American Gods beschert uns den schmerzhaftesten Abschied der Serie

23.04.2019 - 09:00 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
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Die vorletzte Folge der 2. Staffel American Gods ist eine Gratwanderung zwischen Wahrheit und Wahnsinn. Am Ende geht ein Schock durch Götter und Zuschauer.

Letzte Woche machten wir mit Odin und Thor eine Reise in die 1930er Jahre. Mit der neuesten Episode, Treasure of the Sun, entführt uns American Gods noch weiter in die Vergangenheit und ins ferne Irland. Dort dürfen wir einer Ballade auf einen ganz besonderen Gott lauschen.

Der Protagonist dieser Folge ist nicht Shadow Moon, Odin oder sonstwer. Treasure of the Sun dreht sich bis auf wenige kurze Ausnahmen einzig und allein um Pablo Schreiber alias Mad Sweeney. Während sich die Serie dabei wieder weit von ihrer Vorlage entfernt, schafft sie es dafür eindrucksvoll, uns emotionale Daumenschrauben anzulegen und sie schmerzhaft fest zuzuziehen.

Mad Sweeney und Shadow

Mad Sweeney, Shadow und eine Prophezeiung, die es in sich hat

Eigentlich beginnt Treasure of the Sun recht harmlos. Shadow (Ricky Whittle) gabelt Sweeney unter einer Brücke in Cairo auf. Der ist kaum zurechnungsfähig, also im normalen Betriebszustand, scheint es. Doch schnell wird klar, dass etwas ganz und gar nicht stimmt.

Seinem Delirium entspringen Worte, die eindringlich über Shadow und uns Zuschauer hereinbrechen und sich zu einer Prophezeiung formen. Sie spricht von einer Schlinge um Shadows Hals, einem Raben auf jeder seiner Schultern, und von einem Baum, der seine Wurzeln bis ins Fundament der Welt selbst treibt. Wie passend, dass Odin gerade dabei ist, Yggdrasil, den Weltenbaum, zu alter Größe heranzuziehen.

Sweeney und Shadow

Der Rest von Sweeneys Warnung fällt, wie viele Omen der letzten Episoden und allen Worten, die er im Laufe der Folge mit Shadow wechselt, in die Kategorie "Fore-Shadow-ing" und hängt nun drohend wie ein Damoklesschwert über Shadow.

In der Zwischenzeit bei Laura Moon und Mama-Ji

Eine Hälfte des zerstrittenen Chaos-Duos Laura und Sweeney strauchelt gen Cairo. Laura (Emily Browning) trifft währenddessen auf Mama-Ji bzw. Kali (Sakina Jaffrey), die ihr ordentlich den Kopf zurechtrückt. Laura muss verarbeiten, dass sie nicht von der Macht der Liebe angetrieben wird. Sondern von einer ganz speziellen Zerstörungswut. Fragt sich nur, was genau das Ziel ihres großen Schlags sein wird.

Mad Sweeney versucht verzweifelt, seine Geschichte zu erzählen

Wie wir im Laufe der Episode erfahren, wird auch Mad Sweeney vom ewigen Schatten einer Prophezeiung begleitet, die ihm den Tod durch den Speer androht. Wie passend (schon wieder), dass gerade Gungnir repariert und Shadow anvertraut wurde. Das Damoklesschwert wird zum Damoklesspeer.

Gungnir ist wiederhergestellt.

Schnell festigt sich der Verdacht, dass Sweeney hier sein Testament macht. Endlich erzählt er von seiner Vergangenheit. Doch was ihm seine Mitgötter entlocken können, ist bestenfalls Flickwerk:

  • Er soll den Beinamen Mad aufgrund des Wahnsinns erhalten haben, mit dem ein Bischof ihn verfluchte, als Sweeney ihn als Gift für seine Heimat bezeichnete und ihm eine Allianz abschlug.
  • Er hatte eine Geliebte - oder wünscht sich das?
  • Er war König, Ehemann und Vater, der alles opferte, um seine Heimat und deren magisches Erbe vor den einwandernden Christen zu verteidigen.
  • Er schuldet Odin eine Schlacht - oder umgekehrt?
  • Laut Mr. Ibis war Sweeney ein Gottkönig, Sonnen- und Glücksgott und unvergleichlicher Kriegerfürst - geschickt wie kein Zweiter mit dem Speer.
Ist das wirklich Sweeneys früheres Gesicht?

