Einer der am sehnlichsten erwarteten Cannes-Filme in diesem Jahr ist ohne Zweifel Quentin Tarantino s Riff auf Kriegsfilme und Italowestern: Inglourious Basterds. Seit Monaten haben die Fans (und wir natürlich auch) jedes neue Bild, jeden Infofitzel von den Dreharbeiten begierig aufgesogen. Tarantino hat sein Versprechen wahr gemacht und den Film in nur einem Jahr heruntergekurbelt und geschnitten. Das ist im Vergleich zu den alten Italo-Exploitation-Filmern und B-Film-Helden wie Roger Corman zwar immer noch lahm, gemessen an Hollywoodverhältnissen aber dennoch recht flink.
Wir durften also gespannt sein, wie das Werk mit Brad Pitt als Anführer einer Truppe von Nazijägern, schließlich aufgenommen wurde. Heute ist der Film in Cannes gelaufen und die ersten Kritiken lassen ein gemischtes Vergnügen vermuten:
Baz Bamigboye schreibt in der britischen Daily Mail:
“Nicht genügend Skalps in Tarantinos sehnlichst erwarteten Inglorious Basterds. Obwohl der Film gut ist und viele spassige Momente besitzt, ist er eher geschwätzig als actionreich.
(…) Ein nostalgischer Tarantino, ganz sicher, aber ein bißchen mehr Wumms wäre wirklich glorreich gewesen.”
Begeistert ist hingegen Chris Hewitt von Empire Magazin
“Inglorious Basterds ist genauso eigenwillig wie die Schreibweise seines Titel. Ein wunderbar gespielter Film, der die Erwartungen ständig unterläuft. Es könnte das selbstbewussteste Drehbuch sein, das Tarantino bisher verfasst hat.
(…)
Der Film ist natürlich geschwätzig und es besteht kein Zweifel daran, dass Tarantino seine Figuren gerne reden hört, Aber QTs Dialoge sind um so vieles besser, als die von anderen Drehbuchschreibern, dass ich mich darüber nicht beklagen will.”
Die Kollegen von Fluctuat bemängeln, dass der Film eine falsche Erwartungshaltung erzeugt hat:
“Tatsächlich geht es im Drehbuch nicht um den Haufen blutgieriger, jüdischer Soldaten. Es konzentriert sich auf die Figur von Mélanie Laurent und das Pariser Kino, welches sie unterhält. Brad Pitt wiederum hat nur eine Nebenrolle, so kurz ist er auf der Leinwand zu sehen.”
Kirk Honeycutt vom Hollywood Reporter, war ebenfalls nicht so angetan vom Film und hielt seine Eindrücke gleich in einem kurzen Video fest:
Der Filmjournalist Michael Sennhauser hatte eher mit der moralischen Zweifelhaftigkeit des Nazischlachtens seine Probleme:
“Inglourious Basterds ist über weite Strecken recht unterhaltsam. Aber mit der zelebrierten zynischen Gewalt verrät Tarantino den Geist jenes Kinos, das er beschwört. Man kann ganz einfach nicht gleichzeitig naiv und wissend agieren. Was wir so lieben am brutalen Kino der 60er und 70er Jahre, ist seine Eindeutigkeit, seine Entschlossenheit und sein hippiemässiges Anrennen gegen den etablierten Moralkodex. Das hat Tarantino einst begriffen und mit Pulp Fiction umgesetzt. Jetzt will er seinen Kuchen behalten und essen zugleich. Mir hat das auf den Magen geschlagen.”
Die Meinungen gehen auseinander und wir dürfen weiter gespannt sein, bis wir uns endlich ein eigenes Urteil über Tarantinos neuste Eskapade bilden dürfen.