Ich, Die Maske des Roten Todes & knallbunter Satanismus

03.03.2015 - 08:50 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Die Maske des Roten TodesKoch Media
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Mit Die Maske des Roten Todes schuf Roger Corman eine Edgar Allan Poe-Adaption, deren Ausstattung ebenso knallbunt ist wie ihre Weltsicht nüchtern. Inmitten des Schauerstückes brilliert Vincent Price als gnadenloser Satanist.

Roger Corman hat sich zwar vor allem als Billig-Filmer einen Namen gemacht, beginnend mit Der Untergang des Hauses Usher brachte er aber auch ganze acht grandiose Edgar Allan Poe-Adaptionen in die Kinos der 1960er-Jahre. Unter diesen nimmt Die Maske des Roten Todes, auch bekannt als Satanas - Das Schloß der blutigen Bestie, einen ganz besonderen Platz in meiner Schauerfilm-Bestenliste ein, denn vom ersten Ton des Vor- bis zum letzten Bild des Abspanns mischt er fieberträumende Psychedelik mit einer gnadenlos nüchternen Weltsicht.

In einer kargen, öden Landschaft schleppt sich ein altes Mütterchen einen Hang hinauf, auf dessen Gipfel schon eine ganz in rot gewandete Gestalt sitzt, auch das Gesicht von einer Kapuze verborgen. Nachdem der Fremde eine weiße Rose im Handumdrehen blutrot gefärbt hat, reicht er ihr die Blume mit den Worten "Trage sie in dein Dorf, und sage den Leuten, der Tag ihrer Erlösung steht bevor."

Gequält werden die Dorfbewohner nämlich von Prinz Prospero (Vincent Price), seines Zeichens Satanist, der seine Folterspielchen kühl berechnend wie ein sadistischer Zirkusdirektor inszeniert. Nachdem im Dorf aber der Rote Tod ausbricht - eine tödliche, pestartige Krankheit - müssen Prospero und seine Gäste sich in seinem Schloss verschanzen, wo er einen großen dekadenten Maskenball veranstaltet.

Zur Unterhaltung hat sich Prospero nicht nur zwei kleinwüchsige Künstler - Esmeralda (Verina Greenlaw) und Hop Toad (Skip Martin) - aus einer anderen Poe-Geschichte geborgt, sondern auch die junge Francesca (Jane Asher) aus dem Dorf entführt, um sie zum Satanismus zu bekehren. Während das Fest seinen Lauf nimmt, wird aber immer klarer, dass nicht nur Prosperos Geliebte und Mit-Satansjüngerin Juliana (Hazel Court) von der Konkurrentin wenig begeistert ist. Auch ein ungebetener Gast verschafft sich Zugang zum Schloss...

Warum ich Die Maske des Roten Todes mein Herz schenke
Von allen Poe-Adaptionen Roger Cormans ist Die Maske des Roten Todes die gleichzeitig stilisierteste wie stilvollste: Ebenso wie das Gewand des Roten Todes wird auch Prosperos Schloss von knalligen Farben geschmückt: Kerzen, Flaggen, Gewänder, allesamt grün, blau, gelb, lila. Der Prinz hat sogar eine Reihe von sensorischen Folterkammern parat, die ihre Insassen nur durch ihre Farbgebung zu quälen vermögen: "Mein Vater hat einen Freund in diesem Raum drei Jahre lang eingesperrt", erklärt Prospero Francesca selig lächelnd in einem ganz und gar gelben Zimmer. "Als er freigelassen wurde, konnte er den Anblick der Sonne nicht mehr ertragen."

Prosperos besondere Finesse im Quälen seiner Opfer, die fast schon leidenschaftlose Freude an der Folter, wird von Vincent Price mit für ihn äußerster Zurückhaltung zelebriert. Hier gibt es kein Augenzwinkern, das den Zuschauern vermittelt, dass ja alles nur Spaß ist. Nein, die unter anderem vom Twilight Zone-Autor Charles Beaumont verfassten Dialoge befassen sich ebenso ernsthaft wie geschliffen mit den letzten Dingen, den Fragen nach Leben und Tod, Gott und Teufel, Menschlichkeit und Unmenschlichkeit. In seinen Gesprächen mit den so unterschiedlichen Frauen Francesca und Juliana offenbart Prospero dabei eine Weltsicht, die einen bis ins Mark erschaudern lässt.

Warum auch andere Die Maske des Roten Todes lieben werden
Die Maske des Roten Todes besticht aber nicht nur durch philosophische Wortgefechte. Im völligen Gegensatz dazu stehen Prosperos vergnügungssüchtige, dummdreiste adelige Partygäste. Sie sind nur zu gerne bereit, andere herabzuwürdigen und sich von ihm erniedrigen zu lassen: "Sei ein Schwein! Ein Wurm! Ein Esel!", ruft er ihnen zu, und sie grunzen, winden sich und blöken.

Von Menschlichkeit haben sie hingegen noch nie etwas gehört, wie auch offenbar wird, als die Tänzerin Esmeralda den Weinkelch eines Gastes aus Versehen umstößt, und er sie dafür sogleich schlägt. Hop Toads Rache an diesem Alfredo ist dann später ebenso grausam real, wie Prosperos Gedankenspiele flüchtig sind. Dazwischen existieren Julianas Halluzinationen während ihrer Initiation in den Satanskult, bei der ihr wüste historische Archetypen ans Leder wollen.

Warum Die Maske des Roten Todes die Jahrzehnte überdauern wird
Hat Die Maske des Roten Todes einen schon von Anfang an durch die hypnotische Stilisierung in seinen Bann geschlagen, Nicolas Roegs Kamera das Geschehen elegant per Weitwinkel durchs Schloss gleitend eingefangen, Vincent Prices Prospero die schauderhaftesten Ansichten geäußert und Taten vollbracht, setzt die Endsequenz dem nochmal die (naturgemäß ein wenig SPOILER-haltige) Krone auf: Als Prospero erkennt, wer es denn tatsächlich ist, den er für seinen teuflischen Herrn und Meister gehalten hat, ist es auch schon zu spät: Es beginnt ein letzter, grausig-stummer Tanz seiner Ballgäste, erst langsam, dann immer schneller und schneller, dem auch Prospero letztendlich nicht entkommen kann.

Schon zuvor wurde er aber durch die Versicherung des Fremden erschüttert, dass für seine jahrzehntelang gepflegten Überzeugungen keine Grundlage existiert: "Jeder erschafft seinen eigenen Gott - seinen eigenen Himmel, seine eigene Hölle." Damit nicht genug, schließen sich in der letzten Einstellung dem Roten noch zahlreiche weitere Tode an, ihre Strichlisten vergleichend. Dem Tod entkommt eben niemand, was er auch tun, was er auch glauben mag.

Hat euch die Maske des Roten Todes auch so gut gefallen?

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