nur zur Schau spielen und mit richtigen Schauspielern erschreckend wenig zu tun haben. Inzwischen wurden schon über eine Quadrillion Episoden gedreht; die Zahlen-Aufsicht der Vereinten Nationen denkt schon über eine griffigere Bezeichnung für „Extra viel, aber so extra viel, dass es zu viel ist“ nach. “Überflüssig” ist als Term schon in der ersten Runde rausgeflogen, weil es die Überflüssigkeit nicht deutlich genug beschreibt. Darsteller moderieren hinterher entweder eine Musik-Sendung oder machen selber Musik. Beides relativ unglücklich.

Absetzen, weil: Wenn ich gute Zeiten will, gehe ich in den Park. Wenn ich schlechte Zeiten will, schaue ich Gute Zeiten, schlechte Zeiten. Logik zu bestechend, um sie zu begründen.

Nip/Tuck
In den ersten Staffeln noch Oberflächlichkeit suggerierende, aber Tiefe zelebrierende Fernseh-Serie, inzwischen jedoch zu einem Ekel-Fest verkommender Absurditäts-Wettbewerb mit haarsträubend idiotischen Story-Lines und so vorhersehbar wie die Fahrplanauskunft der Deutschen Bahn. Die gezeigte Welt mit oberflächlichen Schönheiten nimmt sich in der fünften Staffel viel zu ernst, die Charaktere werden zu einem essenziellen Teil der Welt, in der sie eigentlich als Fremdkörper fungieren sollten, um die Serie sehenswert zu halten. Attraktive Gastdarsteller dienen einzig und allein zum Zwecke des Nacktseins, sind aber genauso austauschbar wie Statisten in einem Kriegsfilm.

Absetzen, weil: Wer will schon eine Serie sehen, in der alles kaputt geht, aber nichts repariert wird?

24
Amerikanische Serie, bei der es wichtig ist zu betonen, dass es eine amerikanische Serie ist, weil „US-Serie“ zu unpolitisch und „Besatzer-Serie“ zu frech ist. Patriotischer Hauptcharakter, Jack Bauer, kämpft sich in Echtzeit durch 24 Stunden und signalisiert in den fortgeschrittenen Episoden seine Müdigkeit durch das inflationäre Einsetzen des so genannten „Blinzel-Effekts“.
Story dreht sich meistens um ausländische Terroristen, die Gottes Amerika zerstören wollen und dabei zeitlich perfekt immer am Ende einer Episode, pünktlich zum Cliffhanger, einen weiteren Teil ihres teuflischen Plans verraten oder einen Maulwurf kontaktieren, um den Zuschauer zu erschrecken. Story-Sackgassen werden meistens durch das Einbinden von Folter-Szenen gelöst, die in ihrer Dummheit so grauenhaft sind, dass sie fast schon wie Karikaturen wirken.
Hauptcharakter Jack Bauer ist eine emotionale Nullnummer mit der begrenzten Ausdruckskapazität eines Keanu Reeves oder Til Schweiger. Persönliche Schicksale frisst er in sich Pacman-gleich rein und vergisst sie Sekunden später, weil im wahrsten Sinne keine Zeit ist für so etwas Doofes wie „Verarbeitung“ oder „Auseinandersetzung“. Seine Beziehungen gehen kaputt, manchmal im übertragenen, meistens aber im wörtlichen Sinne. Fans versuchen verzweifelt, in Jack Bauer eine Tiefe zu finden, die gar nicht da ist. Noch eindimensionaler sind höchsten noch Filme mit Steven Seagal und Ja Rule in den Hauptrollen.

Absetzen, weil: Das in den ersten drei Staffeln spannende Konzept ist inzwischen kaum der Rede wert; übrig bleibt also nur noch das, was in die Schablone gepackt wird: Ein mittelmäßiges Drama mit Atombomben, Elektroschlägen, blindem Patriotismus, idiotischen Dialogen, beleidigenden Moralvorstellungen und Amerika im Zentrum einer Welt, in der Amerika das Zentrum der Welt ist.

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