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Only Lovers Left Alive, oder doch nicht?

29.08.2015 - 09:00 Uhr
Ganz und gar mysteriös: Adam
Pandora Filmverleih
Ganz und gar mysteriös: Adam
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Im Rahmen der "Aktion Lieblingsfilm 2015" möchte ich euch mein erstes Mal mit meinem liebsten Film mit und über Vampire ein bisschen näher bringen.

Wenn ich heute darüber nachdenke, dann ist mir so vieles klar, hätte mir damals so vieles klar sein müssen. Ich hätte die Anzeichen bemerken können, doch wer von uns glaubt schon an das Übernatürliche, an so etwas wie Vampire? Ich habe nie daran geglaubt, bis ich Ihn kennenlernte. An diesem verhängnisvollen Abend, dieser sternenklaren Nacht in der mein Leben eine unerwartete Wendung nahm. Wie wenige Tage es doch waren, doch damals kamen sie mir vor wie eine Ewigkeit. Doch was wissen die Sterblichen schon von der Ewigkeit?

Wir trafen uns vor einigen Jahren in Detroit, mitten in der Nacht oder am frühen Morgen. Wie man es nimmt, schätze ich. Wenn man als Barkeeperin arbeitet verschwimmen Tag und Nacht, tauschen die Plätze. Aufgefallen war er mir schon vorher, und wie könnte er auch nicht auffallen? Groß, schlank, dunkle Haare. Alles an ihm schrie „geheimnisvoll“, zog mich magisch an. Er besuchte den Club selten, ich hingegen wohnte beinahe dort. Ich fand heraus dass er Musiker war, Adam nannte man ihn. Ich grinste vor mich hin, „Adam“. Wiederholte seinen Namen und fand, dass er sich perfekt ins Paradies einfügen würde. Später erfuhr ich dass er eine Frau hatte. Eva. Ihr Name war Eva. Wie passend. Sie lebte die meiste Zeit in Tanger. Einmal sah ich ein Foto von ihr, und ich war verzaubert. Sie war, über jeden Zweifel erhaben, die schönste Frau die ich jemals sehen durfte. Beinahe unwirklich schimmerte sie, wie ein göttliches Wesen, strahlte Weisheit und Erhabenheit aus, selbst wenn man nur ein Foto von ihr sah. Treffen konnte ich sie bisher leider nicht.

Adam mochte keine Aufmerksamkeit. Er verabscheute Groupies, aber er blieb manchmal bis der Laden schloss, saß gedankenverloren an der Bar. Er trank nie. So kamen wir ins Gespräch. Es war ein langsames annähern, er sprach wenig über sich. Nichts privates, hauptsächlich redete er über Musik. Ich erfuhr dass er Instrumente sammelte, lernte was er von sich preisgeben wollte. Hintergedanken hatte ich zu diesem Zeitpunkt schon keine mehr. Sicher, er war mir aufgefallen weil er so anziehend wirkte, auf diese unerklärliche Weise. Doch aus Anziehung wurde aufrichtiges Interesse. Dass etwas mit ihm nicht stimmte wurde schnell klar. Es war eine Form der Lebensmüdigkeit, im wahrsten Sinne des Wortes. Auch später erfuhr ich sein wahres Alter nie, doch er schien genug für viele Leben gesehen zu haben. Die Entwicklung der Menschen bereitete ihm Kopfschmerzen, und sein Interesse an der Interaktion mit anderen war beinahe nicht existent. Ich bildete für kurze Zeit eine Ausnahme. Ein Spielzeug, Ablenkung aus der tristen Monotonie des Alltags.

Eines Nachts nahm Adam mich mit, nachdem die Bar dichtmachte. Er hatte von seinem Auto erzählt, geschwärmt. Mehr als Scherz meinte ich, dass er mich gerne mal auf eine Fahrt mitnehmen könnte. Ich weiß nicht wer mehr überrascht war als er ja sagte, er oder ich. Wir fuhren durch das leere, nächtliche Detroit, ich genoss den kühlen Fahrtwind auf der Haut. Als Adam fragte ob ich seine Wohnung sehen möchte überlegte ich nicht lange. So wie Adam nicht dem entsprach was man unter „normal“ verstehen würde entsprach auch seine Wohnung keinen gewöhnlichen Standards. Eher erinnerte sie an ein privat geführtes Museum, irgendwo in einer Seitenstraße an der sowieso niemand vorbeilaufen würde. Gefüllt mit Kuriositäten. Alten Büchern, die diesen ganz bestimmten Duft verströmen. Mit Erinnerungsstücken für längst vergangenes, an das sich niemand mehr erinnern kann. Er ließ sich auf den spärlichen freien Platz auf das Sofa fallen und starrte mich an. Man hätte die Luft im Raum mit einem Messer zerteilen können, seine Augen wirkten im diffusen Licht beinahe schwarz. Etwas fremdes, mir unbekanntes lag in seinem Blick. Ich schreckte kurz hoch, wie aus einer Trance, doch ehe ich mich versah versank ich auch schon wieder im wohligen Gefühl absoluter Gleichgültigkeit.

