Bizarrer Horror-Tipp mit Tribute von Panem-Star: Cuckoo bietet 100 Minuten voller Überraschungen und erinnert an 2 Kult-Regisseure

17.02.2024 - 13:00 UhrVor 2 Monaten aktualisiert
CuckooNEON
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Die Berlinale mischt immer wieder Genre-Perlen unter das Programm, die zwischen Arthouse-Kost das Publikum aufwirbeln. Genau so einen Film hat das junge deutsche Talent Tilman Singer mit dem Horror-Trip Cuckoo abgeliefert.

Regelmäßig gibt es im Berlinale-Programm Filme zu entdecken, sie sonst eher in der Genre-Vielfalt des Fantasy Filmfests zu finden sind. Zwischen anspruchsvolle Dramen und schwerfällige Arthouse-Brocken hat das diesjährige Festival in Berlin den herrlich verschrobenen Horror-Geheimtipp Cuckoo gepackt.

Der punktet nicht nur mit Euphoria- und Die Tribute von Panem: The Ballad of Songbirds & Snakes-Star Hunter Schafer. Vor allem zwei Genre-Legenden als offensichtliche Vorbilder machen Tilman Singers Berlinale-Beitrag zum eigensinnigen Trip in die monströsen Untiefen der bayerischen Alpen.

Geheimtipp Cuckoo entfaltet sich als Horror-Puzzle mit viel unheimlicher Spannung

Singers Film beginnt mit einem Familienausflug, unter den sich ab den ersten Szenen schon eine unheilvolle Stimmung mischt. Die 17-jährige Gretchen (Schafer) kommt mit ihrem Vater (Marton Csokas), ihrer Stiefmutter (Jessica Henwick) und ihrer Schwester (Mila Lieu) Alma in dem Ferienresort Alpschatten an. Hier wollen die Eltern zusammen mit dem Resortleiter Herr König (Dan Stevens) eine neue Unterkunft in der Ferienanlage entwerfen.

Cuckoo hält sich mit konkretem Horror länger zurück und streut nur Andeutungen und Puzzleteile des Grauens, aus dem sich anfangs schwer ein Bild zusammensetzen lässt. Gretchen und ihre Familie bringen nicht nur ein unverarbeitetes Trauma mit in den bayerischen Urlaubsort. Auch das idyllische Alpenpanorama wirkt immer schauriger, wenn der Wind durch die Bäume pfeift und ständig ein Geräusch als Echo widerhallt, das sich wie ein weiblicher, tierischer Schrei im Kopf festkrallt.

Und dann ist da noch der unheimliche Resortleiter Herr König, den Dan Stevens viel zu überfreundlich spielt. Allein wie er die amerikanische Version von Gretchens Namen ständig absichtlich mit dem deutschen Klang ausspricht, irritiert. Dabei hat er noch nicht mal zu seiner Flöte gegriffen, aber das solltet ihr lieber selbst sehen.

Tilman Singer schichtet für den zweiten Spielfilm nach seinem vielversprechenden Abschlussprojekt an der Kunsthochschule für Medien Köln leidenschaftlich Horror-Elemente übereinander. Nach der atmosphärischen Genre-Fingerübung Luz, die mit knackigen 70 Minuten Laufzeit auskam, ist Cuckoo das deutlich ambitioniertere, mit sichtbar höheren Produktionswerten realisierte Projekt. Ähnlich wie beim Vorgänger strahlen aber auch Singers offensichtliche Regieeinflüsse in seinem zweiten Werk durch.

Die Genre-Meister Dario Argento und David Cronenberg lassen im Berlinale-Film Cuckoo grüßen

Die vielen Twists von Cuckoo, die dem Film eine angenehme Unberechenbarkeit verleihen, werden hier natürlich nicht verraten. Wenn Singer später aber bizarren Körperhorror ausbrechen lässt, werden schnell Erinnerungen an die monströsen Verformungen und tragischen Auswüchse aus dem Kino von David Cronenberg wach. Speziell ein Film des kanadischen Genre-Meisters aus dem Jahr 1979 wirkt wie ein deutliches Vorbild für Cuckoo, aber der soll aus Spoiler-Gründen an dieser Stelle nicht verraten werden.

Noch stärker wird die Atmosphäre von Singers Zweitling aber vom Stil des italienischen Giallo- und Horror-Regisseurs Dario Argento geprägt. Wer schon mal einen seiner Filme wie Suspiria oder Profondo Rosso gesehen hat, wird an die unnachahmliche Mischung aus kunstvollen Schreckensbildern und Handlungen denken, die jeglicher Logik und Realität entrissen wurden.

Gerade Argentos Phenomena wirkt wie ein Verwandter von Cuckoo. In dem 1985er-Film kommt Jennifer Connelly als junges Mädchen in einem Internat in den Schweizer Alpen unter, wo ein Serienmörder sein Unwesen treibt. Zu dieser Prämisse gesellen sich übernatürliche Fähigkeiten, ein verschrobener Insektenforscher und ein Skalpell schwingender Affe!

Hier könnt ihr den Phenomena-Trailer schauen:

Phenomena Movie - Trailer
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Ganz so abgedreht wird es in Cuckoo nicht, aber Singer hat die manchmal schief klingenden Dialoge und immer haarsträubender eskalierenden Handlungswendungen aus Argentos Schaffen auch im Gepäck. Wenn der Regisseur gegen Ende mit etwas zu offenen Karten spielt, den Showdown in die Länge zieht und Bizarres mit Gefühlvollem verbinden will, wird Cuckoo etwas zu überladen und zerfasert im Vergleich zu dem sehr dichten Luz.

Hunter Schafer, die ihr Butterfly-Messer mit hartnäckigem Widerstand schwingt, hält den Film trotzdem als lässigstes Final Girl seit langem zusammen. Und wenn ihr das nächste Mal einen Kuckuck aus dem Wald rufen hört, dann sicher nicht auf dieselbe Art wie gewohnt.

Cuckoo läuft als Special Gala bei den 74. Internationalen Filmfestspielen Berlin. Am 18. Juli 2024 startet er dann in den deutschen Kinos.

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