Queer im MCU: Loki wagt den großen Schritt – Bitte vermassel es nicht, Marvel!

21.06.2021 - 09:00 UhrVor 2 Jahren aktualisiert
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Loki ist die erste genderfluide Figur des Marvel Cinematic Universe. Diesen besonderen Moment von LGBTQ+ Repräsentation darf uns Marvel nicht wieder wegnehmen.

"Mein Sohn, meine Tochter und mein Kind, das beides ist." - mit dieser Ansprache an seine Kinder Thor, Angela und Loki zeigte der Allvater Odin Comic-Fans weltweit, dass queere Identitäten im Marvel-Kosmos genauso selbstverständlich sind wie Blitze schießende Götter.

Mit der Serie Loki wagt nun auch das Marvel Cinematic Universe den großen Schritt und präsentiert uns die erste LGBTQ+ Hauptfigur nach 13 Jahren, deren Queerness auch Bestandteil der Geschichte ist – und das pünktlich im Pride Month.

In Folge 1 bestätigte der Abspann der Marvel-Serie Lokis Genderfluidität nur beiläufig für sehr aufmerksame Zuschauende (in Lokis TVA-Akte ist das Geschlecht als fluid angeben). Aber mit der zweiten Folge und dem Auftritt der weiblichen Form Lokis am Ende ist die Queerness des beliebten Marvel-Schurken sichtbarer denn je.

Der Gott und die Göttin des Schabernacks - Loki ist einfach Loki

Dass Marvel-Charaktere nun auch LGBTQ+ sein können, ist gewiss kein plumper Versuch eines Megakonzerns "woke" sein zu wollen. Vielmehr holt das MCU langsam ein Versäumnis auf, viele beliebte Figuren so darzustellen, wie sie schon lange in den Comics existieren.

Mehr zum großen Loki-Twist im Video-Recap zu Folge 2:

Loki jagt mit der TVA nach...Loki! | Loki Folge 2 Recap
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Lokis Genderfluidität wurde mehrfach angedeutet und erstmals 2014 in den Marvel-Comics offiziell bestätigt. Diese Entwicklung liegt auch nahe, immerhin kann Loki als Gestaltwandler jede beliebige Form annehmen. Ob er nun als Mann oder Frau in Erscheinung tritt, ist für ihn aber vollkommen egal. Das Äußere ist für ihn nicht von Bedeutung. Denn Loki ist und bleibt im Inneren immer Loki.

Ihren Ursprung hat diese Charaktereigenschaft bereits in der nordischen Mythologie, die die Geschichten rund um Thor und Loki inspirierte. Dass Loki nun im MCU als queer bestätigt wurde, ist eine riesen Sache für viele Fans, die seit Jahren darauf warten, ihre Community und sich selbst auch im MCU repräsentiert zu sehen

Loki

Dieser Fanerwartungen und dem Comic-Vermächtnis von Loki sind sich auch die Kreativen Köpfe hinter der Serie – besonders die queere Regisseurin Kate Herron – durchaus bewusst, wie Tom Hiddleston gegenüber Inverse  erzählt:

Die Bandbreite der Identität, die in der Figur enthalten ist, wird hervorgehoben und ist etwas, dessen ich mir immer bewusst war, seit ich vor 10 Jahren besetzt wurde [...] Ich weiß, dass es für Kate Herron und Michael Waldron und das ganze Team wichtig war. Und wir waren uns dessen bewusst. Das ist etwas, für das wir uns verantwortlich fühlten.

LGBTQ+ Vielfalt in den Marvel-Comics, aber nicht im MCU: Warum?

Die Comic-Welt von Marvel ist von Vielfalt geprägt. Hier gibt es unzählige queere Held:innen und Schurk:innen, mit denen sich Lesende in aufregende Abenteuer stürzen können. Nur in den bisherigen Kinofilmen des MCU ist das Universum erschreckend heteronormativ.

Queere Figuren in Marvel-Serien gab es schon so einige – nur leider sind diese Titel alle nicht (mehr) Teil des MCU-Kanon. Tatsächlich wurden auch bereits lesbische, schwule und bisexuelle Figuren aus den Comics in den MCU-Filmen gezeigt.

