Hat die Filmpiraterie eine Zukunft?

26.03.2012 - 09:00 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
Ob Jack Sparrow heutzutage illegal Filme herunterladen würde?
Disney
Ob Jack Sparrow heutzutage illegal Filme herunterladen würde?
89
10
Filmpiraterie ist ja längst ein ausgelutschtes Thema. Doch die juristischen Maßnahmen gegen Megaupload und Kino.to haben bewiesen, dass der Bruch des Urheberrechts nicht ohne Folgen bleibt.

Ich will hier nicht das hundertste Plädoyer für den Respekt gegenüber künstlerischen Leistungen und gegen die Filmpiraterie liefern. Irgendwann wird jeder des Argumentierens müde. Wer heute immer noch nicht versteht, welchen Schaden er mit illegal angeeigneten Filmen anrichtet, der wird nach einem weiteren 500 oder 1000-Wörter starken Text nicht umkehren. Viel interessanter ist die Beschäftigung mit der Realität der Filmpiraterie und die scheint in den vergangenen Monaten Film noir-Züge angenommen zu haben. Erst wird Kino-to geschlossen, dann der megaupload-Gründer Kim Schmitz zur Rechenschaft gezogen. Auf die meisten User hat das höchstens zwei läppische Auswirkungen: Sie müssen sich eine alternative Streaming-Seite suchen und mit der neuen Langsamkeit von Rapidshare auskommen. Ob die Filmpiraterie damit empfindlich getroffen werden konnte, werden die nächsten Monate offenbaren.

Früher waren es immer die Einzeltäter
Zumindest meinem Empfinden nach schienen Aktionen der Justiz, ob europäisch oder amerikanisch, sich früher immer gegen die einzelnen Uploader zu richten. Prototyp dessen ist Gilberto Sanchez, der 2009 eine unfertige Version von X-Men Origins: Wolverine lange vpr Kinostart in Umlauf brachte und vor Gericht gestellt wurde. Die Anklage von Einzeltätern hat seit jeher einen Symbolcharakter. Ob ein Sanchez im Knast landet oder nicht, ändert keinen Deut am System des organisierten Urheberrrechtsbruchs. Dem Ottonormaldown- und Uploader soll durch die Abschreckung jedoch ein deftiger Schrecken ins Mark fahren. Dieses Vorgehen wurde seit dem Aufkommen der Filmpiraterie im Netz einigen Einzelnen zum Verhängnis. Mit den veränderten Angeboten, von Peer-to-Peer-Netzwerken über Torrents hin zu Sharehostern und Streamingseiten, müssen sich die Maßnahmen der Justiz an die neuen Gegebenheiten anpassen.

Vorbildcharakter könnte der Sturz von Napster 2001 einnehmen, an dem die Musikindustrie als Lobby großen Einfluss hatte. Die Studios, die im Vergleich zu EMI und Co. zeitversetzt mit dem Problem der Onlinepiraterie konfrontiert wurden, gehen nun einen ähnlichen Weg. Seit einiger Zeit spielen sie eine bedeutende Rolle bei der Forcierung von Gesetzesinitiativen wie SOPA, PIPA und ACTA. Seit kurzem häufen sich auf beiden Seiten des Atlantiks auch Justizaktionen gegen große Plattformen, die vom Urheberrechtsbruch leben. In den USA wurde Anklage gegen die Begründer von megaupload erhoben, einem der wichtigsten Sharehoster weltweit. Im Juni letzten Jahres gingen die deutschen Justizbehörden gegen Kino.to vor. Die GVU (Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen) hatte nach jahrelangen Ermittlungen einen Strafantrag gegen die von Millionen Nutzern frequentierte Streaming-Seite gestellt. Jetzt flattern so gut wie jede Woche neue Nachrichten von Festnahmen und Prozessen durchs Netz.

Lobby vs. Lobby
Es wechseln sich also gezielte Maßnahmen mit präventiven Gesetzesvorhaben ab. Letztere stoßen in der Öffentlichkeit auf die stärkste Gegenwehr, sehen doch viele ihre Freiheit und Privatsphäre durch ACTA et al. bedroht. Fakt ist aber auch, dass die illegalen Streaming- und Filesharingseiten einer Hydra gleichen. Sobald ein “Branchenriese” lahmgelegt wird, taucht ein Ersatz am Horizont auf. Die betroffenen Industrien und Gesetzgeber versuchen deshalb, das Internet selbst unter (mehr) Kontrolle zu bringen. Dagegen gehen wiederum die Giganten des World Wide Web auf die Barrikaden. Wikipedia verhängte angesichts von SOPA und PIPA einen Blackout, Yahoo und Google unterstützten das Vorhaben. Einmal abgesehen von den datenrechtlichen Folgen solcher Gesetze, scheiterten sie bisher am Widerstreit einer Lobby gegen eine andere. Für den Konzern Google ist ein gewisses Maß an Freiheit im Netz umsatzfördernd. Der Interessenkonflikt führte soweit, dass Google kürzlich den Filehoster Hotfile gegen einen juristischen Angriff der Filmindustrie verteidigte.

Bleibt alles anders? Im Grunde ja, denn wir können davon ausgehen, dass Aktionen wie jene gegen Kino.to sich häufen werden. Zu bedenken gilt es immerhin, dass einem solchen Strafantrag Jahre der Ermittlung und Beweissammlung vorangehen. An Gesetzesinitiativen zur Regulierung des Internets wird es ebenfalls nicht mangeln, so lange einflussreiche Gruppen wie die Unterhaltungsindustrie ihre Gewinne in Gefahr sehen. Sofern vom Internet lebende Konzerne sich von diesen Maßnahmen angegriffen fühlen, verharrt das Vorgehen gegen Urheberrechtsverletzungen in einem Mexican Standoff, aus dem vielleicht alle lebend herauskommen, aber ohne Lösung des Konflikts. So bleibt den Studios nur, ähnlich wie die Musikindustrie, illegalen Angeboten im Netz Konkurrenz zu machen. Mitte März startete der legale Musikstreaming-Dienst Spotify endlich in Deutschland. So ein Ereignis sollte dem ein oder anderen als Inspirationsquelle dienen.

Glaubt ihr, dass Filmpiraterie in der Zukunft verschwinden wird?

Das könnte dich auch interessieren

Kommentare

Aktuelle News