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Das "Problem" mit meiner Generation und den Klassikern

13.11.2014 - 15:12 UhrVor 7 Jahren aktualisiert
2001, Scarface, The Godfather, Taxi Driver
MGM, Universal, Paramount, Sony
2001, Scarface, The Godfather, Taxi Driver
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Ich habe inzwischen schon des Öfteren bemerkt, dass es vielen Leuten übel aufstößt, wenn sich mal wieder herausstellt, dass ich diesen und jenen Klassiker nicht kenne. "Wie kannst du nur?" oder "Und du willst dich mit Filmen auskennen?" sind nur zwei der Erwiderungen, die ich oft zu hören bekomme.

Inzwischen habe ich nun entschieden, auf solche Äußerungen einfach nicht mehr einzugehen. Ich meine, erklären sich diese Lücken nicht eigentlich von selbst?

Dass die meisten Leute all diese Filme kennen, liegt schlicht und einfach daran, dass sie älter sind. Nicht, weil sie dadurch unbedingt mehr Zeit hatten, sondern eher, weil somit viele mit den ganzen Klassikern aufgewachsen sind, sie haben diese vielleicht im Kino gesehen und hatten die Chance, diese immer und immer wieder über die Jahre hinweg zu schauen.

Doch nicht bei mir. Da Filmklassiker grundsätzlich ein paar Jahre hinter sich haben müssen, um überhaupt erst als Klassiker bezeichnet werden zu können, liegt absolut jeder Film, den man heutzutage auch als Klassiker bezeichnen könnte, vor meiner Zeit. Und im Gegensatz zu vielen anderen, die die Filme vielleicht schon in ihrer Kindheit gesehen haben, mit ihnen groß geworden sind, und die sie über Jahre hinweg begleitet haben, sind sie für mich nur ein weiterer Film von Millionen von Filmen, die ich noch nicht gesehen habe.

Natürlich werden jetzt einige das Argument einbringen, dass es doch kein Problem sei, die Filme nachzuholen. Und ganz theoretisch gesehen ist es das wirklich nicht. Ich könnte mich jetzt täglich hinsetzten, und mir jeden Abend einen weiteren Klassiker vor Augen führen. Aber mal ganz im Ernst: Ist diese Investition der Zeit, die ich mit Filme schauen verbringe, wirklich sinnvoll? Ich denke nicht. Wer von euch, der mit den Klassikern aufgewachsen ist, hat denn damals schon nur Filme gesehen, die vielleicht 40, 50 Jahre alt waren? Seid ihr nicht auch ins Kino gegangen? Habt ihr euch nicht auch lieber die aktuellen Filme ausgeliehen, von Regisseuren, die gerade groß im Kommen waren? Von John Carpenter, von Sergio Leone, Stephen Spielberg, Francis Ford Coppola und vielen weiteren.

Was ich damit eigentlich sagen will: Ich hatte nicht die Chance, mit diesen Klassikern aufzuwachsen. Für mich sind all das Filme aus der Vergangenheit, die ich nachholen muss. Will. Und das tu ich auch. Ich habe eine riesige Liste mit Filmen, die ich noch schauen muss. Und diese wird mit der Zeit einer nach dem anderen abgearbeitet. Kleiner wird sie jedoch nicht, weil für jeden gesehenen Film ein neuer hinzukommt, den ich noch nicht kenne.

Trotzdem würde ich doch nie meine volle Aufmerksamkeit nur diesen Filmen widmen. Ich meine, nur weil es Klassiker da draußen gibt, die von allen hoch angesehen werden, die es sich lohnt, zu schauen, heißt es doch nicht, dass es nicht auch neue Filme gibt, die genauso gut sind. Ich weiß, da werden mir jetzt viele widersprechen. Nichts schlägt diesen Film, der Film ist und bleibt der Beste und alle neuen Filme sind sowieso uninspiriert, langweilig und viel schlechter. Nur ist hier das Problem, dass ein Film mit der Zeit eine völlig andere Wirkung auf einen entwickelt. Wer mit einem Film von Kind an aufgewachsen ist, empfindet diesen auf eine völlig andere Weise als jemand, der ihn zum ersten Mal sieht und oft sind diese Filme aus heutiger Sicht einfach nicht mehr so gut, wie aus damaliger, nach einer Entwicklung über Jahrzehnte hinweg. Natürlich sind viele der damaligen Filme absolut, und zwar wirklich großartig. Aber oft sind eben auch heutige Filme genauso großartig, auch wenn ihnen das oft abgesprochen wird und sie einfach nicht als das angesehen werden, als was die älteren Klassiker angesehen werden. Ihnen fehlen einfach die 'Jahre'. – "Ein Film ist wie ein Wein…"

Somit will ich einfach die heutigen Filme genauso miterleben, wie viele von euch damals die Klassiker miterlebt haben. Ich will mir den neuesten Skandalfilm anschauen, im Internet über den neuen Mindfuck diskutieren und interpretieren, oder meine Vorfreude und meinen Hunger auf einen bald anlaufenden Film mit einem Trailer nach dem nächsten immer ein Stückchen mehr stillen.

Ich will einfach nicht so viel Zeit nur in Klassiker investieren. Denn mit diesen kann man einfach nicht das Erlebnis (außerhalb des Filmes an sich) haben, das man mit aktuellen Filmen haben kann. Ich will in meiner Zeit leben, nicht in der Vergangenheit.

Natürlich werden auch die Klassiker immer einen Platz haben, denn auch auf diese Filme will ich keinesfalls verzichten. Dann würde ich definitiv den ein oder anderen absolut großartigen Film verpassen. Aber wenn man mit diesen Filmen nicht aufwächst, vergeht einfach seine Zeit, bis man die meisten von ihnen gesichtet hat. Und trotzdem wird es immer noch einen Film geben, den man noch nicht gesehen hat, es wird immer noch jemand kommen, und fragen: "Wie, du kennst diesen Film noch nicht?" Und selbst bei denen, die mit den Filmen aufgewachsen sind, würde ich wetten, dass es trotzdem noch genug Filme gibt, die auch ihr noch nicht kennt.

Also, wenn einer das nächste Mal kurz davor ist, sich vielleicht darüber zu beschweren, dass jemand diesen oder jenen Film noch nicht gesehen hat, denkt lieber nochmal kurz nach, gebt ihm den Film als Tipp mit auf den Weg und vor allem... lasst ihm Zeit. Das ist eigentlich alles, was nötig ist. Dann gibt sich das schon - mit der Zeit!

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