Jedoch wurde diese Seite ihrer Persönlichkeit nie offen gezeigt oder erwähnt, während die Beziehungen und Gefühlswelten heterosexueller Held:innen wie Steve Rogers und Tony Stark umfassend erforscht wurden. Und so bildete bis jetzt die Endgame-Nebenfigur von Joe Russo die einzige Repräsentation von Homosexualität im MCU.

Valkyrie in Thor 3

Warum es in 13 Jahren keine queeren Avengers im MCU zu sehen gab, hat verschiedene Gründe. Einer dieser ist die Anbiederung Disneys an große Filmmärkte wie China oder auch Russland, in denen LGBTQ+ Figuren de facto verboten sind.

Wenn Repräsentation in Disney-Blockbustern stattfindet, dann nur in leicht zu kürzenden Szenen, wie zum Beispiel der lesbische Kuss am Ende von Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers. Eine Szene aus Thor 3, welche Valkyries Bisexualität bestätigt hätte, wurde zwar gefilmt, aber nie in den fertigen Film integriert.

Warum kann Loki also jetzt plötzlich doch Themen wie Genderfluidität so offen darstellen? Die kurze Antwort: Disney+ ist weder in Russland noch in China (bisher) verfügbar. Auch Wechsel in den Führungspositionen bei Marvel sind ein Faktor. So stand der Marvel Entertainment-Vorsitzende Ike Perlmutter lange Zeit einem diverseren MCU im Wege, wie Hulk-Darsteller Mark Ruffalo gegenüber The Independent  verriet.

Das macht queere Repräsentation zumindest in Marvel-Serien wie Loki einfacher, als es bisher war. Zudem ist die Darstellung von Identität für Disney-Verhältnisse weniger problematisch als die Sexualität.

Lokis Genderidentität bereichert die komplexe Figur – Bitte versau es nicht Marvel

Die Frage nach Identität und der eigenen Bestimmung ist eines der Kernthemen der neuen MCU-Serie Loki. Mit dem Auftritt der weiblichen Form Lokis (gespielt von Sophia Di Martino) wird dieser komplexe, komplizierte und vielschichtige Charakter um eine weitere spannende Facette erweitert.

Lokis weibliche Variante

Seine Queerness wird ihm nicht einfach aufgezwungen, sondern ist unmittelbar in dem verankert, was wir seit seinem ersten Auftritt in Thor von ihm zu sehen bekommen haben. Ebenso passt Lokis Genderidentität auch zu dem Konflikt zwischen freiem Willen und Determinismus, wenn sich Loki gegen die Norm und die TVA, einer Institution der (Zeit-)Konformität, stellt.

Meine Freude über Lokis Genderfluidität im MCU ist allerdings noch zurückhaltend. Erst die kommenden Episoden werden zeigen, wie die Serie damit wirklich umgeht. Meine größte Befürchtung wäre hier, dass sich am Ende die weibliche Loki (in einer TVA-Akte ist ihr Name als Sylvie Laufeydottir angegeben) als eine komplett andere Figur herausstellt, wie etwa die für die Serie vermutete Enchantress. Damit würde sich Marvel aber keinen Gefallen tun.

Das MCU hat in Phase 4 nun die große Chance die Vielfalt der Comics auch auf die Filme und Serien zu übertragen. Mit Figuren wie dem homosexuellen Eternal Phastos und der bisexuellen Heldin America Chavez kehren bald zwei neue LGBTQ+ Figuren aus den Comics ins MCU ein. Gerade in den Kinofilmen wird sich zeigen, wie weit Marvel bereit ist zu gehen.

Es gibt so viele Figuren im MCU, mit denen sich Zuschauende identifizieren können und zu denen sie aufblicken können. Nur der LGBTQ+ Community fehlte es bisher an Idolen. Wenn das MCU ein Universum ist, in dem ich und Menschen wie ich existieren können, fällt es auch leicht sich dem eskapistischen Spaß dieser Comic-Welt hingeben zu können. Dafür danke ich Loki jetzt schon.

Marvels Loki im Podcast-Check: Die wichtigste Serie des MCU?

In dieser Folge unseres Streamgestöber-Podcasts teilen Max und Patrick ihre Eindrücke zu den ersten zwei Folgen der Marvel-Serie Loki und beantworten die wichtigsten Fragen: Wie viele Lokis gibt es? Haben wir wirklich Peggy Carter entdeckt? Und was ist überhaupt das Multiversum des MCU?

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Wie findet ihr die neue Entwicklung von Lokis Charakter?

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