Roman Polanski befindet sich wieder auf freiem Fuß. Für den Filmemacher endet damit eine Arrestzeit von acht Monaten. Während dieser Zeit war er an eine elektronische Fußfessel gebunden, die es ihm nicht erlaubte, sein Wohnhaus in der Schweiz zu verlassen. Wie wir berichteten, deutete Ende letzten Jahres noch alles darauf hin, dass die Auslieferung von Roman Polanski an die USA beschlossene Sache sei, nachdem ein US-Gericht die Einstellung des Verfahrens wegen sexuellen Missbrauchs abgelehnt hatte. Doch nun wendet sich plötzlich alles zum Positiven für den Regisseur.
Völlig überraschend verkündeten die Schweizer Behörden gestern, dass sie das Auslieferungsgesuch der USA ablehnen. Damit darf Roman Polanski den Hausarrest in seinem Wohnhaus in der Schweiz beenden und theoretisch wieder alle Länder bereisen, welche nicht an die Vereinigten Staaten ausliefern. Die Schweiz begründete die Entscheidung zugunsten von Roman Polanski damit, dass nicht eindeutig festzustellen sei, ob der Filmemacher eine ihm 1977 auferlegte Strafe nicht bereits verbüßt habe. Dabei soll es sich um eine sechswöchige psychiatrische Untersuchung im Gefängnis von Chino handeln, der Roman Polanski nach Angaben des damals zuständigen kalifornischen Staatsanwalts Roger Gunson 1977 unterzogen wurde. Das US-Justizministerium lehnte eine möglicherweise klärende Akteneinsicht jedoch ab. “In Anbetracht der nicht ausgeräumten Zweifel bezüglich der Sachverhaltsdarstellung ist das Ersuchen abzulehnen”, teilte das Schweizer Ministerium mit.
Die Entscheidung der Schweiz wird in den Vereinigten Staaten heftig kritisiert. Die USA wehrt sich gegen die Vorwürfe, einen formalen Fehler beim Antrag zur Auslieferung von Roman Polanski begangen zu haben und wirft der Schweiz ihrerseits mangelnde Kooperation vor. Die amerikanischen Behörden fordern auch weiterhin die Auslieferung des Filmregisseurs, sollte er in einem anderen Land festgenommen werden.
Damit ist die Situation von Roman Polanski wieder dieselbe wie vor seiner Verhaftung im September bei der Einreise in die Schweiz, wo er beim Filmfest in Zürich für sein Lebenswerk ausgezeichnet werden sollte. 1977 floh der Regisseur aus den USA, nachdem er sich zuvor schuldig bekannt hatte, ein 13-jähriges Mädchen sexuell missbraucht zu haben. Kurz vor dem Prozess und der wahrscheinlichen Haftstrafe verließ er allerdings Amerika und ging nach Frankreich. Seitdem ist er nicht mehr in die USA gereist, lebte in Frankreich und der Schweiz. Auch den Oscar für Der Pianist nahm er nicht selbst entgegen, sondern sein Hauptdarsteller Adrien Brody. Jahrzehntelang kam keine Nation dem seitdem gültigen amerikanischen Haftbefehl für Roman Polanski nach, bis eben zum letzten September.
Nun geht die Flucht vor der Vergangenheit für Roman Polanski also weiter.