In Lohn der Angst habt ihr die Furcht als Beifahrer

07.05.2014 - 15:01 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Die erste Hälfte von Lohn der Angst wirkt noch sehr friedlich.
Polyband
Die erste Hälfte von Lohn der Angst wirkt noch sehr friedlich.
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In Henri-Georges Clouzots Klassiker Lohn der Angst müssen vier gescheiterte Persönlichkeiten alles riskieren, um sich eine Perspektive zu schaffen. Ihre Aufgabe lautet, eine hochexplosive Ladung durch das venezolanische Hinterland zu transportieren.

Nitroglyzerin zeichnet sich durch die ganz besondere Eigenschaft aus, auf Erschütterungen zu reagieren. Mit einer Explosion. Das macht den Transport einer großen Menge dieses Stoffs zu einem brenzligen Unterfangen. Insbesondere, wenn für den Transport keine Spezialfahrzeuge zur Verfügung stehen und der über schlechte Straßen erfolgen soll. Dementsprechend sitzt den vier hoffnungslosen Gestalten die blanke Angst im Nacken, als sie zwei alte, ausdrücklich nicht gefederte (dafür aber voll mit Nitroglyzerin beladene) Laster durch das unwegsame Hinterland Venezuelas steuern. Dazu kommen sowohl die sozialen Spannungen zwischen den beiden Zweier-Teams, als auch innerhalb der Teams. Niemand will seine Angst offen zugeben, aber allen macht sie enorm zu schaffen.

Im Schwarzweiß-Klassiker Lohn der Angst von Henri-Georges Clouzot werden wir Zuschauer Zeuge dieses dramatischen Unternehmens. Was die vier Männer dazu treibt, sich für ein solches Selbstmord-Kommando herzugeben, macht die erste Stunde des Films mehr als deutlich. Darin erleben wir, wie in einem klitzekleinen, verschlafenen Nest in Venezuela die Zeit vergeht: sehr langsam. Dort stranden diejenigen, die sonst niemand mehr haben will. Ob auf der Flucht vor dem Gesetz, den Nazis oder sich selbst, sie alle werden dort im Niemandsland angeschwemmt. Allerdings sitzen Bimba (Peter van Eyck), Mario (Yves Montand), Smerloff (Jo Dest) und Luigi (Folco Lulli) dann auch dort fest. Denn Fortkommen kostet Geld und sie alle verbindet der akute Geldmangel. Ihr einziger Besitz ist die Zeit. Als sie hören, dass eine Erdölfirma dringend Lastwagenfahrer sucht, melden sie sich sofort.

Was die erste Hälfte des Films an kaum auszuhaltender Hitze und Langeweile transportiert, macht die zweite Hälfte mit nervenzerreißender Spannung wieder wett. Dieser starke Kontrast verlangt dem Zuschauer zunächst einiges ab, denn die Aussichtslosigkeit und das Leben in dem kleinen verschlafenen Nest gehen einem an die Nieren. Wenn wir das Nichtstun, Trinken und Reden kaum noch aushalten, erlöst uns Henri-Georges Clouzot, nur um uns direkt in das nächste Übel zu stürzen. Selbst mit den simpelsten Mitteln dieses älteren Films erzeugen die Beteiligten eine Spannung, wie wir sie auch heute nur sehr selten im Kino erleben. Das steht hier zwar immer an dieser Stelle, aber der heutige TV-Tipp ist ein definitives Must-See.

Was? Lohn der Angst
Wann? 23:20 Uhr
Wo? ServusTV

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