Sex, Beischlaf, pimpern, Liebe machen, vögeln, knattern – dass der Akt aller Akte so viele Bezeichnungen hat, kommt nicht von irgendwoher. Der Mensch ist nun mal ein sexuelles Wesen und beschäftigt sich intensiv mit diesem Thema. Das gilt nicht nur für Otto Normalbeischläfer, sondern auch für Wissenschaftler auf dem ganzen Erdenrund. Dass deren Erkenntnisse manchmal grandios am Ziel vorbeipfeifen, wurde kürzlich erst wieder bewiesen.
Dass für die jungen Filmfreunde freigegebene Werke wie Plötzlich Prinzessin! angeblich das Sexualverhalten maßgeblich beeinflussen sollen, ist diesmal der Aufreger der Woche.
Filme und die frühe Bettakrobatik
Vor nicht allzu langer Zeit wurde eine Studie veröffentlicht, die erste sexuelle Erfahrungen bei Jugendlichen behandelt. Das ist nichts Besonderes. Auch dass nach dem Einfluss von Filmen auf die sexuelle Reife geforscht wird, ist kaum eine Erwähnung wert. Und dass sexuelle Filminhalte junge Menschen nachhaltig prägen können, ist noch weniger neu. Logisch, wenn ein Kind oder Teenie sich wildes Rumgerammel anguckt, wird das Folgen haben. Die Studie der Dartmouth University, durchgeführt von unter anderem Ross O’Hara, besagt jedoch nicht, dass nur Filme mit eindeutiger sexueller Komponente die Kids früher loslegen lassen, sondern auch harmlose Streifen wie Plötzlich Prinzessin! oder Rendezvous mit Joe Black, die sowohl in den USA als auch in Deutschland eine generelle oder niedrige Altersfreigabe besitzen! Ich fasse die Untersuchung mit dem wenig griffigen Titel “Greater Exposure to Sexual Content in Popular Movies Predicts Earlier Sexual Debut and Increased Risk Taking” mal prägnant zusammen: Die Forscher haben über 1200 Probanden im Alter zwischen 12 und 14 Jahren befragt, welche Filme sie sich denn so angucken. Sechs Jahre später wurde überprüft, wer wann, wie häufig und mit wie vielen unterschiedlichen Partnern Sex hatte. Erstaunlicherweise zeigte sich, dass ein großer Anteil der sexuell recht früh aktiven Personen in jungen Jahren die gleichen Filme gesehen hatte. Und das waren eben Filme, die eine niedrige Freigabe hatten, nach Ansicht der Wissenschaftler jedoch trotzdem mit einigen pikanten Szenen gespickt waren.
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Korrelation versus Kausalität
Wo diese in Plötzlich Prinzessin! seien sollen, bleibt dabei jedoch ebenso ein Rätsel wie das Zustandekommen dieses hanebüchenen Ergebnisses. Leider ist ein Überblick über das Studiendesign nicht zu bekommen, aber jeder Bericht zu dieser Untersuchung lässt nur den Schluss zu, dass hier in katastrophaler Weise geschlampt wurde. Es fängt damit an, dass die Studie schwer limitiert ist, da nicht experimentell. Ferner lässt sie zwar auf Korrelation, nicht jedoch auf Kausalität schließen. Um es verständlicher auszudrücken: Die meisten Serienmörder haben wahrscheinlich schon einmal ein Ei gegessen. Es besteht also ein Zusammenhang zwischen dem Verspeisen eines Eis und mehrfachem Mord – aber eben keine Kausalität, denn vielmehr handelt es sich hierbei um einen Syllogismus. Das ist zugegebenermaßen eine stark vereinfachte und etwas radikale Erklärung, aber sie macht deutlich, dass bei Konzentration auf eine bestimmte Erklärung schwere Fehler unterlaufen können.
Kann sein, muss aber nicht
Die Inkorrektheiten dieser Studie nehmen beinahe kein Ende: Was gilt beispielsweise als „sexueller Inhalt“? Die Bewertung könnte von heftigem Knutschen über einen Klaps auf den Popo bis hin zu Petting so ziemlich alles beinhalten. Da ein akzeptables Mittel zu finden, ist schwer bis beinahe gar nicht möglich. Was ist mit Dutzenden anderen Einflussfaktoren wie Freundeskreis, Familie, Erziehung, kultureller Hintergrund, Bildung etc.? Ross O’Hara selbst hat geäußert, dass sie nicht sicher sagen können, dass das Angucken dieser Filme zu einer Verhaltensänderung führt.
Natürlich können sie das nicht, denn es gibt zahllose Interpretationen, die allesamt äußerst schlüssig sind und kein so schlechtes Licht auf Plötzlich Prinzessin!, Rendezvous mit Joe Black, My Big Fat Greek Wedding – Hochzeit auf Griechisch und Co. werfen. Ist der Grund nicht vielleicht im allgemein erhöhten Fernsehkonsum zu finden, der eine wenig intensive Beschäftigung der Eltern mit ihren Kindern nahe legt? Wieso sind es ausgerechnet diese unter die Lupe genommenen Filme und nicht die vielen unterirdischen Reality Shows, die tagtäglich über die Mattscheibe flimmern? Oder noch besser: Vielleicht haben die Jugendlichen einfach Spaß am Sex und sehen darin nichts Böses und gar Verabscheuenswertes. Drei aus dem Ärmel geschüttelte Ansätze, drei vollkommen legitime Erklärungen. Und, jetzt kommt’s, am Wahrscheinlichsten ist noch immer, dass mehrere Faktoren ausschlaggebend sind. Aber wenn unseriös auf ungefährliche Filmchen gedroschen wird, sind die Schlagzeilen eben garantiert.