Wann hatte ich schon mal die Gelegenheit, Kino mit anschließendem Startreff zu verbinden? Ich bisher nie. Umso schöner war es, dass ich die Möglichkeit bekam, zur Filmpremiere von Barfuß auf Nacktschnecken zu gehen und danach noch mit den Schauspielern zu plaudern. Diane Kruger und Ludivine Sagnier haben länger als geplant auf sich warten lassen. Als sie dann zusammen mit Regisseurin Fabienne Berthaud auf dem (ziemlich kleinen) roten Teppich ankamen, war die Aufregung groß. Foto da, Posen hier. Gewohnt souverän. Für mich ein schöner Anlass, um zum ersten Mal ein Hollywood-Sternchen in Berlin zu bewundern.
Barfuß auf Nacktschnecken erzählt auf ganz bezaubernde Weise die Geschichte der zwei Schwestern Lily (Ludivine Sagnier) und Clara (Diane Kruger), die auf unterschiedliche Weise den Tod der Mutter verarbeiten. Doch der Plot geht tiefer. Die Charaktere könnten unterschiedlicher nicht sein. Die sanft-romantische Landschaftsdarstellung und die raffinierte Bearbeitung des Lichtes tragen dazu bei, dass ich in diese Geschichte eintauchen konnte. Lily lebt in ihrer unberührten Fantasiewelt, während Clara einen verklemmten Alltagstrott führt. Ludivine Sagnier schafft es, eine liebevolle Ruhe mit jugendhaften Temperament zu kreuzen. Ihre Mimik und Gestik ist stark und in ständiger Bewegung. Diane Kruger dagegen muss mit wenig Emotionen und kontrollierten Handlungen spielen. Wenn Kritiker sie oft als unfähig bezeichnet haben: Hier ist alles genau richtig dosiert. Regisseurin Fabienne Berthaud lässt bewusst die Möglichkeit offen, ob sich die Figuren im Laufe des Filmes verändern. Barfuß auf Nacktschnecken mit den ambitionierten Darstellerinnen in Verbindung mit einem glaubwürdigen und sentimentalen Drehbuch könnte zum Geheimtipp des Kino-Frühjahrs werden.
Nach der deutschen Filmpremiere von Barfuß mit Nacktschnecken war ich zum Empfang geladen. Gut gelaunt und strahlend betraten Diane Kruger und Ludivine Sagnier sowie Regisseurin Fabienne Berthaud den Raum. Die Gelegenheit, ein paar Worte zu wechseln ergab sich schnell. Völlig unkompliziert und offen konnte ich mit der Regisseurin sowie mit und Ludivine Sagnier über den Film sprechen. Für letztere war es besonders wichtig, sich intensiv in die Rolle der Lily reinzufühlen, Menschlichkeit zu erzeugen, weniger wie eine Schauspielerin zu wirken. Auf die Frage, ob denn Schnecken eine vor dem Beginn der Dreharbeiten wichtige Rolle in dem Leben der Schauspielerin gespielt haben, antworteten sie geschlossen mit: „Nein“. Auch nach dem Film traut sich Ludivine Sagnier nicht Schnecken anzufassen.
Regisseurin Fabienne Berthaud erzählte mir, dass der Film insofern biografische Bezüge hat, als dass ihre Schwester sie früher gezwungen hatte, barfuß über Nacktschnecken zu laufen. Bereits im Jahre 2005 arbeiteten Diane Kruger und Regisseurin Fabienne Berthaud zusammen. Für den Film Frankie übernahm Diane Kruger die Rolle der Frankie. Diane Kruger erzählte, sie kenne Fabienne Berthaud bereits seit ihrem 16. Lebensjahr. Es war ihr eine Herzensangelegenheit auch bei dieser Produktion mitzuwirken. Die Identifikation mit der Rolle der Clara sei für Diane Kruger wichtig gewesen. Sie selbst wollte nie so eine Clara sein.
Sie kenne viele Frauen, die ihre Träume für die eigene Familie aufgeben. Regisseurin Fabienne Berthaud hat eine klare Botschaft mit Barfuß auf Nacktschnecken ausdrücken wollen: “Sind die Zwänge unserer Erziehung, die Werte, die man uns einbläut – Geld, materieller Wohlstand, Erfolg im Beruf, Vernunft in Herzensangelegenheiten usw. – nicht allzu oft Schuld an unserem Unglück?” Was ist schon Normalität und wann ist man nicht mehr normal, sondern verrückt? Eine beeindruckende Frau, die einen beeindruckenden Film geschaffen hat. Am 5. Mai 2011 läuft Barfuß auf Nacktschnecken auch in unseren Kinos. Ein Besuch lohnt.