Timo Jacobs ist ein deutscher Regisseur und Schauspieler. Entdeckt wurde Timo von Regisseur Klaus Lemke, mit dem er "3 Minuten Heroes" und drei weitere Filme als Hauptdarsteller drehte. Jacobs arbeitet auch gerne hinter der Kamera. Anfang 2011 erschien sein erster Film, die Komödie Klappe Cowboy! . Für uns nahm er sich ein wenig Zeit um einige Fragen zu beantworten.
Interview mit Timo Jacobs
MW: Guten Tag, Herr Jacobs, gleich vorweg den Klassiker: wie sind Sie ins Filmbusiness gekommen?
TJ: Ach, das hat sich so ergeben. In meiner Hamburger Zeit traf ich auf einer meiner „Enflamed“-Parties den Filmemacher Klaus Lemke. Ich war an dem Abend auch DJ und Klaus bat mich, die Musik für seine Filmaufnahmen auszumachen. Ich stimmte dem nicht zu und trotz dieser eher unvorteilhaften Situation, bat er mir eine Rolle an und obwohl ich das noch nicht einmal wollte, kam es letzten Endes zu einer Zusammenarbeit. Irgendwie fand ich das ganze natürlich spannend und hatte sozusagen Blut geleckt. Der erste Film war ein Erfolg und am Ende drehten wir insgesamt vier Filme in Hamburg. Diese Zeit war die prägendste Zeit.
Klaus entwickelte seine Filme anhand unserer Geschichten. Da es in dem Fall hauptsächlich meine Geschichten waren, lernte ich schnell, wie der Hase laufen kann, wollte es dann aber nochmal genauer wissen und bin nach einigen Jahren Zusammenarbeit nach Berlin gegangen und habe eine Schauspiel-Ausbildung dran gehangen.
Parallel flatterten ab und an Angebote rein und ich nahm alles mit. Die Beharrlichkeit zahlte sich aus. Es kamen immer bessere Angebote, bis ich dann aus reiner Spielfreude nach einigen Kurzfilmen meinen ersten eigenen Langfilm realisierte: „Klappe Cowboy!"
MW: Erzählen Sie uns von Ihrem aktuellen Projekt „Mann im Spagat: Pace, Cowboy, Pace“.
TJ: Die Hauptfigur ist Cowboy aus meinem ersten Film „Klappe Cowboy“. Mittlerweile ist er Chef der „Agentur für Weltatem“ im Chapter Kreuzberg. Der Allrounder ist älter, aber nicht schlauer geworden, jedoch hat er dem Überfluss abgesagt und kurbelt nun nachhaltige Projekte an. Ja, er kurbelt! Sein Freischwingerwasser muss in Bewegung bleiben, denn nur so entstehen mit Hilfe der Freischwingermaschine herzchenförmige Wasserkristalle. Trinkt man das Freischwingerwasser, öffnet man sich der Liebe. Cowboy will die Welt zu einem besserem Ort machen, doch daran zweifelt die Zentrale und schickt die Agentin Fey Van Sweden, um seine Projekte zu prüfen.
Der Film ist eine äußerst absurd-ernste Komödie und Cowboy leidenschaftlich; ob als Allergiker, Filmemacher, Stuntman, Wadenbeißer, Liebender - ein typischer Savant eben, aber - hat er verstanden, was die Welt im Innersten zusammenhält?
Ist er wirklich ein Astral-Surfer, ein Freischwinger für den Weltatem, ein Zuvielgerufener, der „Messias vom Kreuzberg“? Er ist absolut davon überzeugt, dass die Antworten schon mit den Fragen beantwortet sind und hilft bei den Problemen, von denen bisher noch niemand etwas wusste. Aber natürlich hat er auch Feinde, die sich seine Selbstherrlichkeit nicht gefallen lassen, sodass er es mit Tschik Mac Queen, dem Teufel vom Hermannplatz und vielen anderen zu tun bekommt. Aber Cowboy wäre nicht Cowboy, wenn er dafür keinen Ausweg wüsste und so veranstaltet er eine Fahrradrallye mit Berlingestörten, um seinen Feinden zu beweisen, was er alles auf sich nimmt, um den Weltatem zu reinigen.
