Kevin Bacon als brutaler Sheriff in Cop Car

17.10.2015 - 09:12 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Leider nicht im Kino, aber dafür jetzt bei den DVD-Neuheiten: Cop Car mit Kevin Bacon.Universal
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Der neue Spider-Man-Regisseur Jon Watts verpasst Kevin Bacon einen Schnauzer und lässt ihn als brandgefährlichen Sheriff auf zwei kleine Jungs los. Cop Car ist ein im besten Sinne altmodischer Thriller, der jetzt auf DVD, Blu-ray und VoD erscheint.

"Pimmel, Titten, Muschi, verdammt, gottverdammt, Arsch, Arschloch, Arschgesicht, Schlampe, Scheiße, Scheißkerl. Fuck." – Das sind die ersten Worte, die man als Zuschauer in Cop Car zu hören bekommt. Zwei leicht mitgenommen wirkende Jungs, vielleicht 11 Jahre alt, laufen über ein kilometerweites Feld und zählen in einer Art Mutprobe Schmähbegriffe auf. Der eine sagt vor, der andere sagt nach, ein harmloses Kinderspiel. Nur vereinzelt unterbrechen Travis (James Freedson-Jackson) und Harrison (Hays Wellford) dabei ihren, wie sie mutmaßen, 50 Meilen langen Marsch durchs Americana-Ödland: Ein erstes Mal tun sie es, weil bei "Fuck" einfach Schluss sein muss ("das ist der schlimmste Ausdruck", meint Harrison gegenüber dem ungleich weniger erschrockenen Travis), ein weiteres Mal, weil den Jungs plötzlich etwas ziemlich Großes im Weg steht. Etwas Großes mit Blaulicht und nicht zu übersehender Sheriff-Aufschrift.

Cop Car im Nirgendwo

Es steht da also: ein Cop Car. Ein schöner braunfarbener Streifenwagen, mitten im Nirgendwo. Keine Menschenseele und erst recht keine Polizisten scheinen in Sicht, gute Gelegenheit für ein neues harmloses Kinderspiel. Die Jungs pirschen sich heran, berühren das Auto, laufen kichernd zurück ins Feld. Wieder ist es der forsche Travis, der seinen introvertierten Freund Harrison motivieren muss. Motivieren zum gemeinsamen Einstieg in den verlassenen, offen stehenden Wagen. Motivieren, ihn zum Starten zu bringen, um das rurale Wasteland von Colorado für die nächsten 50 Meilen nicht länger zu Fuß erkunden zu müssen. "Weißt du denn, wie man fährt?", fragt Harrison einmal mehr ängstlich. Na klar, versichert ihm Travis, er kenne schließlich Mario Kart. "Stimmt, ich auch." Los geht’s, mit stolzem Geschrei über dürre Felder, "das ist so geil, das ist unser Bullenauto". Tolle Prämisse, schön fatalistisch, irgendwo zwischen Macon County Line und Blue Ruin.

Harmlose Kinderspiele.

Natürlich aber ist das nicht ihr Bullenauto. Das Bullenauto gehört dem alles andere als bulligen Sheriff Kretzer (Kevin Bacon), einem hageren Typen, der pornöse Sonnenbrille und Schnauzer mit Stil trägt. Ja, dem sogar das irgendwann schrecklich verdreckte Achselhemd noch ziemlich gut steht. Ein großartiger Schnitt zur Rückblende lässt uns ahnen: Dieser Sheriff Kretzer war nicht dienstlich unterwegs, als er sein Cop Car wenige Stunden zuvor an einer abgeschiedenen Lichtung parkte. Dieser Sheriff Kretzer nämlich hat Leichen im Keller. Auf jeden Fall aber hat er Leichen im Kofferraum. Er wird einige Mühe darauf verwenden, seinen Streifenwagen zurück zu bekommen. Und was also folgt, ist eine lange Bewegung in aufregender Parallelmontage: Bald nicht mehr nur über Felder, sondern mit Blaulicht auf Landstraßen rumdüsende Jungs im einen; der ziemlich übellaunige und leider auch hochbrutale Kevin Bacon im anderen Bild.

Duell unter der Abendsonne

Die ersten 20 bis 30 Minuten dieses Films sind meisterlich in Szene gesetzt, die verbleibenden 60 mindestens sehr vergnüglich. Denn Cop Car ist nicht nur ein im besten Sinne altmodischer Thriller, er ist auch eine ziemlich gemeine Komödie: Über die Absurdität der zunehmend unwahrscheinlicher verketteten Ereignisse ist sich Regisseur und Drehbuchautor Jon Watts (verantwortlich fürs kommende Spider-Man-Reboot) offenbar sehr bewusst. Genüsslich beobachtet er seine Figuren beim Ritt in ihr Verderben, baut sie wie Dominosteine auf, um sie bis zum finalen Duell unter der Abendsonne langsam umkippen zu lassen. Dahinter steht keine plumpe Eskalationsstrategie, sondern die unabdingbare Bitterkeit des Western: In Cop Car prallen kindliche und kriminelle Logik aufeinander, weil dieses von staubtrockenen Bodenrollern übersäte Colorado kein Land für alte Männer, aber eben auch keines für kleine Jungs ist.

Übellaunig und brutal: Kevin Bacon als Sheriff Kretzer.

Glücklicherweise erklärt Jon Watts seine Figuren kaum, zumindest aber nicht jenseits der unverstellten Bilder. Es bleibt offen, wie genau Sheriff Kretzer sich in seine missliche Lage gebracht hat, und es bleibt offen, warum Travis und Harrison von zuhause ausbrachen, um erst harmlose und schließlich brandgefährliche Kinderspiele zu spielen. Stattdessen vertraut Watts vielen kleinen Momenten, in denen ihre Handlungen erzählen, wer sie sind. Wenn der von Kevin Bacon angemessen abgetakelt gespielte Kretzer sich etwa einen neuen Wagen beschafft, indem er mit einem Schnürsenkel minutenlang versucht, die Autotür von außen zu öffnen. Oder wenn die beiden Kids sich vollkommen selbstverständlich der im Cop Car gelagerten Gewehre bedienen, um Machtverhältnisse umzukehren. Da kratzt der Film, ganz nebenbei, noch zwei wesentliche Diskurse des gegenwärtigen Amerikas an, die Polizei- ebenso wie die Waffengewalt.

Cop Car ist ab sofort auf DVD, Blu-ray und über VoD erhältlich.

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