Es ist schon amüsant, was in Doctor Who alles unter Top Secret fällt. So wurde die Anwesenheit von Jenna Coleman in der gestrigen Folge Mummy on the Orient Express im Vorhinein verschwiegen, sie tauchte weder auf den Promofotos noch im Trailer auf und ihr Name fehlte sogar auf dem (wie immer fantastischen) RadioTimes-Poster von Stuart Manning. Und wofür? Für kaum mehr als 66 Sekunden Ungewissheit, bis ihr Name im Vorspann erscheint, direkt gefolgt von Jenna Coleman in Fleisch und Blut, wie sie Peter Capaldi aus der TARDIS folgt.
Es müssen also schon ein paar merkwürdige recaplose Folgen gewesen sein, dass nach nur drei Wochen die Anwesenheit der Hauptdarstellerin der Serie etwas ist, über das man spekulieren kann. Und tatsächlich bilden The Caretaker, Kill the Moon und Mummy on the Orient Express eine faszinierende kleine Trilogie. Drei Episoden, auf den ersten Blick so unterschiedlich wie Tag, Nacht und... Morgendämmerung. Eine Komödie in einer Londoner Schule, ein moralisches Drama auf dem Mond und ein Monster-Thriller im Orient-Express im Weltraum. Und alles eine Geschichte über den Doctor und Clara, in der wieder einmal klar wird, dass wir nie alles über diese Charaktere gelernt haben werden.
Wir beginnen unsere Geschichte mit The Caretaker und einer Clara Oswald, die sich vielleicht das erste Mal in ihrem Leben so richtig überfordert fühlt. Es hat seinen Grund, warum nur Mittwoch für sie Doctortag ist. Sie hat alles gern sortiert und unter Kontrolle, Privat-Leben und Zeitreise-Leben sind zwei unterschiedliche Dinge. Doch seitdem sie als Lehrerin arbeitet und sich mit ihrem Kollegen Danny (Samuel Anderson) außerordentlich gut versteht, wird das alles doch allmählich zu viel. Und die Eskalation folgt schließlich in Form des ultimativen Zusammenpralls der Welten. Anstatt allein durch die Galaxie zu reisen, nistet sich der Doctor in der Coal Hill School als Hausmeister ein, direkt unter Claras Nase. Hätte sie sich mal eine Schule mit weniger Zeitreisegeschichte ausgesucht...
Als es schließlich zur Konfrontation und Enthüllung kommt, ist es vor allem eine Sache, die Danny Clara auf den Weg gibt, als der Doctor diesen wutentbrannt aus seinem Raumschiff werfen will: "That's him. Look at him right now. That's who he is." Und diese Vorstellung ist beängstigend. Wir wussten von Anfang an, dass Peter Capaldis Doctor kein Schmusekätzchen werden würde, aber diese blanke Wut, diese Verachtung... Das ist neu. Besonders als sich eine Folge später herausstellt, dass der Doctor laut und brüllend noch um einiges besser zu ertragen ist. Am Schlimmsten wird es, wenn er gar nichts mehr sagt. Und ruhig den Ort verlässt.
"The man who normally helps is gone", verrät Clara im Cold Open von Kill the Moon. Einem Doctor Who-Fan fallen damit natürlich augenblicklich ein Dutzend mögliche Szenarien ein, die ihn an seiner Rückkehr hindern könnten. Hat er sich für eines der Crewmitglieder geopfert? Steckt er in einem unterirdischen Gefängnis fest, unfähig Clara zu erreichen? Hat ein außerirdisches Wesen ihn in eine böse Version seiner selbst verwandelt? Darauf, dass er einfach ging, Clara und die Anderen ohne viel Federlesen zurückließ, darauf wäre man wohl erst als letztes gekommen.
Als wohl kontroverseste Folge der Staffel schreit Kill the Moon geradezu nach einem umfassenden Dialog. Sei es von Liebe oder Hass getrieben, so viel über eine Doctor Who-Folge zu reden gab es dieses Jahr bisher nur bei Listen. Doch anstatt um die Lebensgeschichte und Persönlichkeit des Doctors ging es um sehr viel allgemeinere Themen, um allerlei moralische Debatten, die sich von Abtreibungsanalogien über die Verantwortung für eine Menschheit, der weder der Doctor noch Clara richtig angehören, bis zu der (in The Day of the Doctor noch zentralen) Frage, ob man Leben gegen Leben abwägen darf drehten. Um in diese Diskussionen einzustimmen, fehlt mir einerseits der Platz und andererseits die klar gefestigte Meinung, aber es ist hochinteressant zu sehen, was uns die Entwicklungen von Kill the Moon über Clara und den Doctor verraten.