Doch die Rallye hat noch einen weiteren Grund. Diese Rallye ist eine Charity-Veranstaltung und damit die wichtigste Auflage, die er erfüllen muss, um für seine Mutter endlich den innigst von ihr ersehnten Platz in der phänomenalsten Seniorenresidenz der Stadt, dem sogenannten SohoSavoyRitz zu bekommen. Dort und zwar nur dort ist diese einzigartige Hologramm Show, in der King sogar persönlich vorbeikommt und ihre Lieblingslieder singt!
MW: Wie erfolgreich war „Klappe Cowboy!“? Was war bisher die größte Herausforderung für Sie als Regisseur?
TJ: „Klappe Cowboy“ war ein nationaler, sowie internationaler Filmfestival-Erfolg. Was an der skrupellosen Selbstironie liegen könnte. Damit meine ich unter anderem die Umstände, dass er dem Prozess des Filmemachens einen Spiegel vorhält und ein skurilles, charmant zwinkerndes Abbild der Realität zeigt. Wobei er nicht moralisch bewertet, sondern eher die Sinnlosigkeit der Normalität zelebriert. Da viele Filmbegeisterte speziell das Absurde dieses Prozesses kennen, ist der Film in der Szene zum Hit geworden.
Für Aussenstehende ist dies zwar nachzuvollziehen und amüsant, aber einige Jokes zünden halt eher bei Leuten aus der Branche, da sie ähnliche Situation erlebt haben. „Klappe Cowboy" wurde kein kommerzieller Blockbuster, sondern viel eher ein Arthouse-Indie-Goldie. Grundsätzlich geht es mir beim Filmdreh nicht um den Erwerb von wertlosem Papier, welches wir Geld nennen. Vielmehr geht es mir um den Verdienst, den Zuschauer anzuregen um eine tiefschürfende Wertigkeit des Lebens zu begreifen.
MW: Wie bereiten Sie sich auf die Dreharbeiten vor?
TJ: Ich mache meine Hausaufgaben und gehe dann auch gern mit den Schauspielern auf Entdeckungsreise, bevor ich mit meiner Regie zuschlage. Je nach Zeit und Umstand, aber ich schätze den Jazz bzw. den Jive der Intuition. Sobald das Korsett gut geschnürt ist, fühlt man sich bereit und weiß, was zu tun ist. So weit, so sicher, doch ab da heißt es dann: laufen lassen!
MW: Welche Beziehung haben Sie als Regisseur zu ihren Schauspielern?
TJ: Ich führe eine leidenschaftliche Beziehung, bin aber nicht verheiratet.
MW: Wie bereiten Sie sich auf eine komplexe Film-Rolle vor?
TJ: Hmm, auf unterschiedlichste Arten. Ich arbeite daran, zurechtzulegen und auszuprobieren, was ich brauche, um dort hinzukommen, wo ich hin möchte. Dazu recherchiere ich und suche bei mir selbst, um der Rolle meine Wahrheit und meine Haltung zur Welt zu geben. Das bedarf der Recherche-Arbeit, sich die Umstände und die Situation der Figur klarzumachen. Ist diese Arbeit getan, wirft man alles wieder über Bord, eine der Aufgaben des Steuermanns einer Figur ist, sozusagen der Balanceakt zwischen dem Eros und dem Archaischem der Natur.
MW: Welche Rollen würden Sie am liebsten mal spielen und weshalb?
TJ: 007 wäre gut für meine Karriere. Das würde mir gefallen. „00 Schneider" kann leider nur Helge. Ich wäre gerne mal Brandstifter und Feuerwehrmann in einer Person.
