Die Bill Cosby Show - Erziehung leicht gemacht

20.09.2011 - 08:50 Uhr
Die Bill Cosby Show
NBC
Die Bill Cosby Show
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Mein Herz vergebe ich heute an eine Sitcom, die die Lager wohl spaltet, denn für die einen ist sie saubere Familienunterhaltung, für die anderen unerträgliches Gutmenschentum. Die Rede ist von der Bill Cosby Show.

Mir ist schon klar, dass ich mit meiner Herzvergabe an Die Bill Cosby Show womöglich relativ alleine dastehe. Allerdings ist schon recht verwunderlich, dass an dieser Sitcom häufig kein gutes Haar gelassen wird, denn sie musste ja eine ziemlich große Fangemeinde gehabt haben, sonst wären nicht acht Staffeln produziert worden und sie hätte nicht zahlreiche Preise eingeheimst. Ok, Erfolg muss nicht immer ein Zeichen für Qualität sein, in diesem Fall ist es aber so, denn Die Bill Cosby Show war stets ein guter Begleiter. Diese Sitcom war und ist einfach nett – und damals hatte dieses Wort noch keine andere Bedeutung, sondern war tatsächlich positiv gemeint.

Aber was genau macht Die Bill Cosby Show denn zu einem liebenswerten Dauerbrenner? Ich habe mich dafür entschieden, anhand von drei Stichworten und anschließenden Ausführungen meine Zuneigung zu dieser Sitcom zu beschreiben.

Witz
Natürlich steht der bei Die Bill Cosby Show ganz oben. Der Humor ist familiengeeignet, also nicht anzüglich, zynisch oder satirisch. Das mag sich zuerst einmal ziemlich lahm anhören, ist es aber gar nicht, denn eine Sitcom kann auch ohne nackte Tatsachen oder Beleidigungen komisch sein. Es ist zwar absolut nichts gegen Hardcore-Humor einzuwenden, aber es ist doch auch mal schön, eine gegenteilige Form des Witzes zu genießen. Und im wahrsten Sinne des Wortes der Vater des Humors ist Bill Cosby als Cliff. Seine Verrenkungen der Gesichtsmuskeln sind legendär, sein ungläubiger Blick mit hochgezogener Augenbraue sympathisch, seine Liebe, auch gegen das Verbot seiner Frau Claire (Phylicia Rashad), zu ungesunder Nahrung verständlich. Nicht nur darüber lässt sich regelmäßig grinsen, sondern auch über den, zumindest anfangs, chaotischen Theo (Malcolm-Jamal Warner), die etwas durchgeknallte Denise (Lisa Bonet), die klugscheißerische Vanessa (Tempestt Bledsoe) oder Rudy (Keshia Knight Pulliam) mit ihrem niedlichen Witz. Und der füllige und schweigsame Nachbarsjunge Peter (Peter Costa), der bei Problemen schnell das Weite sucht, ist ein herrlich ulkiger Sidekick.

Liebe
Ja, es wird gemenschelt in Die Bill Cosby Show. Aber ist das denn wirklich schlimm? Ist es nicht schön, dass eine TV-Familie nicht aus Streit, Gewalt und Missgunst besteht, sondern die Mitglieder sich wirklich lieben? Manch einer mag das als Verklärung begreifen, eigentlich ist es jedoch ein Idealbild, an dem eine Orientierung stattfinden kann. Cliff und Claire haben Berufe mit hohem Renommee, sie gehen liebevoll miteinander um und lassen ihre Kinder die selbe Herzenswärme spüren. Aber bei aller Liebe läuft es natürlich auch bei den Huxtables nicht immer rund. Ich denke dabei an Denise, den Freigeist der Familie, die ihr Studium abbricht und sogar einen alleinerziehenden Vater heiratet. Oder die älteste Tochter Sondra (Sabrina Le Beauf) und ihr Mann Elvin (Geoffrey Owens), die ebenso allerhand Probleme bereiten. Und vor allem Theo, der einzige Sohn von Cliff und Claire, der weniger lernen und mehr flirten möchte. Da steckt zwar kein Weltuntergangsdrama drin, aber doch Konfliktpotential. Aber was steht trotz aller Brandherde immer im Mittelpunkt? Genau, die Liebe. Damit ist Die Bill Cosby Show keine große Kuschelgruppe, aber letztlich immer ein Wohlfühlort. Und daran gibt es nichts auszusetzen.

Moral
Alle perfekt, alle lieb, alle moralisch – nur ein paar Vorwürfe, die der Sitcom immer wieder gemacht wurden. Mal davon abgesehen, dass die Kritik wirklich sehr runtergebrochen ist, kann eine moralische Haltung wohl kaum als Negativpunkt herhalten, schon gar nicht, wenn sie so elementar ist wie in Die Bill Cosby Show. Die Moral der Huxtables basiert auf einem Wertesystem, das eigentlich allgemeingültig sein sollte: Respekt, Ehrlichkeit, Anstand, Höfflichkeit. Das erinnert zwar etwas an einen berühmten Sketch von Loriot, ist aber gar nicht zu verurteilen, sondern ein bisschen zu bewundern. Die Eltern leben ihren Kindern vor, wie sie mit anderen Menschen umzugehen haben, so wie es eine gute Erziehung eben verlangt. Dadurch werden die Kinder zu moralischen Menschen, keineswegs jedoch zu moralinsauren Trantüten. Gehen sie halt nicht sturzbetrunken auf Gangbang-Partys (obwohl es in einer Episode bei Vanessa ja schon ein wenig in diese Richtung ging, zumindest mit der Sauferei) oder stehen in viel zu breiten Hosen um brennende Mülltonnen herum. Damit ist Die Bill Cosby Show vielleicht eine etwas witzigere und nicht ganz so dogmatische Variante von Unsere kleine Farm, aber entfernt sich glücklicherweise vom unterprivilegierten Klischee-Schwarzen.

Die Bill Cosby Show ist eine der sympathischsten Sitcoms, die es wohl jemals gab. Und auch diejenigen von euch, die vielleicht Abneigung gegen Die Bill Cosby Show hegen, müssen doch dankbar dafür sein, dass es diese Sitcom gibt, denn ansonsten wäre wohl niemals das frivol-dreckige Gegenstück dazu entstanden. Was, ihr wisst nicht, welche Serie die Anti-Cosby-Show ist? Na, Eine schrecklich nette Familie – ebenso eine Serie, die ich von ganzem Herzen liebe. Es kann also nachweislich beides gemocht werden.

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