Deutscher Debütfilm Shahada im Wettbewerb durchgefallen

18.02.2010 - 09:15 Uhr
Shahada
Memento Films International
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Für den jungen Regisseur Burhan Qurbani ist es ein Erfolg, bei der Berlinale im Internationalen Wettbewerb dabei zu sein. Allerdings fragen sich einige deutsche Filmkritiker, was er dort zu suchen hat.

Shahada ist ein Episodenfilm, der von drei jungen Muslimen in Deutschland erzählt. “Shahada” ist eine der fünf Säulen des Islam und bedeutet: Entscheidung für einen Weg, ein Bekenntnis. Dieses Motiv nimmt der Film zum Anlaß, um auf drei Muslime zu schauen, die in eine Glaubenskrise geraten. Da ist Ismail, ein türkischer Polizist in Berlin, der nach einem dramatischen Unfall mit seiner Dienstwaffe seine vermeintliche Schuld abtragen will. Samir ist ein junger Mann aus Nigeria, der seine Homosexualität nicht mit dem muslimischen Glauben vereinbaren kann. Maryam wird nach einer Abtreibung immer radikaler in ihren religiösen Anschauungen. Ständig prallen die Weltbilder aufeinander.

Wie es sich anhört, ist Shahada ein Problemfilm, sogar ein typischer. Sieger im Internationalen Wettbewerb der Berlinale ist Shahada eindeutig, wenn es nach der Anzahl der Probleme geht, wie Hannah Pilarczyk im Spiegel festhält. “Für diesen bislang unentschiedenen Wettbewerb ist die Gewalt, mit der Autor und Regisseur Burhan Qurbani auf die erzählerische Tube drückt, aber zunächst wohltuend. Mit ähnlichem Tempo verliert man aber auch wieder die Lust, Burhan Qurbani auf seiner Hetzjagd durch das Leben von drei Berliner Moslems zufolgen. Ihre Probleme wirken fast ausnahmslos nach konterintuitiven Zuspitzungsformeln berechnet, die letztlich nur einen Eindruck vermitteln: Moslem in Deutschland zu sein, bedeutet Dauerausnahmezustand – immer Stress, immer Blut.”

Andreas Kilb von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung kann sich gut vorstellen, was die vielen Fördergremien an diesem Film gut finden. “Tatsächlich rührt jede dieser Geschichten an ein gesellschaftlich hoch relevantes Thema: Integration, Identität, Islam und was der Reizworte mehr sind. Aber ein Film, ein ganzer, wird dennoch nicht daraus. Denn der in Afghanistan geborene und in Deutschland aufgewachsene Regisseur hat anscheinend seine ganze Kraft dafür gebraucht, in jeder Szene filmisch alles richtig zu machen, so dass für die Feinarbeit an den Charakteren keine Zeit mehr blieb. Die Figuren sind hölzern, ihre Dialoge von der Art, die man in Drehbuchseminaren oft zu hören bekommt, und nur die iranische Schauspielerin Maryam Zaree, die die fanatisierte Tochter des Imams verkörpert, ragt weit aus dem fernsehgerecht inszenierten Einerlei heraus.”

Das ist zwar sympathisch, doch was fehlt, ist das Unerwartete, Verspielte, Zufällige, kritisiert Stefan Reinecke von der taz. “Gerade die episodische Erzählung braucht Öffnungen und die Geste des Schlenderns. Doch Shahada marschiert ängstlich entschlossen von A nach Z. Die Problemstellungen werden reißbrettartig entwickelt und zugespitzt. Bis in die Farbgebung hinein ist alles vorhersehbar, und die Symbolik hat etwas trostlos Eindeutiges. … Shahada hätte ein kleiner, rauer Migrantenfilm werden können. Merkwürdig, dass er wirkt wie das Klischee eines deutschen Problemfilms.”

Lukas Foerster bei perlentaucher kann dem Film als Bebilderung trockener Feuilletonsdebatten nicht viel abgewinnen. “Am Anfang werden die Problemfelder fein säuberlich abgesteckt: Islam und Homosexualität, Islam und Unterdrückung der Frau, Islam und Toleranz, Islam und Integration. Was nicht vorkommt, ist auch nur irgendeine Form von Alltag. Der Moslem in Deutschland lebt, so scheint es, in einem permanenten Ausnahmezustand, außerdem wird sein Leben an allen Ecken und Enden von Religion determiniert, als etwas, zu dem er sich auf die eine oder andere Art verhalten muss und zwar Tag und Nacht.”

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