Die Rolle des Körpers im Film

15.04.2014 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
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moviepilot/Warner Bros.
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Heute stellt moviepilot-Userin Aruea die Speakers’ Corner ganz ins Zeichen des menschlichen Körpers und welche Funktionen er im Film erfüllt – ob tot oder lebendig, mutiert, perfekt oder normal.

Der Diskurs um den menschlichen Körper wird zu einem großen Teil medial angefeuert. Castingshows zeigen dem Zuschauer, wie er auszusehen hat, andere Sendungen operieren sich die Menschen so zurecht, wie sie aussehen wollen. Man kann übergewichtige Menschen wöchentlich dabei beobachten, wie sie sich vor der Kamera und für ein Millionenpublikum degradieren lassen. Die Vermutung liegt nahe, dass der Mensch sich für Körperlichkeiten irgendwie interessiert.

Doch wie sieht es mit dem Körper abseits von Scripted Reality in Film und Serie aus? Was leistet er, wie wird er benutzt? Damit soll sich dieser Artikel auseinandersetzen. Dabei eröffnet sich ein vielfältiges Arbeitsfeld, aus dem ich drei Schwerpunkte herausgesucht habe. Es handelt sich um Horror, Superhelden und Biopolitik.

Horrorfilme können dem Körper des Zuschauers einiges an Reaktionen entlocken, beispielsweise wenn man sich erschreckt. Der Körper kann aber auch Handlungsträger für einen Horrorfilm sein, das Genre nennt sich dann schlicht Bodyhorror. Superhelden schalten die gängigen Regeln der Körperlichkeit ein ums andere Mal aus, wenn sie fliegen, aus Gummi bestehen oder durch Wände gehen können. Und wenn man sich am Konzept der foucaultschen Biopolitik entlanghangeln will, so stößt man eventuell auf Filme, in denen die menschliche Population mit allerhand Mitteln kontrolliert und optimiert wird.

Horrorfilm – Uncanny Zombies und Bodyhorror

Fangen wir also mit dem Horrorfilm an. Neben den schon erwähnten Reaktionen, die ein guter Horrorfilm dem Zuschauer entlocken kann, spielt der Körper an sich im Horrorfilm oft eine zentrale Rolle. Zombies in all ihren Formen sind bereits tote Körper, die sich irgendwie nicht so verhalten, wie eine anständige Leiche das tun würde. Es handelt sich zwar im Prinzip um einen menschlichen Körper, doch fehlt ihm scheinbar die Menschlichkeit. Übertragen wir die Uncanny-Valley-Theorie auf den Horrorbereich, so sind die Zombies gruselig, weil wir in ihnen Menschlichkeit erkennen, diese ist aber grade so verzerrt, dass sie nicht eindeutig als menschlich einzuordnen ist. Auch wenn es Teeniefilme gibt, die einem Anderes vermitteln wollen, man kann sich mit einem Zombie nicht unterhalten. Sie sind brutal, gemein, gefährlich, fressen sogar Kinder und man kann ihnen nicht erklären, dass Gesellschaft so einfach nicht funktioniert, weil sie für eine Diskussion einfach nicht zu haben sind. Ansteckend sind sie auch noch. Natürlich könnte man jetzt argumentieren, dass sich auch Menschen bisweilen so verhalten, aber hier geht es ja um den Film. Andererseits sind Zombies eine verlässliche Sache. Schlurfen vor sich hin, denken allerhöchstens an ihr nächstes Essen und auch sonst scheinen sie nicht allzu viel nachzudenken. Natürlich gibt es auch hier Ausnahmen, so sind die Zombies in 28 Weeks Later recht schnell unterwegs, und in Land of the Dead entwickeln sich auch die Zombies weiter und lernen dazu.

Der Körper kann ebenfalls als Instrument im Horrorfilm dienlich sein. Einer der gruseligsten Momente meiner Kindheit war die Chestburster-Szene aus Alien – Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt, nicht wegen des Aliens, sondern wegen den so extrem dargestellten Qualen, welche das Crewmitglied durchlitt, während das Alien sich aus seinem Körper befreite. Es tat beim Zuschauen weh, wie man so schön sagt. Steht die Veränderung oder Zerstörung des Körpers im Mittelpunkt, so spricht man von Bodyhorror. Bereits 1958 erschien mit Die Fliege ein Film, der diesem Subgenre zuzuordnen ist und 1986 ein Remake von David Cronenberg, oft als Meister des Bodyhorrors bezeichnet, bekam. Die Angst vor dem „anderen“ Körper geht also in filmischer Hinsicht schon eine ganze Weile zurück und ist nie ganz verschwunden.

In letzter Zeit machte das Genre mit Filmen wie Human Centipede – Der menschliche Tausendfüßler oder auch Thanatomorphose auf sich aufmerksam. Vermutlich dank immer besserer technischer Möglichkeiten und einem scheinbaren Bedarf seitens des Publikums, immer krassere Ideen geboten zu bekommen, darf man Frauen beim langsamen Verrotten bei lebendigem Leib oder aneinandergenähten, menschlichen Tausendfüßlern beim heiteren Treiben auf der Leinwand zusehen. Wobei besonderes bei Letzterem an sich nicht mal viel auf der Leinwand zu sehen ist, hier steht wohl wirklich eher die Idee im Vordergrund. Dies ändert sich dann mit dem zweiten Teil, der dafür in Schwarzweiß daherkommt.

Filme, in denen Menschen mutieren, sich als idealer Brutplatz für Insekten oder Parasiten erweisen, oder einfach nur verstümmelt werden, wie beispielsweise in Hostel, haben eine ganz eigene Form des Grusels an sich. Die eingangs erwähnten Zombies kann man erschießen, oder man geht einfach in schnellerem Tempo von ihnen weg. Richtige Vampire kann man in die Sonne locken, Werwölfe mögen kein Silber, und gegen Geister hilft der gute, alte Exorzismus auch zuverlässig. Aber wenn ein Insektenschwarm in dir nistet, du von innen verfaulst oder dir jemand auf möglichst kreative Art den Körper zerlegen will, während du betäubt bist, dann hast du ein Problem: Du kannst nicht viel dagegen tun. Bodyhorror funktioniert, weil er unausweichlich ist, und weil er das betrifft, was wirklich jeder hat: den Körper.

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