Es ist faszinierend, wie vielen es gelingt, sich so richtig schön in die Nesseln zu setzen. Prominente sind prädestiniert dafür, alleine schon deshalb, weil sie in der Öffentlichkeit stehen. Aber nicht nur den Stars und Sternchen gelingt es, sich ins Aus zu schießen, sondern ab und an auch ganzen Firmen.
Die mehr als zweifelhafte Veröffentlichung eines Films durch I-On New Media hat es diesmal zum Aufreger der Woche gebracht.
Die Terror-Täuschung
An was denkt ihr, wenn ihr den Titel April Showers lest? Womöglich an ein Drama. Und damit liegt ihr absolut richtig. Der Film handelt von dem Teenager Sean, der die Jefferson High School besucht und auch in Mädchen verliebt ist, das von ihrem Glück jedoch noch nichts weiß. Der normale Alltag ändert sich abrupt, als ein Amokläufer an der Schule zuschlägt – und der Täter ist ausgerechnet Seans Freund Ben! Klingt interessant und keineswegs reißerisch. Das bemerkte auch der Verleiher I-On New Media und wollte Abhilfe schaffen, denn mit einem Drama lässt sich schließlich wenig Geld verdienen. Heraus kam ein neues Cover, das an einen bluttriefenden Splatterfilm erinnert und, zumindest anfänglich, mit einem dicken fetten FSK-18-Logo verziert war. Und weil sie schon dabei waren, den Film optisch zu einer Schlachtplatte umzugestalten, wurde auch noch der Name in Amok – Columbine School Massacre geändert. Welch raffinierter Gedankengang: Amoklauf – Highschool – Columbine – Massaker! Passt zwar nicht zum tatsächlichen Inhalt, aber wer will denn schon kleinlich sein…
Der FSK-Trick
Am Schärfsten ist jedoch der Grund, weshalb die DVD zuerst ab 18 Jahren (laut FSK ist sie mittlerweile ab 16 Jahren erhältlich) freigegeben hat: Nicht etwa der Film an sich ist dafür verantwortlich, sondern die auf der DVD bzw. der Blu-ray draufgepackten Trailer! Um das näher zu erklären: Das Werk von Regisseur Andrew Robinson hat eine Freigabe ab 12 (!) Jahren bekommen, aber I-On New Media hat extra noch ein paar Trailer mit höherer Freigabe auf das Trägermedium geworfen, um den für das Terrorfilm-Cover passenden FSK-Sticker zu bekommen. Was das soll? Na, das dient der Kundenakquise! Junge Gorehounds greifen doch viel lieber zu, wenn auf einer DVD neben einem Killer mit Pumpgun noch ein rotes FSK-Signalzeichen prangt! Dass Aufmachung und Inhalt allerdings so weit voneinander entfernt sind wie England von einem Sieg im Elfmeterschießen, stört bei I-On New Media ganz offensichtlich niemanden. Hauptsache der Rubel rollt.
Schamlose Ausbeutung
Abgesehen davon, dass wir hier einen Fall von unlauterer Werbung vorliegen haben, werden hier die Opfer des damaligen Amoklaufs schamlos für den Gewinn ausgebeutet. Es ist doch offensichtlich, dass die Erwartung geschürt werden soll, beim Massaker in all seiner Brutalität zusehen zu können. Es ist schon ein Unding, wenn der Kunde mit einem irreführenden Cover ausgetrickst wird (als Beispiel dienen neben den absichtlich den eigentlichen Inhalt verschleiernden Artworks die alten Kung-Fu-Filme, die groß mit Jackie Chan beworben werden, obwohl er nur mal im Hintergrund durchs Bild springt), aber noch extra die Freigabe hochzutreiben, um ganz bewusst eine gewaltaffine Klientel anzusprechen, ist schon ein dicker Hund.
Irgendwann treiben sie es womöglich noch auf die Spitze und suggerieren einem, dass eine romantischen Komödie ein Hardcore-Porno ist. Wenn aus Trennung mit Hindernissen die richtigen Szenen mit Jennifer Aniston ausgewählt und auf das Cover gepackt werden, käme es dieser Vorstellung schon relativ nah. Einfach noch ein paar nicht-jugendfreie Trailer als Beigabe, dann klappt es auch mit der erwünschten Freigabe und die Kasse klingelt ordentlich. Zu welchem Preis ist ja offensichtlich schnurz.