Serienschöpfer Brad Falchuk und Ryan Murphy präsentieren uns mit der vierten Episode der zweiten Staffel von American Horror Story wieder einmal sehr starke Folge, was nicht zuletzt an den neuen Gesichtern und Handlungssträngen liegt. Verzeiht mir diesen unprofessionellen Ausdruck, aber mit I am Anne Frank (1) erreicht die kranke Scheiße im Asylum ihren vorläufigen Höhepunkt. Nicht nur, dass die dunkle Vergangenheit von Dr. Arthur Arden (James Cromwell) aufgedeckt und mit dem düstersten Kapitel der Deutschen Geschichte in Verbindung gebracht wird und er eigentlich nach einem der charismatischsten Actionfilmbösewichten überhaupt benannt ist (oder umgekehrt?) – nein! Wir werden auch Zeuge einer Aversionstherapie, in der wir abwechselnd halbnackte Frauen und Erbrochenes vorgeführt bekommen. Und ganz nebenbei heißt es: Aufgepasst, Deutschlehrer! Ihr solltet in Zukunft vielleicht ein, zwei Kleinigkeiten in einer eurer klassischen Buchbesprechungen korrigieren.
Was passiert: Briarcliff Manor bekommt Zuwachs in Form einer jungen Frau, die nicht halb so hilflos zu sein scheint, wie sie vielleicht aussieht. Als sie nämlich in einer Bar mit antisemitischen Sprüchen belästigt wird, greift sie kurzerhand zur Glasflasche und schlitzt ihre Peiniger noch so weit auf, dass sie solche Äußerungen wohl so schnell nicht mehr tätigen werden. Dumm nur, dass genau dieses aggressive Verhalten einem eine direkte Fahrkarte nach Briarcliff beschert, wo die Jüdin Anne nun dem strengen Blick von Schwester Jude ausgesetzt ist. Dass es sich hierbei nicht um eine gewöhnliche Patientin handelt, ahnt die Oberaufseherin noch nicht. Doch als Dr. Arden die Bildfläche betritt, wird die wahre Identität des Neuankömmlings aufgedeckt: Sie ist die leibhaftige Anne Frank, die zu Zeiten des Zweiten Weltkrieges Arden schon einmal in Ausschwitz gegenüberstand. Als Arzt der Nazis und unter seinem damaligen Namen (Ladys und Gentlemen, jetzt kommt’s:) Hans Gruber (!!!) soll er laut Anne schon damals grausame Experimente an den Gefangenen durchgeführt haben. Da ist es natürlich nur noch eine Frage der Zeit, bis Anne den Zorn des Doktors auch in den Hallen der Anstalt zu spüren bekommt. Zuvor muss Arden allerdings die Polizei von seiner Unschuld überzeugen, die eine verängstigte Bordsteinschwalbe als Zeugin gegen ihn vorweisen kann.
Inzwischen ist der ambitionierte Psychiater Dr. Thredsen dabei, seine(n) Patienten zu analysieren und kann dabei durchaus Ergebnisse aufweisen. Kit Walker (Evan Peters) fragt sich nach den Gesprächen immer mehr, ob er vielleicht doch die grausamen Morde begangen und er es anschließend nur verdrängt hat. Er sucht Rat und Trost und findet diesen anschließend in Form von körperlicher Zuwendung bei Grace. Da Briarcliff Manor aber überall Augen und Ohren hat, bleibt dieser Liebesakt natürlich nicht unentdeckt. Als Strafe schlägt Schwester Jude prompt die Sterilisation beider Patienten vor, damit sie ja kein murder baby produzieren können. Schlechte Aussichten für unsere beiden Ausreißer, doch in dieser Episode durften sie ihre heiligen Körperteile vorerst behalten. Nicht bei sich halten konnte Lana (Sarah Paulson) ihr Mittagessen, das sie während einer Sitzung mit Dr. Thredsen im hohen Bogen oral in einem Eimer entleert. Thredsen weiß, dass Lana nicht in die Anstalt gehört und will sie mithilfe einer Aversionstherapie von ihrer Homosexualität heilen. Eine Infusion mit Brechmittel in Zusammenarbeit mit Bildern von spärlich bekleideten Frauen soll die Lösung sein. Als Krönung des Ganzen soll Lana sich berühren, während ein splitterfasernackter Mann unmittelbar vor ihrer Nase steht. Das ist dann auch für die hartgesottene Reporterin zu viel des Guten, die sich beim Anblick des Stolzes aller Männer auch völlig ohne Brechmittel übergeben muss. Thredsen bricht die Therapie zwar ab, doch schwört Lana trotz allem, sie mit sich zu nehmen, wenn er in ein paar Tagen die Anstalt verlässt. Ob Schwester Jude damit auch einverstanden ist, dürfen wir getrost anzweifeln.