Die Filmanalyse zu Anna Karenina

10.12.2012 - 00:00 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
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Seit gestern können wir uns Joe Wrights Adaption des großartigen Tolstoi Werkes in den deutschen Kinos anschauen. Filmfreund Wolfgang M. Schmitt jun. hat das getan und wir dürfen uns wie jeden Montag an seiner eloquenten Kritik erfreuen.

Wenn es etwas mehr sein darf, ist Joe Wright der richtige Regisseur. Er eignet sich perfekt für die Verfilmung opulenter literarischer Gesellschaftspanoramen. Jane Austens „ Stolz und Vorurteil “ und Ian McEwans „ Abbitte “ boten schwelgerische Bilder, die aber stellenweise etwas zu parfümiert gerieten. Mit der Verfilmung des 1200seitigen Romans Anna Karenina von Tolstoi umgeht Wright diesen Angriffspunkt der Kritik. Das ist nicht nur sehr gewieft, das ist auch ein großes cineastisches Glück.

Die grandiose wie einleuchtende Idee, das Drama um die Ehebrecherin ins Theater zu verlegen, weil Tolstoi den russischen Adel von 1870 als eine Gesellschaft beschreibt, die sich stark an der französischen orientiert und diese nachzuahmen versucht, also nichts anderes tut, als Theater zu spielen, wird der weltliterarischen Vorlage gerecht. Der Roman ist durchzogen von französischen Redewendungen, in denen die Figuren parlieren und mit denen sie ihre Weltläufigkeit demonstrieren wollen. Überdies erlaubt die Inszenierung eines prächtigen Theaterstücks Wright eine äußerst szenenökonomische Umsetzung.

Das Problem bei früheren Karenina-Verfilmungen war, auch bei der legendären mit Greta Garbo aus dem Jahre 1935, daß die jeweiligen Regisseure ihr Augenmerk ganz auf die Titelfigur richteten. Doch schon der Titel führt in die Irre, denn auf ein paar hundert Seiten kommt Anna Karenina gar nicht vor. Tolstoi beschreibt verschiedene Sozialfiguren des damaligen Russlands. Nachdem Anna den Freitod gewählt hat, wird etliche Kapitel weiter das Schicksal des gott- und sinnsuchenden Lewins geschildert. Und der schnelle Szenenwechsel bei Wright ist schon in den kurzen Kapiteln von Tolstoi angelegt. Doch dieses Konstrukt kann nur durch eine Traumbesetzung zum Leben erweckt werden.

Und so spielt Keira Knightley eine zartfühlende, wunderschöne Anna Karenina, die sich in ihren Affekten expressiver als die Garbo gibt, ohne dabei die Aura des Geheimnisvollen preiszugeben. Aaron Taylor-Johnson legt den Liebhaber und Charmeur Vronsky als maskenhaften Verführer an und Jude Law als betrogener Ehemann wechselt eindrucksvoll zwischen Strenge, Güte, Verzweiflung und Brutalität.

Erfahrt mehr in der Filmanalyse mit Wolfgang M. Schmitt jun.
www.die-filmanalyse.de

Und hier geht es zum YouTube-Kanal der Filmanalyse.

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