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Die Ästhetik der Echtheit

01.07.2016 - 09:00 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
Sieh sich einer diese fantastischen Kostüme an...
The Walt Disney Company Germany GmbH/Robin Schröder
Sieh sich einer diese fantastischen Kostüme an...
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Zoomania geht durch die Decke, die Welt ist gehyped für Findet Dory. Ich selbst schätze Animationsfilme sehr - sie bieten einfach Freiheiten und kreative Möglichkeiten, die bei Realfilmen undenkbar wären. Aber CGI macht sich schon lange auch außerhalb seiner sinnvollen Einsatzmöglichkeiten breit. In vielen Fällen scheint der computergenerierte Effekt den realen zu verdrängen und aus Einfachheit gewählt zu werden. Doch ich bringe heute eine Ode auf die Schönheit und Unverzichtbarkeit praktischer, physischer Arbeit.

Versteht mich nicht falsch. Ich bin kein reiner CGI-Gegner. In gewissem Rahmen schätze ich es sehr, besonders in Verbindung mit gutem Motion-Capturing (siehe meine heiße Liebe für Steven Spielbergs neue Tim und Struppi Verfilmung). Und ich werde auch definitiv nicht behaupten, Computeranimation sei der leichtere Weg mit weniger Arbeit - jeder, der schonmal mit Blender gekämpft hat, hat bestimmt genauso geflucht wie der, der zum ersten Mal ein Kostüm genäht hat. Aber es gibt zweifellos Bereiche, in denen praktische Arbeit die realere und für mich wertvollere Ästhetik besitzt. Kommt doch mal mit in den Fundus...

1) Maske
Was habe ich mich geärgert über die Hobbit-Reihe - in einer bestimmten Hinsicht zumindest: Die Orks. Die Orks sahen einfach so unglaublich lächerlich ungruselig und künstlich aus. Aus dem Herrn der Ringe kannte man doch so geniale, abstoßend-beeindruckende Orks und Uruk-Hais. Ja, die trugen ja auch Maske statt Pixeln.

Just...not the real thing...

Ich bin und bleibe ein großer Fan von realem Makeup und richtig modellierter Maske. Die Greifbarkeit dieser Maskenarbeit lässt sie so real und - selbst in den hässlichsten Fällen - faszinierend und doch irgendwie schön wirken.
Stellt man Azog aus der Hobbit-Reihe neben irgeneinen x-beliebigen Ork aus dem Herrn der Ringe, ist der Unterschied wirklich offensichtlich. Oder nehmen wir die einprägsame Schlussszene aus Indiana Jones und der letzte Kreuzzug. Das schmelzende Gesicht des Naziführers sträubt mir immer noch die Nackenhaare. Der unschlagbare Vorteil von Maske ist, dass eine Körperlichkeit da ist. Ein Maskenbildner muss sich nicht nur überlegen, was echt aussieht, sondern sich auch echt anfühlt. Nicht nur das Erscheinungsbild einer Körperflüssigkeit oder von Haut muss durchdacht sein, sondern auch, welcher Ersatzstoff sich gleich anfühlt und verhält. Die Körperlichkeit macht die Wirkung aus und löst in uns ganz real die Faszination von Schönheit aus - oder Hässlichkeit.
Mit realem Makeup kann man selbst mit einfachen Mitteln effektiv coole Effekte erzeugen, man muss nur anständige Handarbeit leisten. Und im Gegensatz zu CGI hat praktische Arbeit kein Verfallsdatum, weil die Technik sich so stark weiterentwickelt. Und auch, wenn es sicher etwas unangenehmer zu tragen ist (aus eigener Erfahrung bestätigt), lohnt sich der Aufwand definitiv.

...ich kann aber gruseliger als GGI-Azog.

2) Kostüm
Vielleicht hat es historisch-gesellschaftliche Gründe, aber handgeschneiderte Kostüme wirken einfach immer sofort beeindruckend. Womöglich ist in uns immer noch das Wissen um den Wert einer teuren, aufwändigen Schneiderarbeit verankert. Egal, woran es liegt: Im Kostümdesign hält sich gottseidank die reale Arbeit harnäckigst und vor allem dominant.

