Der türkische Regisseur Semih Kaplanoglu ist ein gerngesehener Festivalgast, besonders mit seinen Filmen Yumurta (2007) und Süt (2008) hat er für Aufmerksamkeit gesorgt. Sein Film Bal – Honig, der im Wettbewerb der Berlinale läuft, ist der Abschluss seiner Trilogie, zu der auch die beiden anderen Filme gehören. Erzählt wird von Yusuf, seinem Erwachsenenleben, seiner Jugend und nun seiner Kindheit. Er wächst in Anatolien auf und plagt sich mit der Schule und den Mitschülern. Geborgenheit gibt ihm seine Familie. Doch ein geheimnisvolles Bienensterben bedroht die Existenz der Imker und der Vater beschließt, seine Bienenkörbe in einem schwer zugänglichen, gefährlichen Teil des Gebirges aufzustellen. Als er nicht zurückkehrt macht sich Yusuf auf, den Vater zu suchen. Für die Filmkritiker ist Bal – Honig einer der großer Favorit auf den Goldenen Bären.
Detlef Kuhlbrodt von der taz ist beeindruckt von Bal – Honig durch eine nie aufgesetzt wirkende Wortkargheit und wunderschöne Naturaufnahmen, “großartig komponierte Bilder von Innenräumen, durchgehend angenehm zurückhaltend agierende Schauspieler und eine richtig gute Tonspur. Wie schön sieht es aus, wenn sechsjährige Kinder rennen! Es ist ein sehr meditativer Film, in dem Sinne, dass Meditation ja mit Langeweile beginnt, die der Geübte auszuhalten gelernt hat. Manchmal beißt man sich auf die Lippen, aber es lohnt sich. Der viel im Halbdunkel spielende Film zeigte dem Berlinale-Palast auch seine Schwächen auf. Die Notausgangsschilder zerstörten manche Bilder.”
Endlich, schreibt Christina Tilmann im Tagesspiegel. Der Filmemacher Semih Kaplanoglu “hat, so viel ist leicht vorherzusagen, damit einen der schönsten, dichtesten Filme dieses Festivals gedreht – aus ganz unspektakulären Ingredienzen komponiert. Endlich ist da, nach tagelanger Depression, ein Film, der träumen lässt, der das eigene Sehen, Empfinden zum Schwingen bringt, in einer so weiten wie stillen Welt. Es fühlt sich an wie Wind, wie Sauerstoff, nach allzu langer Konservenluft. Oder wie Sonne, die durch den Wald aus wunderbar turmhohen Bäumen fällt. Bislang war zu viel Unterholz.”
Lukas Foerster von perlentaucher":http://www.perlentaucher.de/berlinale-blog/122_fuehrt_in_die_dunkelheit%3A_semih_kaplanoglus_%27bal%27 kann den Bal – Honig in keine Kategorie stecken. “Kindheitsfilme gibt es wie Sand am Meer, Dorffilme auch. Bal – Honey ist beides, aber hinreichend katalogisiert ist der Film deshalb noch lange nicht. Denn es zieht seine Bilder und seine Erzählung in keines der naheliegenden Register. Arthaus-Dorfkitsch ist das schon gleich gar nicht, aber eben auch kein Morality Tale, keine Coming-of-age-Geschichte und auch kein reiner Erinnerungsfilm, keine wütende Abrechnung und auch keine nostalgische Sehnsucht.”
Peter Uehling von der Berliner Zeitung lobt besonders den kleinen Hauptdarsteller. “Bora Altas spielt den Jungen in rührend schmalschultriger Weise, ein träumerisches, freundliches Kind, das aufgrund seines reichen Gefühlslebens nicht zur schnellen Datenverarbeitung taugt. Die Bilder der Natur stehen zu Yusufs Seelenleben weder in einem altbacken symbolistischen noch in einem expressiven Verhältnis: Hügel, Wald, Tal und Fluss sind Yusuf ein schweigendes Gegenüber, eine Wesenheit, die jede Bewertung souverän ablehnt. Da der Film auf Handlung weitgehend verzichtet, wird die Schönheit zur tragenden Größe, wenn es darum geht, den Zuschauer zu fesseln.”
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