Corman's World, Clive Owen & eine Top 5

02.07.2011 - 07:45 Uhr
Clive Owen in Trust
Millennium Films
Clive Owen in Trust
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Dieses Wochenende geht das Filmfest München 2011 zu Ende. Zum Abschluss gibt es wieder einen Festivalbericht für euch, u.a. über den neuen Film mit Clive Owen. Als kleinen Bonus gibt es die Top 5 der von mir dort gesehenen Filme.

Eine Woche voller Metalheads und unbestellter Cappuccinos geht zu Ende. Bis zum Sonntag läuft das Filmfest München 2011. Für mich fiel der Festivalvorhang bereits gestern. Die Bilanz: 26 Filme mit einem erstaunlich hohen Durchschnittsniveau. Von diesen stachen zwar nur wenige so heraus, dass sie zu Begeisterungsstürmen anhielten. Dafür gab es aber nur ein paar vereinzelte Flops. Ein gelungenes Festival in der bayrischen Hauptstadt geht zu Ende, das einen abwechslungsreichen Mix aus Genrefilmen und handfester Programmkinoware zu bieten hatte.

Das Wetter hing erst am letzten Tag richtig durch, alle Kinos waren in kurzer Zeit zu erreichen und die Organisation des Filmfests verdient ein gigantisches Monsterbienchen für den reibungslosen Ablauf. Selten habe ich ein Festival mit so wenigen Verspätungen erlebt. Noch dazu gab es einen Filmfest-Trailer, der auch nach dem 26. Mal nicht genervt hat. Das muss ein Festival erst einmal hinbekommen.

Soviel zur Lobhudelei. Bevor ich meine Top 5 des Festivals präsentiere, gilt es, die letzten beiden Filme zu besprechen, die ich am Freitag gesehen habe, ganz ohne peinliche Kaffee-Episoden. Als Abschlussfilm hatte ich mir Trust – Die Spur führt ins Netz mit Clive Owen ausgesucht, was vor allem an, nun ja, Clive Owen lag. Davor gab es Gelegenheit, sich mit Ufos, Sex und Monster – Das wilde Kino des Roger Corman in der Geschichte amerikanischer B-Movies weiterzubilden.

400 Filme später…
Alex Stapletons Doku Ufos, Sex und Monster – Das wilde Kino des Roger Corman ist ein wehmütiger Blick auf eine Zeit, in der Genrefilme mit einem extrem niedrigen Budget noch die Massen erreichen konnten. Als die jugendlichen Zuschauer noch in Scharen in die Drive-ins zogen, war es einem wie Roger Corman möglich gewesen, mit einer großen Kontrolle über den Produktionsprozess mal mehr, mal weniger subversive B-Filme am Fließband zu produzieren. Stapletons Blick konzentriert sich in erster Linie auf die Arbeit Cormans, seine (Film)Welt mit ihren Meilensteinen und Wegbegleitern. Der Privatmann bleibt außen vor, was bei der endlosen Filmografie wohl vorteilhafter für die Laufzeit ausfällt.

Corman’s World erzählt vom Weg des self made-Filmemachers über Schlüsselwerke mit Hilfe von erstklassigen Interviewpartnern. Für die Doku konnte Stapleton immerhin Jack Nicholson, Martin Scorsese, Joe Dante, Ron Howard und einige mehr vor die Kamera locken, die bei Roger Corman ihre ersten Sporen verdient hatten. Corman’s World ist sozusagen das Gegenteil von Machete Maidens Unleashed!, über den ich am Donnerstag geschrieben habe. Auf die Ansammlung möglichst vieler lustiger Filmausschnitte verzichtet Alex Stapleton, überlässt vielmehr den Gesprächspartnern das Wort. Für all jene, die Roger Corman erst noch entdecken wollen, ist Ufos, Sex und Monster – Das wilde Kino des Roger Corman der perfekte Einstieg. Alle anderen können ein wenig in Nostalgie schwelgen bei dieser Ehrerweisung an eine Kinolegende einer Epoche, die traurigerweise unglaublich weit entfernt scheint.

Vertrauen ist gut. Kontrolle… Vertrauen ist gut.
Trust – Die Spur führt ins Netz ist so ein Film, bei dem immer wieder der Titel in die Sätze eingeflochten wird, so dass uns quasi jemand filmisch mit dem Finger anstupst: Hey, zentrales Motiv des Films, capiche? Subtil ist nicht die passende Umschreibung für das Drama über ein Mädchen, das bei einem Internet-Date vergewaltigt wird und ihren Vater (Clive Owen), der sich in Rachegelüste verrennt. Als vergebenes Potenzial stellt sich das im Nachhinein heraus. Die Dynamiken der Teenager-Seele werden nämlich genau eingefangen, besonders die Suche nach Anerkennung des eigenen Äußeren bei anderen, welche die Tochter in der Internet-Bekanntschaft Charlie zu finden glaubt.

In Trust – Die Spur führt ins Netz steht das übersexualisierte Bild der Jugend in Medien und Werbung am Pranger, weshalb der Vater (natürlich) in einer Marketing-Firma arbeiten muss. Glücklicherweise verlegt sich der Film nicht darauf, neue Medien zu verteufeln oder sich in einen handelsüblichen Thriller zu verwandeln, für den eine Vergewaltigung nicht mehr als ein Plot Point ist, den es abszuarbeiten gilt. Trust stellt sich schon bald als Familiendrama heraus, das den Titel nicht nur auf die Bekanntschaft mit Fremden im Internet bezieht. Vater Clive Owen beginnt vermehrt in die Privatssphäre seiner Tochter einzugreifen auf der Suche nach dem Täter. Obwohl der Film bis in die letzte Einstellung ohne erkennbare Handschrift inszeniert wurde und zuviel für den Zuschauer ausbuchstabiert, empfiehlt sich Trust auf Grund der Augenhöhe, mit der er seiner jugendlichen Protagonistin begegnet. Die beklemmend realistische Atmosphäre tut ihr übriges. Denn wenn Annie (Liana Liberato) in der entscheidenden Szene mit dem Fremden mitgeht, ist ihre Motivation nur allzu gut nachvollziehbar.

Die Top 5
Der Parfümwolke entkommen, die mich bei Trust umnebelt hatte, hieß es Abschied nehmen vom Münchner Filmfest. Zum Abschluss der Festivalberichterstattung könnt ihr über meine Top 5 den Kopf schütteln oder ein uninteressiertes „Na und?“ an den Computer richten. Es folgen die fünf Filme, die beim Filmfest München 2011 besonders überzeugt, fasziniert und begeistert haben. Vielleicht landet der ein oder andere auf eurer Vormerkliste.

Platz 5: The Day He Arrives , eine Beziehungsminiatur von Sang-soo Hong.
Platz 4: Guilty of Romance, ein abgedrehter Thriller über die Emanzipation von Sion Sono.
Platz 3: Meek’s Cutoff, ein moderner Western von Kelly Reichardt.
Platz 2: Play, eine Studie über die seelische Gewalt zwischen Jugendlichen von Ruben Östlund.
Platz 1: Blue Valentine, ein Drama über die Vergänglichkeit der Liebe von Derek Cianfrance.

Weitere Einträge zum Filmfest München 2011 gab es für Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag.

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