Komposition von Brokat u

Der Prozess des Entwerfens, des Anprobierens, des Anpassens und AUsarbeitens im Kostümbild verlangt in jeglicher Hinsicht die perfekte Mischung aus einem Händchen für Menschenkenntnis und und Fingerfertigkeit. Die Liebe zum Detail, das Setzen jeder einzelnen Perle, jedes Nadelstichs erfordert eine ganz besondere Form von Herzblut, die durch nichts zu ersetzen ist. Alice im Wunderland - Hinter den Spiegeln ist ein hervorragendes Beispiel hierfür. Der Film gewinnt ganz besonders durch sein Kostümdesign. Zeit, Alice, die rote Königin - allesamt leben sie in ihren Kostümen und werden von ihnen optisch getragen.

Ein Kleid wie gemalt - und perfekt für Alice!

Die Tatsache, dass man ein Kostüm wie eine zweite Haut überstreift, macht einen Charakter so viel realer und ansprechender und gibt einem Charaker einen solchen Boost, dass ich froh bin, dass das Kostümdesign wie auch das Makeup immer noch einen eigenen Oscar hat.

3) Puppentheater
Puppen gibt es fast schon, seit es Menschen gibt. Die Möglichkeit, einen Charakter mit den Händen zu formen, zu modellieren, zu bemalen oder einzukleiden - das alles birgt eine eigenen Form der Fantasie und Begeisterung, die etwas Kindliches in uns anspricht und die mich völlig Feuer und Flamme werden lässt. Eine Puppe oder Figur ist ein Leben, das man selbst erschafft. Sie unterstreicht einen Charakter nicht nur, sie IST der Charakter. Hier können die Entwerfenden Gott spielen, und dementsprechendviele Emotionen können und dürfen mit einfließen.

...wir sind uns doch alle einig, dass der Yoda hier meilenweit besser ist als der spätere, oder?

Eine Art von Leben zu modellieren und die Erwartung, dass diese Schöpfung später praktisch in Fleisch und Blut vor einem steht...das macht die Arbeit mit Puppen jeder Art zu einem Akt, der an jeder Ecke und jedem Ende Liebe zum Detail, Kreativität und Sinn für Ästhetik und auch Funktionalität fordert. Zudem liegt die Schönheit von Puppen auch darin, etwas lebendig u machen, was nicht perfekt ist. Man nutzt selten exakt realistische Puppen, sondern lässt Spielraum für Vorstellungskraft, für den Stil des Künstlers und für persönliche Fantasie zum Weiterdenken. Und auch sie bieten via Stop-Motion oder mechatronische Bewegung den Vorteil der Zeitlosigkeit. Puppenspiel jeder Art ist eine eigene Kunstform, man kann es nicht anders sagen. Sei es bei der Augsburger Puppenkiste, bei Stop-Motion-Arbeiten von Tim Burton oder Nick Park, oder bei den Spießgesellen David Bowies im Labyrinth...oder bei Pan in dessen gleichnamigen Labyrinth. Sei alle besitzen einen markanten, eigenen, ästhetischen Stil, der unverwechselbar und unnachahmlich ist. Und auch wenn sie uns manchmal irgendwie unheimlich erscheinen mögen...schön bleiben sie trotzdem.

Soooo süß ^-^

Ich könnte noch mit Filmexplosionen (Ach, dieser Tanklaster in Mad Max...), Stunt-Koordination, Bühnenbild, real gezeichnetem Zeichentrick und was weiß ich noch weitermachen...aber ich denke, ich mache mal Schluss. Ein andern Mal vielleicht.
Und als Goodie gibt es jetz eine Linkliste zu meinen Lieblingsfanarts zu eben den Beispielkategorien, auf die ich hier lobgesungen habe - denn ich bin offensichtlich nicht die einzige, die von herausragender Handarbeit inspiriert wird, und schöne Dinge soll man teilen.

Für eine Reise ins Labyrinth, klickt hier ...hier ...oder auch hier .
Wenn ihr Lust auf ein etwas gruseligeres Labyrinth habt - ich sage nur Pan , dann hier  entlang.
Volle Uruk-Hai-Power? Bitteschön .
Wer von euch steht noch so auf die Stop-Motion  und die Maske  in den alten Star Wars  Streifen? Dachte ich mir.
Oder vielleicht ein wenig Tim Burton ? Von der Maske  über Kostüme  bis zu Stop Motion  ist hier doch immer was Schönes dabei, oder? ;)
Und auch wenn Crimson Peak so ein paar Schwächen aufwies...die Maske  (denn das waren die Geister zum Großteil) und die Kostüme  waren nicht darunter!

Und wer jetzt noch nicht genug Schönheit gesehen hat, der schaut sich die Werke der anderen Teilnehmer an!

"Du bist schön..." von *frenzy_punk<3
Die Schönheit durch Bach von Stefan Ishii

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