Wo soll es hingehen, Dev Patel?

07.03.2015 - 09:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Dev Patel in ChappieSony Pictures Releasing
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Durch seine Rolle in Slumdog Millionär wurde dem talentierten Dev Patel die schwere Bürde eines festgelegten Charakters in Form des Klischee-Inders auferlegt. Er bemüht sich, Vielseitigkeit zu zeigen, und rutscht doch wieder ab. Wohin soll es gehen?

Wer an Dev Patel denkt, denkt an Slumdog Millionär. Dort liegt der große Nachteil, durch einen einzigen Film berühmt zu werden und sich nicht schleichend nach oben zu arbeiten. Vor Danny Boyles Oscar-prämiertem Drama war Dev Patel lediglich in der britischen Serie Skins – Hautnah zu sehen - und plötzlich stand er vor der Academy und hielt eine goldene Statue in der Hand. Seine Verkörperung des Wer wird Millionär-Gewinners Jamal brachte ihn ganz nach oben, und legte ihn gleichzeitig auf die Rolle fest. Dabei ist Dev Patel Brite, vor Slumdog Millionär war er nie in Indien gewesen.

Einer von wenigen

Patels Eltern stammen aus Nairobi, doch das Klischee, er müsse deshalb stets einen indischen Jungen spielen, durchkreuzte schon sein erster Auftritt in Skins, wo er einen Pakistani verkörperte. Als Europäer fragen wir uns: Wo ist der Unterschied? Doch für Inder und Pakistani liegen zwischen den Nachbarländern bekanntermaßen Welten. Etwa, als ob Franka Potente plötzlich für eine typische Französin gehalten wird.

Nach Slumdog Millionär steht Dev Patel also in einer Reihe mit den wenigen indischen Schauspielern, die es in Amerika zu Erfolg gebracht hatten, darunter Irrfan Khan, Kal Penn und, wer hätte es gedacht, Ben Kingsley, dessen Vater aus Indien stammt. Natürlich ist die Liste indischer Schauspieler in Amerika noch um einiges länger, doch befinden sich dort zumeist Namen, die, wie Dev Patel zum Zeitpunkt seines Oscar-Erfolgs, nur mit Klischee-behafteten indischen Rollen assoziiert werden. Ganz oben in der Liste stehen hingegen jene Darsteller, die sich aus dem Klischee herauswinden konnten, und mittlerweile zählt auch Patels Ex-Freundin Freida Pinto dazu. An seiner Seite wurde sie ebenso durch Slumdog Millionär berühmt, konnte jedoch direkt im Anschluss mit Woody Allens Hilfe ihr Portfolio ausbauen.

Vertraue niemals Shyamalan

Dev Patel machte wiederum den großen Fehler, sein Vertrauen in M. Night Shyamalan zu legen. Im bombastisch gescheiterten Versuch der Comic-Adaption Die Legende von Aang spielte er zwar nicht direkt einen Inder, jedoch den verstoßenen Prinzen einer durch indisch-stämmige Schauspieler vertretenen Nation. Die Rolle hätte dennoch sein Ausbruch aus dem Klischee sein können, sollte aber seinem Renommee gehörigen Schaden hinzufügen - nicht zuletzt durch seine Nominierung für die Goldene Himbeere. Aasif Mandvi, ein weiterer Kandidat der oben erwähnten Liste, fügte der Fehltritt derweil nur einen kleinen Dämpfer hinzu. Denn Mandvi, der in Die Legende von Aang Dev Patels Onkel spielt, konnte bereits auf genügend Erfahrung bauen, wohingegen Patel nur seine Rolle in Slumdog Millionär vorzuweisen hatte und schnell in die Schublade der Einweg-Schauspieler gesteckt wurde.

Also zurück zu den Anfängen. 2011 erscheint die Komödie Best Exotic Marigold Hotel, ein Wohlfühl-Film mit neuen Ansätzen. Regisseur John Madden schickt die alternde Avantgarde des britischen Schauspiels, darunter Judi Dench, Tom Wilkinson, Bill Nighy, Maggie Smith, Celia Imrie und Ronald Pickup, in den verdienten Ruhestand nach Indien, wo sie auf Dev Patels leicht hyperaktiven und stets palavernden Sonny treffen. Ihr eigentlicher Landsmann wird so zum Entertainment-Faktor, dem keine Vorurteile erspart werden. Aber immerhin: Dev Patel ist wieder auf dem Schirm der Produzenten.

Zurück im Geschäft

Auf diesen Erfolg kann der junge Brite aufbauen. In Cherry - Dunkle Geheimnisse schafft er es zu einer Nebenrolle an der Seite von James Franco, gleichzeitig bekommt er einen Part im TV-Hit The Newsroom, den er durch die gesamte Serie hindurch halten kann. Und keine der beiden Rollen rückt seine Herkunft in den Mittelpunkt. Wichtig ist zu unterscheiden, ob ein indisch-stämmiger Schauspieler eine seiner Herkunft entsprechende Rolle spielt, oder lediglich indische Klischees verkörpert. Die Abstammung der Person lässt sich nämlich kaum ignorieren, doch werden viele indische Schauspieler schnell auf die Darstellung der westlichen Vorstellungen eines Inders reduziert - wie zum Beispiel Kunal Nayyar, den die meisten wahrscheinlich nur als Raj aus The Big Bang Theory kennen.

Dev Patel hingegen steht nun vor einer Gabelung in seiner Karriere, und beschließt trotzig, beide Wege zu gehen: Für Best Exotic Marigold Hotel 2 wird er erneut zum nervösen Sonny aus Jaipur, in Chappie spielt er wiederum einen südafrikanischen Computer-Spezialisten, der es schafft, künstliches Bewusstsein zu entwickeln. Doch leider wiederholt sich die Geschichte: Während Best Exotic Marigold Hotel 2 ähnlich viel Charme wieder erste Teil aufweist, wird Chappie zum Reinfall. Und das traurigste dabei: Dev Patel spielt die einzig ernst zu nehmende Rolle in Neill Blomkamp Futurismus-Klamauk.

Die vielleicht letzte Chance

Ist er nun also für den Klischee-Inder prädestiniert, oder traf er bisher schlicht und einfach die falschen Entscheidungen, was seine Projekte anging? Zwei Kinofilm-Rollen stehen nun bevor, und beide zeugen von dem vielversprechenden Potential, seine Karriere weiter nach vorne zu treiben. Zwar ist in beiden Filmen das markante Merkmal seines Charakters die indische Abstammung, die Klischees könnten diesmal jedoch ausbleiben. Während Patel sich in Lion als Adoptivsohn von Nicole Kidman auf die Suche nach seinen wahren Eltern macht, verkörpert er in The Man Who Knew Infinity: A Life of the Genius Ramanujan den berühmten indischen Mathematiker Srinivasa Ramanujan, der ohne jegliche Vorkenntnisse zum Mathe-Genie wurde und an der Cambridge University enorme Beiträge zur heutigen Mathematik leistete. Hoffen wir, dass ihm diese Rollen gelingen und kein Neill Blomkamp daherkommt, um ihm einen kindischen Roboter vor die Nase zu setzen.

Was haltet ihr von Dev Patel? Steckt mehr in dem Slumdog Millionär, als er bisher zeigen konnte?

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