Religulous - Gott hat Urlaub

02.04.2009 - 13:32 Uhr
Holy-Land
Holy-Land
1
0
Der US-Comedian Bill Maher seziert in einer unverschämten Dokumentation den Gottes-Wahn

Bill Maher ist ein freundlicher Zeitgenosse mit entwaffnendem Grinsen und Humor. Er schafft es die subversivsten Fragen zu stellen und dabei so harmlos zu lachen, als hätte er nur nach der Zeit gefragt.

Eine Art, mit der nicht jeder umgehen kann, denn nicht nur viele Gäste seiner diversen Late-Nite-Show fühlten sich durch ihn angegriffen und beleidigt. ABC feuerte ihn und seine Sendung “Politically Incorrect”, als er nach dem 11. September sagte, die Bezeichnung der Terroristen als Feiglinge sei falsch, schließlich seien die USA diejenigen, die ferngelenkte Raketen auf viele Meilen entfernte Ziele abschössen. Das war ABC dann doch zu “Politically Incorrect”.

Seiner Karriere hat dies nicht geschadet, derzeit ist er mit Real Time with Bill Maher im Pay-Sender HBO zu sehen, erfahrungsgemäß ein Tummelplatz für Formate, in denen mehr gewagt werden darf als im normalen Fernsehen.

Jetzt hat sich Maher, der sich selbst als Libertarier bezeichnet, ein neues Ziel gesucht und nimmt sich diesem, unter der Regie des Borat-Regisseurs Larry Charles, in Spielfilmlänge an: Religion. In Religulous, einer Mischung aus den Worten Religiös und Ridiculous (albern), erkundet Maher die Welt der Gläubigen und lässt sich mit ihnen auf mitunter sehr unterhaltsame Diskurse ein. Im Holy-Land in dem – wie in einem religiösen Disneyland – mehrmals täglich Jesus ans Kreuz geschlagen wird, wird ihm das Geheimnis der Trinität erklärt (Gott ist wie Wasser, das kann auch flüssig, gasförmig oder gefroren sein, deswegen sind der Vater, der Sohn und der heilige Geist alles dasselbe), diskutiert mit den Besuchern einer Trucker-Kirche über den Sinn des Glaubens, fragt einen mit Klunkern zugehängten schwarzen Prediger, ob Zuhälter sich nicht genauso zurechtmachen wie er und wie er seinen Reichtum vor den armen Gläubigen rechtfertigt, flirtet mit einem bekehrten Homosexuellen, der sich die Umerziehung von der Sünde zur Aufgabe gemacht hat und besucht seine alte Schule und seine Familie, in der er als Kind religiös erzogen wurde.

Wirklich neu sind seine Argumente natürlich nicht, spätestens seit Richard Dawkins sind atheistische Standpunkte ja allgemein bekannt, doch Mahers Charme und seine liebenswerte Frechheit schaffen es den Film durchaus unterhaltsam zu machen, gerade weil ihm die Verbissenheit eines Michael Moore abgeht. Er steht zu seiner Rolle als bibelfester Satiriker und Comedian und gibt nicht vor, eine objektive Reportage abzuliefern, sondern seine atheistische Sichtweise auf den religiösen Alltag zu präsentieren. Dabei macht er nicht nur lächerlich, präsentiert nicht nur die Auswüchse und Extreme, sondern diskutiert auch mit “normalen” Gläubigen, denen er durchaus mit viel Sympathie begegnet, auch wenn er ihre Ansichten nicht teilt.

Religulous ist natürlich ein sehr amerikanischer Film, denn hierzulande findet der öffentliche Diskurs zu Religion lange nicht so vehement statt wie in den USA. Auch wenn es hierzulande einen religiösen Backlash zu beobachten gibt, wenn evangelikale Gruppen an Einfluss gewinnen und auch Politiker wie Dieter Althaus öffentlich für die Lehre kreationistischer Ideen eintreten, so sind wir doch noch entfernt von “Holy-Land” und Co.

In den USA tobt der Glaubenskrieg jedoch weiter. Der Pro-Intelligent-Design-Film Expelled: No Intelligence Allowed, in dem christliche Forscher als verfolgte Minderheit und die Evolutionstheorie als Wegbereiter der Nazis dargestellt werden, bedient die Gegenposition. Ebenfalls unterhaltsam, jedoch weitaus verfälschender als dies Maher und Charles tun.

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News