MW: Was sind Ihre nächsten Filmprojekte?
TJ: Es ist einiges im Argen oder anders gesagt, es rappelt in der Kiste, doch ich traue mich noch nicht die Kiste zu öffnen. Wer weiss, vielleicht ist es die Box der Pandora?! Die könnte ich im Moment nicht wirklich gebrauchen. Noch befinde ich mich in der Postproduktion von "Mann im Spagat". Ich denke, je mehr man über seine Projekte redet, desto mehr können sie an schöpferischer Kraft verlieren, ich gacker nicht so gern auf noch ungelegten Eiern.
MW: Welcher Ihrer Film-Drehs war für Sie der schönste und warum?
TJ: Es gibt viele schöne Momente von denen ich zehre und es wäre nicht nur schwierig, sondern unfair von diesen Türmen des Glücks Einen über den Anderen zu erheben.
MW: Nennen Sie uns bitte Ihren Lieblingsfilm oder auch Ihr/e Lieblingsschauspieler/in.
TJ: Da möchte ich mich nicht festlegen da sich dies ständig ändert, aber gut, einige stehen fest, ich überlege mal eben laut. Meine Evergreens sind „Citizen Kane" von und mit Orson Welles, die „Filzlaus" von Edouard Molinari mit Lino Ventura und Jacques Brel, „On the Waterfront“ mit dem jungen Marlon Brando, Pierre Richard in „Der große Blonde mit dem schwarzem Schuh“, Jean Seberg in „Außer Atem“, Robert Mitchum in „The Night of the Hunter“, „The Party“ von Blake Edwards sowie alles von Billy Wilder. Aber genauso bekomme ich Gänsehaut, wenn ich an das letzte Bild in Casablanca denke. Dann gibt es da noch „Singing in the Rain“ mit Frank Sinatra, haha, und „La Strada“ von Fellini. „Tears of the Black Tiger“ ist fantastisch, eine Art thailändischer Western à la „Gone with the Wind“. Aktuelle spannende Grössen sind unter anderem Spike Jonze, Jim Jarmusch, François Ozon oder auch Harmony Korine. Der beste Film des Jahres war „Birdman“ von Alejandro González Iñárritu, einfach magisch. Heute hab ich „Victoria" von Sebastian Schipper gesehen und nun glaube ich erneut an den Deutschen Film. Dann kommt mir noch Alejandro Jodorowsky in den Sinn, anderes Thema, aber seine Filme sind „überirdisch“ sie irritieren durch phenomenale Bilder, eine mehr als angenehme Art Kausalität als den Zusammenhang eines Ganzen zu verstehen.
Irritieren kann auch der Japaner Sion Sono sehr gut, es ist zwar eher unangenehm die Filme zu schauen, zumindest war es so bei „Cold Fish“, aber diese Farben und Fülle, ich habe das Gefühl, er verändert etwas, so wie es Tarantino mit Pulp Fiction tat, nur es geht weiter, tiefer in die Abgründe, und obwohl ich jetzt nicht verrückt danach bin, seine Filme haben eine verwirbelnde Sogwirkung, verflixt ist das.
MW: Was machen Sie neben Ihrer Berufstätigkeit?
TJ: Mein Beruf begleitet mich ständig. Da etwas zu trennen, wäre mir zu leidenschaftslos.
MW: Welche Hobbys haben Sie?
TJ: Ach, schön, eine Frage für das Poesiealbum. Hmm, Sport lüftet mir den Kopf. Ich war lange im Extremsport unterwegs, sodass mein Körper sich leider an Unmengen von Adrenalin gewöhnt hat. Das ist wohl einer der Gründe, warum ich gerne auf meinen Grenzen balanciere. Das bereitet mir einfach ungefilterte, aufrichtige Freude, fast so wie das Kochen. Sie haben bestellt, hier ist der Salat. Ich hoffe, es mundet. Guten Appetit.
Vielen Dank für das tolle Interview. Michael Wald