Dieser Film stand schon wirklich, wirklich sehr lange auf meiner mustduendlichmalanschauen Liste. Allein schon, weil ich als Möchtegerncineast viel zu häufig behauptet habe, dieses absolute Meisterwerk natürlich schon hundertmal gesehen zu haben. Und da schien es mir wie ein Wink des Schicksals, als ein Flyer in meinen Briefkasten flatterte, der eine Vorstellung eben jenes Filmes ankündigte. Nun hätte ich tatsächlich schon mindestens hundert Möglichkeiten gehabt, mir diesen Film anzusehen. Warum ich mich aber diesmal tatsächlich dafür entschied, lag an zwei ausschlaggebenden Dingen: erstens, die Vorführung war kostenlos und zweites, sie fand in einer alten Kirche statt. Also hey, es klang interessant und was hatte ich schon zu verlieren?
Als ich bei der Kirche ankam, war ich jedoch irgendwie sehr skeptisch, ob das so ‘ne gute Idee war. Schließlich standen zweieinhalb Stunden Stummfilm vor mir und spannend schien mir was anderes. Doch ich sollte mich täuschen. Denn es kam einem cineastischen Orgasmus gleich, als die ersten – von einem alten, ratternden Filmprojektor auf die Leinwand geworfenen – Bilder die immensen Kirchensäulen und vergoldeten Heiligenfiguren in ein gespenstisches Licht eintauchten und die ersten Töne der – live auf einer riesigen Kirchenorgel gespielten – Filmmusik ertönten. Ich kenne mich nun überhaupt nicht mit Orgelmusik aus, aber in eben jenem Moment schien mir dieses Instrument allein für die von Huppertz komponierte Musik erfunden worden zu sein und Langs Bilder nur in eben jener Kirche ihren Zweck zu erfüllen. Wie bitteschön sonst, kann man sich diesen Film ansehen?
Größenwahn und lasche Story? Absolut! Hätte ich mir diesen Film auf meinem schnöden Fernseher angesehen, könnte ich das unzweifelhaft unterschreiben. Aber hier, in dieser Kirche, schien mir weder Meisterwerk noch Geniestreich annähernd an das heranzureichen, was sich mir hier darbot. Gottverdammt, allein schon die Sequenz mit den Flugzeugautos, die ihre Bahnen über die imposanten Türme Metropolis‘ ziehen, ließ mich innerlich vor Freude jauchzen, wie ein kleines Mädchen.
Was Fritz Lang mir in diesen zweieinhalb Stunden schenkte war eine Offenbarung. Diese atemberaubenden, grotesken Kulissen, dieses meisterlich durchdachte Choreographie, der sich zu hunderten, im stumpfsinnigen Rhythmus des Sekundenzeigers bewegenden Statistenmassen haben sich nicht nur auf ewig in mein Gehirn eingebrannt, sie ließen auch jeden bis dahin gesehenen Science Fiction Film wie einen müden Abklatsch erscheinen.
Ok, die Geschichte von Metropolis – der es nun wirklich nicht an Pathos fehlt – lässt sich in der Tat ein einem Satz zusammenfassen: Reicher Sohn aus der Oberschicht verliebt sich in armes Mädchen aus der Unterschicht, sie starten eine Revolution, die aber werde Oben zu Unten noch Rechts zu Links verwandelt, sondern beide Seiten harmonisch miteinander vereint. Ende gut, alles gut.
Doch wenn mich auch die Geschichte nicht im mindesten so vom Hocker gehauen hat, wie die
imposanten Bilder, so war es doch die Art und Weise, wie Fritz Lang diese Geschichte erzählt hat. Parallel zueinander verlaufende Geschichtsebenen, zum Teil brillant geschnittene Sequenzen, perfekt durchdachte Bildkompositionen … ich mein, der Film ist fast neunzig Jahre alt! Ich war fassungslos wie modern der Film in seiner Machart wirkte und ein wenig ernüchtert, wie wenig sich das Kino doch im Großen und Ganzen geändert hat.
Man könnte vielleicht das Fazit ziehen, dass dieser Film zur falschen Zeit gedreht wurde und den Zuschauern der ausgehendenen zwanziger Jahre vielleicht zu abgefahren war. Vielleicht ist den meisten Zuschauer auch der Langsche Größenwahn sauer aufgestoßen, denn ja, dieser Film ist Größenwahn in Perfektion, aber bedenkt man, wer in den nächsten Jahre später die Macht übernehmen sollte, wäre ich mir da nicht so sicher. Wie dem auch sei, für mich, in dieser Kirche, hatte – obwohl es ich mir bis heute nicht erklären kann – der Gott des Kinos einen Namen: Fritz Lang.
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