Dirk Bach tot = 'gefällt mir'?

06.10.2012 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Daumen hoch oder Daumen runter für den Button?
Polyband/moviepilot
Daumen hoch oder Daumen runter für den Button?
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Nicht immer braucht es sprudelnde Galle, um seinem Ärger Luft zu machen. Ab und zu genügt auch ein schlichter Hinweis, der unter Umständen eine Debatte anstößt.

Die Welt dreht sich stetig weiter, und es ist auch nicht sinnvoll, ein Ereignis immer und immer wieder aufzugreifen. Dass an dieser Stelle aber trotzdem wieder der Tod von Dirk Bach thematisiert wird, hat berechtigte Gründe, denn sein Ableben machte nur wieder deutlich, wie das Netz funktioniert und welche Probleme es dort gibt.

Der berüchtigte Like-Button (oder auch “gefällt mir”-Knopf) steht diesmal im Mittelpunkt beim Aufreger der Woche.

Der Streit um den Knopf
Der plötzliche Tod von Dirk Bach war vor wenigen Tagen das beherrschende Thema. Nachrufe gab es zuhauf, die meisten davon waren dem Anlass angemessen formuliert und gaben sich nicht die Blöße, als pietätlos zu gelten. In der Online-Welt gab es allerdings trotzdem reichlich Grund zur Diskussion, so wie es immer wieder zum Disput kommt, wenn irgendetwas Schlimmes geschieht: Wie soll mit dem Like-Button verfahren werden? Oftmals wird denjenigen Unverständnis entgegengebracht, die auf den Knopf drücken. Die Unterstellung liegt nahe: Was gefällt einem am Tod eines Menschen? Gerne ist von gefühllosem, kaum mehr vertretbarem Zynismus die Rede, manchmal wird den „Drückern“ auch einfach nur Gedankenlosigkeit vorgeworfen. Häufig wollen die Button-Benutzer durch den Klick jedoch nur kondolieren, sich dem Nachruf anschließen. Ihnen gefällt nicht die Todesnachricht, sie schließen sich dem Bedauern an. Verwirrend ist und bleibt der „gefällt mir“-Knopf dennoch, da er unterschiedliche Bedeutungen beinhalten kann. Einige Websites haben sich dieser Diskussion gleich entledigt und den Like-Button zum Kondolenzknopf erklärt. Clever – wenn da nicht der fade Beigeschmack wäre, dass aus dem Tod einer Person Profit geschlagen wird.

Mehr: Zum Tode von Dirk Bach

Ein Like für den Tod?
Ein Artikel auf t3n.de beschreibt diese Praxis, die Otto Normalinternetnutzer so gar nicht bekannt ist: Gelikte und geteilte Beiträge tun ja nicht nur dem eigenen Ego gut, sondern sind auch einträglich. Umso mehr erhobene Daumen ein Artikel bekommt, desto besser der „EdgeRank“. Ist der Rang besonders gut steigt die Präsenz einer Seite auf Facebook, was dann mehr Fans zur Folge hat. Und es bedarf keines Studiums, um zu wissen, dass ein erhöhter Bekanntheitsgrad sich letztlich auch auszahlt. Bild.de, Stern.de und andere Seiten haben durch die eigenmächtige Bedeutungsänderung des Knopfs zahlreiche Likes ergattert. Das hat, auf schwäbisch gesagt, ein Gschmäckle. Andererseits muss dieses Vorgehen genauer betrachtet werden, um der möglichen Wahrheit näher zu kommen. Wie statthaft ist der Vorwurf, dass eh schon hochgradig populäre Seiten wie Bild.de auf solch billige Art und Weise Likes abgreifen? Dass kleinere Seiten sich dieses unschönen Tricks bedienen, um ihr eher bescheidenes Ranking aufzumöbeln, erscheint ja noch nachvollziehbar. Dass Bild.de oder Stern.de so vorgehen, erscheint angesichts des Risikos als schmierige Like-Abzocker dazustehen, doch irgendwie unwahrscheinlich. Ob diese Annahme nun stimmt, kann allerdings nicht belegt werden.

Mehr: Dirk Bach wird einfach fürs schnelle Geld ersetzt

Eine Gratwanderung
Es ist auch gar nicht so entscheidend, ob sich irgendwer einer Verfehlung schuldig gemacht hat. Es ist ja ersichtlich, dass mit dem Button unterschiedlich umgegangen wird und es trotzdem immer falsch ist: Wird der Bedeutungsinhalt des „gefällt mir“-Knopfs umgekehrt, dann werden – mal berechtigte, mal unberechtigte – Vorwürfe der Like-Gier laut. Gibt es keine Regelung, zerfetzen sich die User untereinander. Es ist stets eine Gratwanderung, Beiträge über tragische Ereignisse im Web zu veröffentlichen. Wann endet die Berichterstattung und wann beginnt das skrupellose Like-Abgreifen? Mir ist bewusst, dass es als ironisch wahrgenommen werden könnte, dass dieser Text den Tod von Dirk Bach als Aufhänger nutzt um auf seltsame Entwicklungen hinzuweisen, gleichzeitig aber auch mit einem „gefällt mir“-Knopf versehen ist.

Das zeigt, dass eine Lösung dieses Problems – so es denn als dieses wahrgenommen wird – gar nicht so einfach ist. Außer natürlich, es würde die Möglichkeit geben, den Knopf für einzelne Beiträge zu deaktivieren bzw. dessen Bedeutung zu differenzieren. Dazu wird es allerdings in nächster Zeit sicherlich nicht kommen, weshalb es auch künftig immer wieder zu hitzigen Diskussionen kommen wird, bei denen einige am Pranger landen, die dort gar nicht hingehören. Und zum Schluss nur noch eines: drückt den Like-Knopf, wenn euch dieser Beitrag gefällt…

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