Die Beatles-Filme - Schwachsinn ist die beste Methode

19.09.2016 - 08:50 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
Die Beatles in Yellow SubmarineApple/EMI Music
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Mit Ron Howards Doku Eight Days a Week bekommen wir derzeit im Kino einen detaillierten Einblick in das Tour-Leben der Beatles. Die Pilzköpfe waren früher auch in einigen Spielfilmen zu sehen. Warum diese verrückten Werke etwas ganz Besonderes sind, lest ihr hier!

Die Beatles waren schon ein verrückter Haufen. Mit ihrer damals regelrecht rebellischen Musik und ihrem unverwechselbaren Stil haben sie die Messlatte für andere Bands ganz schön hoch gelegt. Seit dem 15.09. sind die Beatles in Ron Howards Doku The Beatles: Eight Days a Week - The Touring Years zu sehen. Wer die 1960er Jahre auch außerhalb der Leinwand wieder auferstehen lassen möchte, kann das am 27.09. in der Grugahalle in Essen machen. Bei dem Erlebnisevent The Beatles - Eight Days a Week - The Experience gibt es Popgeschichte zum Anfassen. Weitere Infos findet ihr hier .

Neben Dokus haben Paul McCartney, John Lennon, George Harrison und Ringo Starr aber auch einige Filme vorzuweisen. Darunter drei Komödien, die völlig abgefahren, turbulent und vor allem oft ziemlich schwachsinnig daherkamen.

Musik in Szene gesetzt

Dieser Schwachsinn war aber für die damalige Zeit eine Innovation und hatte tatsächlich Methode. Das beginnt schon bei der Musik. Jeder der Beatles-Spielfilme enthält mehrere Beatles-Songs. Wie beiläufig haben die vier plötzlich Instrumente in der Hand. Die Lieder fließen immer gekonnt mit in den Verlauf des Films ein. Völlig egal, in welcher noch so verrückten Situation, die Musik ist gleichzeitig Triebwerk und Unterstützung. Nebenbei erfand dadurch A Hard Day's Night 1964 praktisch das Prinzip des Musikvideos, und in kommenden Filmen sollte sich dieses Prinzip wiederholen und weiterentwickeln. Diese musikalisch-filmischen Ideen beeindruckten und inspirierten zukünftige Regisseure von musikalischen Arbeiten wie beispielsweise Steve Barron noch für Generationen. Die Filme waren viel mehr als nur Bildwerk um Lieder herum.

A Hard Day's Night

Richard Lesters Vermächtnis

Der erste Beatles-Film überhaupt war der völlig neuartige, damals fast unerhört wilde A Hard Day's Night. Dieser Film wollte anders sein, denn zu der Zeit waren Pop- und Rockmusikfilme filmtechnisch wenig hochwertig. Das letztendliche Prinzip von A Hard Day's Night war einfach aber genial: Regisseur Richard Lester ließ allen Beteiligten eine gewisse Freiheit. Durch die daraus resultierende Verrücktheit löste er sich von gängigen Filmprinzipien. An unglaublich vielen Stellen wurde einfach mit dem gearbeitet, was sich durch Zufall ergab. Es wurde improvisiert. Die Beatles waren unberechenbar und Lester (wie er in Interviews grinsend zugab) wusste oft nicht so genau, was er gerade tat. Warum also an Grenzen halten? Es lebe der Blödsinn und der Freilauf für die Kreativität und das Surreale!

Und es funktionierte. Musiker und Filmemacher sind Kreativköpfe. Also bietet es sich an, wild zu experimentieren, wenn beide aufeinandertreffen. Besonders bei den Beatles, denn A Hard Day's Night sollte ihnen leicht von der Hand gehen. Er sollte ihren natürlichen Charme und durchgeknallten Humor, den Lester teilte, einfangen. Richard Lester führte den Zuschauer bei seinen Scherzen permanent auf Spuren, die völlig anders endeten als erwartet. Die Mischung aus völliger Absurdität, altklugen Kommentaren und - seien wir ehrlich - vollkommenem Blödsinn machte den verrückten Einfach-mal-machen-Humor zur Kunstform und damit salonfähig. Nicht zuletzt Terry Gilliam und die Monty Pythons wandelten später auf den Spuren von Lesters Vermächtnis.

