Spiritueller Film über Massaker an Mönchen ist Favorit

19.05.2010 - 10:19 Uhr
Des Hommes et des Dieux
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Die Franzosen sind mit vier Filmen im Internationalen Wettbewerb von Cannes vertreten und alle wurden bisher überaus freundlich aufgenommen. Des Hommes et des Dieux gilt sogar bei den Kritikern als Favorit auf die Goldene Palme.

Der französische Film Von Menschen und Göttern beruht auf einer wahren Begebenheit. Hintergrund ist die Entführung und Ermordung einer Gruppe Mönche im algerischen Tibherine durch islamische Fundamentalisten in den 1990er Jahren. Sieben Zisterzienser-Mönche waren aus ihrem Kloster als Geiseln verschleppt worden. Zwei Monate später wurden ihre Leichen gefunden. Regisseur Xavier Beauvois erzählt die Geschichte vor diesem Massaker in beispielhafter Sensibilität. Die Kritiker beim Festival Cannes jedenfalls sind begeistert und bezeichnen das Drama als großen Favoriten für die Goldene Palme. Ob Jury-Chef Tim Burton da mitspielt?

Viel Konzentration und Sensibilität hat Jan Schulz-Ojala vom Tagesspiegel ausgemacht. Der Film enthält "viel mehr “Nathan der Weise”-Gedankenwelt als Werbung für das Christentum, die ihn für Konfessionsferne oder Andersgläubige sofort unerträglich machen würde. Er zeigt nur eine verschworene Gemeinschaft bei dem Versuch, inmitten einer entfesselt gewalttätigen Welt den Glauben an die Vernunft zu bewahren – und zu verkörpern. Ein Kunststück, denn die Hauptfiguren bleiben doch unübersehbar Christen. Ein Meisterstück."

Auch Christoph Huber von Presse sieht es ähnlich. Für ihn ist Von Menschen und Göttern frei von wohlfeiler Versöhnungsrhetorik. “Die Entscheidung ist hart erkauft, nach sorgsamer Abwägung geistiger, menschlicher und politischer Faktoren. Von Menschen und Göttern ist ein großer spiritueller Film gerade in seiner inbrünstigen Demut. Was Bernard Taverniers Wettbewerbsbeitrag säkular ausgestaltete, wird hier religiös behandelt: das Kino als Glaubensfrage.”

Anke Westphal von der Berliner Zeitung ist ebenfalls begeistert und sah ihren Palme-Favoriten. “Das christliche Gelübde von Armut, Verzicht und Liebe, heißt es hier, sei eine Chance für Beziehungen, die nicht auf Macht beruhen. Das kann man naiv nennen oder idealistisch. Aber es ist ein Versuch, wo andere gar nichts versuchen. Auch der Regisseur Xavier Beauvois ist ein Idealist. Man möchte ihm gratulieren: zu seiner beispielhaften Sensibilität in sogenannten Multikulti-Fragen und zu der Hochachtung, mit der er seine Figuren behandelt.”

Nur Sennhauser ist auf seinem Blog nicht begeistert. Er sah einen rechtschaffenen “Film über rechtschaffene Menschen, mit einem politisch hoch anständigen Aufruf am Ende, Islam und Islamismus nicht in den gleichen Topf zu werfen. Xavier Beauvois ist sichtlich bemüht, keine Feindbilder aufkommen zu lassen … Aber letztlich fehlt dem Film jene Form des Zweifels, der Befangenheit, die er seinen Figuren fast mechanisch zugesteht. Insofern folgen die 120 Minuten dem Prinzip des Katechismus: Rhetorische Fragen stellen und die Antworten auch gleich mitliefern.”

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