Die Puzzleteile wollen einfach nicht ganz ineinander greifen. Sweeney geht es so grauenhaft, dass sich der Zuschauer fragt, ob er da eine Flasche Bier oder eher Einbalsamierungsflüssigkeit säuft, während das Weinen der Banshees die Nacht erfüllt.

Die Erfüllung einer Prophezeiung und das Ende von Mad Sweeneys Ballade

Sweeney wandelt die gesamte Folge über an der Grenze zwischen Wachen und Träumen, gefangen in den zahllosen Versionen seiner Vergangenheit, die er selbst nicht sortieren kann. Er weiß nur, wie müde und leid er alles ist. Am Ende kommt, was kommen musste: Sweeney greift ein letztes Mal zum Speer, wie er es vor über tausend Jahren tat. Shadow, treuer Bodyguard wie eh und je, stellt sich zwischen ihn und Odin.

Sweeney nutzt seine letzten Sekunden im Kampf mit Shadow, um ihn noch ein letztes Mal zu warnen und aufzustacheln. Durch Shadows Hand erfüllt sich Sweeneys Prophezeiung. Doch als schlitzohriger irischer Kobold geht der mit zwei erhobenen Mittelfingern und nimmt Gungnir mit sich. Er verfrachtet ihn in seinen Leprechaun-Hort. Odin verliert einen Krieger und seine mächtigste Waffe.

Ein letzter Toast auf Mad Sweeney.

Die Tragödie des Mad Sweeney und der Glanzmoment des Pablo Schreiber

War der Verfall Thors in der Episode Donar the Great bereits eine traurige Erinnerung an die Sterblichkeit der Götter, ist Mad Sweeneys Schwelgen in Blut und Tränen regelrecht herzzerreißend. In dieser Staffel durfte jeder einmal glänzen, von Bruce Langley über Orlando Jones bis hin zum ewig präsenten Ian McShane. Nun ist Pablo Schreiber an der Reihe.

  • Wenn Mad Sweeney als wahnsinnig gewordener, gefallener König sein Töchterlein trifft und sich abmüht, sie nicht zu verschrecken.
  • Wenn er darum kämpft, seine geliebte Frau nicht zu verlieren.
  • Wenn er Salim erklärt, dass er sehr wohl weiß, was Liebe ist.

In diesen Momenten wirkt Pablo Schreiber so traurig und verzweifelt. Als uns klar wird, was hier passiert, wird alles noch tragischer: Manche Geschichten werden trotz allen Herzbluts einfach vergessen, und wir können nichts anderes tun, als hilflos zuzusehen.

Mad Sweeney als der König, der er einmal war.

Zwar wohnt auch den Kriegersequenzen und trotzigen Kampfmomenten Sweeneys eine großartige Intensität von Seiten des Darstellers inne. Doch vor allem in den stillen Momenten zwischen fluchen, schimpfen und warnen zeigt er, was er kann. Dem Zuschauer bricht das Herz. Sweeney wird eine große Lücke hinterlassen.

Die Gewinner der neuen Folge American Gods

  • Mama-Ji: Ließ letzte Woche New Media die Muskeln spielen, zückte Mama-Ji als Zerstörergöttin diese Woche die Waffen und warf sich in Erobererpose.
  • Sweeney: Hat sich vom leisen Abschied im Roman zu einem Abgang mit Stil gesteigert, und Shadow doch alles mitgegeben, was er für seine Zukunft brauchen wird.
  • Salim: Verkauft das Konzept von "Liebe überwindet alles" liebenswert selbstbewusst.
  • Laura: Ist endlich desillusioniert.
Laura gibt sich nicht länger ihren Illusionen hin.

Die Verlierer der neuen Folge American Gods

  • Shadow: Bleibt erneut erstaunlich passiv und verständnislos, obwohl ihm Sweeney die vielleicht wichtigsten Informationen überhaupt zuspielt.
  • Odin: Ist in dieser Episode ein wenig zu versessen auf Kartoffelsalat.

Göttliches und Gottloses am Rande

"That Goddamn Voodoo. Always so dramatic."

"A storyteller does not concern himself with the truth."

Götter-Sweeney sollte gegen den Night King aus Game of Thrones im Speerwerfen antreten. Wer wohl gewinnen würde?

Die neuen Folgen der 2. Staffel von American Gods erscheinen hierzulande immer montags auf Amazon Prime.

Was glaubt ihr, wie Mad Sweeneys Geschichte wirklich ablief?

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