Es war an diesem Ort egal wer ich bin, wer ich sein wollte, wer ich gewesen war. Langsam ging ich auf Adam zu, der mit halb geschlossenen Augen herumlag und mich beobachtete. Als ich mich setzte sprang er überraschend schnell auf, murmelte etwas und zauberte eine Flasche und zwei Gläser hervor. Das süßliche, fruchtige und schwere Aroma des Rotweins breitete sich aus als er mein Glas füllte. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, dass er eine andere Flüssigkeit in sein eigenes Glas goss. Sie war ebenfalls rot, und ich bemerkte wie ich diese Tatsache schon wieder vergas, noch während ich den Blick von dem Glas abwandte. Falls ihr nun auf intime Geschichten wartet: die gibt es nicht. Noch nicht. Wir verbrachten einige Abende gemeinsam, oder eher einige Morgen. Manchmal sahen wir uns ein paar Tage nicht, manchmal tauchte Adam zwei Nächte hintereinander auf. Wenn er da war wurde die Fahrt zu ihm, das Glas Rotwein und das gemeinsame herumliegen in seiner Wohnung zu unserem Ritual. Wir warteten gemeinsam auf den Sonnenaufgang, und irgendwann gingen wir in sein Schlafzimmer und verschliefen den Tag. Abends wachte ich auf, machte mich fertig und ging zur Arbeit.

Doch eines Nachts änderte sich Alles. Schon vorher fiel mir auf, dass Adam schwächer wirkte. Noch blasser als sonst, noch schweigsamer. Als er dem Club länger fernblieb suchte ich ihn in seiner Wohnung auf. Sein Gesicht war eingefallen, die Augen dunkel. Er konnte kaum sprechen, verweigerte aber ein Glas Wasser. Stattdessen zog er mich zu sich, erklärte mir was er wirklich brauchte. Ich dachte er würde Witze machen, doch nichts an seinem Gesicht, seiner angespannten Haltung deutete darauf hin dass „ich brauche dein Blut“ als Scherz gedacht war. Sein Griff um mein Handgelenk wurde fester und als ich seine kalten Lippen auf meiner Haut spürte wurde mir klar, was er war. Was er nicht sein konnte, aber trotzdem war. Ich versuchte meinen Arm von ihm wegzuziehen, doch es war zu spät. Seine Zähne drangen durch meine Haut, mir wurde schwindlig, schwarz vor Augen, es fühlte sich an als würde ein Orkan durch meine Ohren toben. Er hörte nicht auf von mir zu trinken, ich spürte wie er stärker wurde während das Leben aus mir herausfloss. Ich verlor das Bewusstsein, wachte kurz auf und spürte wie er mich ins Schlafzimmer trug. Ich lag auf dem viel zu großen Bett, kämpfte um jeden Atemzug, hatte das Gefühl dass die Luft im Raum nicht reichen würde um meine Lungen zu füllen. Meine Kehle war trocken, die Atmung wurde immer flacher. Er saß neben mir, hielt meine Hand. „Ich kann dafür sorgen dass es aufhört. Ich schulde dir etwas“. Ich wollte nichts von ihm, doch er kam näher, schnitt mit seinem Fingernagel eine kleine Stelle dort auf wo die Pulsadern bei den Lebenden schlagen. Ich wollte mich wehren, doch die Kraft fehlte, und so trank ich von seinem Blut.

Der metallische Geschmack ist gewöhnungsbedürftig, auch heute noch. Ich erinnere mich daran wie er mich im Arm hielt, mir über die Haare strich während ich meine letzten Atemzüge tat. Doch die Dunkelheit, die dann folgte war nicht von langer Dauer. Ich erwachte, es war Abend. Adam saß am anderen Ende des Bettes, sein Gesicht war von Trauer überschattet. Er erklärte dass er einen Fehler gemacht hatte. Dass er mir beibringen würde wie ich nun zurechtkommen würde, dass ich nicht bei ihm bleiben könnte. Meine Emotionen, die auf einmal so viel stärker waren, überrannten mich. Ich hatte sein „Geschenk“, wie er es nannte, nicht gewollt, nicht um dieses andere Leben gebeten. Doch ein Zurück gab es nicht, und selbst wenn man bereits tot ist verfügt man wenigstens für eine Weile noch über diesen Willen, weiter zu leben. Ich verließ Detroit, machte mich auf den Weg nach Louisiana, dort sollte es größere Gruppen von Vampiren geben. Adam werde ich nie vergessen, und manchmal denke ich an ihn. An das was hätte sein können. Alles was bleibt ist ein Foto, das ich immer wieder ansehen kann.

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Dieser Community-Blog ist im Rahmen der Aktion Lieblingsfilm 2015 entstanden. Wir bedanken uns ganz herzlich bei allen Medienpartnern und Sponsoren für diese Preise:




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