Paper Moon zum ersten Mal zu schauen und erst danach einen Blick auf die Wikipedia-Einträge von Ryan O’Neal und seiner Tochter Tatum O’Neal zu werfen, kann eine extrem ernüchternde Erfahrung sein. Im Film bilden die beiden ein perfektes Team, wenn es darum geht, andere Leute um ihr Geld zu bringen. Im wahren Leben herrscht das Genre der Tragödie über die Familiengeschichte der O’Neals. Die ist dramatischer als die meisten Filme, in denen Ryan O’Neal mitgespielt hat und stellt sogar seinen großen Hit Love Story in den Schatten. Heute feiert Ryan O’Neal seinen 70. Geburtstag. Dass er es überhaupt soweit geschafft hat, dürfte einer von vielen überraschenden Plot-Twists in seinem Leben sein.
In einer Soap Opera begann Ryan O’Neal seine Karriere. Mit ein Fünkchen mehr Selbstdisziplin und weniger Selbstzerstörung hätte es der Sohn ebenfalls schauspielernder Eltern zum ganz großen, dauerhaften Filmstar bringen können. Alles sah danach aus, als er Mitte der 70er Jahre mit Love Story im Kino durchstartete, drei Filme von Peter Bogdanovich anschloss (Is’ was, Doc?, Paper Moon, Nickelodeon) und zeitweise einer der größten Kassenmagneten wurde. Eine Hauptrolle in einem Film von Stanley Kubrick (Barry Lyndon) dürfte auch nicht geschadet haben. In Driver von Walter Hill bewies er seine Qualitäten in Genre-Filmen. Dann kamen die 80er und mit jedem Jahr, das seitdem ins Land gezogen ist, haben die privaten Eskapaden des Ryan O’Neal seine immer rarer gesäten beruflichen Erfolge überschattet.
Eine weniger intellektuelle Version von Robert Redford war er in seinen besten Zeiten. Kein Schauspiel-Genie, aber ein Schönling mit genügend Charisma und Talent, um auch in Komödien zu bestehen. Das Privatleben des Ryan O’Neal glich jedoch schon zum Zeitpunkt seiner Erfolge einem Trampelpfad der Gossipblätter. Dass ausgerechnet der Aufstieg und Niedergang des irischen Abenteurers Barry Lyndon sein bester Leinwandauftritt werden sollte, erscheint im Nachhinein als bittere Ironie der Filmgeschichte. Zwei Mal war er verheiratet, vier Kinder gingen aus seinen Beziehungen hervor. Am langlebigsten war die mit der 2009 verstorbenen Farrah Fawcett, ein einziges Auf und Ab der Trennungen und Versöhnungen, das selbst der Kombination Richard Burton & Elizabeth Taylor Konkurrenz macht.
Die einzelnen Skandale hier aufzuzählen ist nicht Sache eines Geburtstagsartikel. Fest steht, dass Ryan O’Neals Drogen- und Alkoholkonsum seine Spuren auch bei seinen Kindern hinterlassen hat. Seine Tochter Tatum O’Neal war die jüngste Oscar-Gewinnerin aller Zeiten für Paper Moon und wurde zuletzt 2008 mit Kokain erwischt. Nicht weniger geruhsam ist das Leben ihrer Geschwister. Die Familie O’Neal ist seit jeher ein zerstrittener Haufen. Drogensucht, Gewalt, öffentliche Schlammschlachten und Erbstreitigkeiten sind ihre Zutaten. An den Schauspieler Ryan O’Neal denkt heute kaum noch jemand.
Vielleicht hat er es anlässlich seines runden Geburtstags einfach mal verdient, dass wir die Vergangenheit Vergangenheit sein lassen, die Is’ was Doc?-DVD in den Player schieben und einen Ryan O’Neal so genießen, wie er hätte in Erinnerung bleiben können.