Kampf den Kapitalisten - Weil sie böse sind

04.01.2010 - 07:00 Uhr
So leben Reiche: Noch etwas Katzenkackekaffee?
HR
So leben Reiche: Noch etwas Katzenkackekaffee?
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Im gestrigen Tatort war das haarsträubende Drehbuch der eigentliche Schurke. Was wohl eine Anspielung auf die Finanzkrise werden sollte, verramschte das Drehbuch zur abwegigen Propaganda für längst überwunden geglaubte Gesellschaftsbilder.

Der Tatort: Weil sie böse sind, der 17. Fall des Frankfurter Ermittlerteams Sänger und Dellwo, langweilte mit Figuren aus dem Klischeebaukasten und befremdete mit einer grotesken Botschaft, in der Erbschuld und Klassenkampf als Rechtfertigung zum Mord herhalten sollten. Statt zu ermitteln, stritten die Ermittler um ihre Beförderung und vergaßen darüber die Aufklärung des Falls. Zum Glück bewegt sich im Marxismus die Geschichte auch ohne Polizei-Ermittlungen auf ihr Happy-End zu, denn: Die beiden Mörder in ihrem Lauf hält weder Sänger noch Dellwo auf.

Fotoshow: Die Bilder zum Tatort: Weil die böse sind.

Anscheinend wollte uns der Drehbuchautor Michael Proehl zwei Dinge mitteilen. 1.: Die Reichen sind nur deshalb reich, weil sie sich nicht von moralischen Bedenken einschränken lassen. 2.: Umerziehung ist ausgeschlossen, da die Reichen und Karrieristen schon verkommen geboren sind. Das Böse ist offensichtlich erblich und genetisch bedingt. Seit 400 Jahren trieb etwa die Familie Staupen ihr Unwesen. Da gab es nur eine Lösung: Familien-Mord – Notwehr, natürlich. Wer “das Böse” allerdings wie der Drehbuchautor zum Familien-Erbgut der Reichen erklärt, der kommentiert nicht, sondern hetzt.

Unterdessen waren die beiden Ermittler Sänger (Andrea Sawatzki) und Dellwo (Jörg Schüttauf) damit beschäftigt, sich um den Posten ihres ruhestandswilligen Vorgesetzten zu streiten. Das war mitunter ganz possierlich anzusehen, doch vergaßen sie darüber ihre Ermittlungen. Am Ende beschränkte sich ihre Ermittlungsbilanz einzig und allein auf die Erkenntnis, dass alle Toten den gleichen Nachnamen trugen und am Tatort ein roter Jaguar vorbei gefahren ist. Bravo! Wozu braucht der Tatort überhaupt noch Ermittler?

Lob verdienten lediglich die Darsteller des mordenden Duos Milan Peschel und Matthias Schweighöfer. Durch gekonnt eingesetztes Schauspiel versuchten sie zumindest, den hölzernen Schablonenrollen des Drehbuchs so etwas wie Vielschichtigkeit und Charakter einzuhauchen. Besonders Matthias Schweighöfer gelang es, seine Figur Balthasar Staupen gleichzeitig grotesk, komisch bedrohlich aber auch tragisch wirken zu lassen. Sein Stottern und seine verquere Betonung trugen dazu bedeutend mehr bei als der Inhalt der abgedroschenen Dialogphrasen.

Doch selbst der Drehbuchautor Michael Proehl scheint nicht frei von der kapitalistischen Erbschuld zu sein. Das Ende von Tatort: Weil sie böse sind hat er jedenfalls geklaut: Statt im Wasser landete der letzte Beweis zufällig auf einem Schiff. Durch einen weiteren Zufall brachte der Fund des Beweises die Ermittler endgültig auf die falsche Spur und der Mörder fand sich unerwartet in Sicherheit. In Match Point von Woody Allen haben wir diese Pointe allerdings schon cleverer gesehen.

Und wie fandet ihr den Tatort: Weil sie böse sind?

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