Aber auch technisch entwickelte sich aus der Experimentierfreude viel Neues. Die erweiterte Freiheit ermöglichte ein geniales Spiel auf allen Ebenen: Mit Kameraeinstellungen, Tiefenschärfe und Perspektive bei den Musikaufnahmen zum Beispiel. Beim Schlusskonzert sollte aus sechs verschiedenen Winkeln gefilmt werden. Doch es gab keine sechs Kameramänner - also forderte Lester alle auf, Leute vorzuschlagen, die ein gutes Auge hatten. Am Ende verwarf er mehrere Aufnahmen eines professionellen Kameramannes, weil der nie die wirklich interessanten Momente eingefangen hatte. Stattdessen landeten Amateur-Aufnahmen im Film. A Hard Day's Night brach alle Regeln der Kunst und wurde dabei selbst zur Kunst.

George Harrison in Hi-Hi-Hilfe!

Bei Hi-Hi-Hilfe! wohnte der Zuschauer 1965 dann einer Evolution von A Hard Day's Night bei. Richard Lester ging noch weiter als bei A Hard Day's Night zuvor, denn er wollte diesmal mehr machen als "eine fiktionale Dokumentation", wie er den vorigen Film nannte. Der zweite Beatles-Film griff das geniale Kameraspiel des Vorfilms wieder auf, wurde aber noch extravaganter. Gerade der Blick durch die Lücken in einem Skistock oder den Hals einer Bassgitarre hinunter bleiben hier im Gedächtnis. Kameramann David Watkin konnte mit den diesmal farbigen Aufnahmen hervorragend herumprobieren. So sprühte jedes Detail vor Kreativität und Witz. Auch das Set wurde richtig irrwitzig: Das Haus der vier Musiker war ein Ausbund an architektonischer Fantasterei, mit einem Bett im Boden, richtigem Rasen und einer Kuh in der Wand. Selbst der Schnitt lief von selbst. Das Rohmaterial wurde John Victor-Smith in die Hand gedrückt mit der Aufforderung, damit zu machen, was er will. Am Ende wurde die erste Fassung nur an drei Stellen verändert.

Niemand Geringerer als Martin Scorsese fasste Richard Lesters Arbeit für das Booklet der remasterten DVD zu Hi-Hi-Hilfe! am besten zusammen:

Es war vor allem die Freiheit, das Gefühl, dass die Struktur des Films sich biegen und verdrehen ließ, um sich dem jugendlichen Geist anzupassen, [...] dass man mit Form und Struktur spielen konnte und so viele Regeln brechen konnte, wie man wollte, solange man einen starken emotionalen Kern hatte.
Buchstäbliche Pop-Art

Yellow Submarine erweiterte 1968 das Feld des kreativen Blödsinns ein letztes Mal. George Dunning machte da weiter, wo Richard Lester aufgehört hatte. Für damalige Verhältnisse war es mehr als gewagt, einen Zeichentrickfilm zu drehen, galt das Genre doch als Kinderunterhaltung. Aber die Macher ließen sich von so etwas auch diesmal nicht aufhalten. Die von Art-Director Heinz Edelmann und seinem Team geschaffenen Bilder waren damals eine kleine Revolution. Um das Gefühl der Musik und der Epoche einzufangen, sollte der Film alle paar Minuten völlig anders aussehen, was am Ende auch hervorragend gelungen ist. Es mochte psychedelisch wirken, doch durch das endgültige Loslösen von der Realität war die Bebilderung von Musik noch einmal effektiver und eindrucksvoller. Ein richtiges Skript gab es laut Produzent John Coates zu Beginn der Produktion diesmal gar nicht.

Yellow Submarine

Der vielleicht schönste Moment des Films ist das Zusammenspiel von Bild und Musik in einer Sequenz mit einer Mischung aus Fotografien und Zeichnungen zu Eleanor Rigby. Dies war ein sensationell neues Konzept, das zukünftige Zeichentrickkünstler immer wieder aufgreifen sollten. Auch in Terry Gilliams Cartoon-Arbeiten für die Monty Python-Filme wurde diese Technik verwendet. Die anfangs nicht unbedingt enthusiastische Band ließ sich schließlich von den Bildern und der Kreativität anstecken. So wurde Yellow Submarine zu einer Wechselwirkung aus Bildern, Musik und Liebe für die Kunst. In einem Interview zum Film brachte George Harrison den Film auf den Punkt: "Yellow Submarine ist einer von diesen Zeichentrickfilmen, die für immer bleiben."

Wie gefallen euch die durchgeknallten Beatles-Filme?

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