RomComs gelten als filmische Entsprechung einer besonders seichten Popnummer, als Gute Zeiten, schlechte Zeiten fürs Kino, als cineastische Reinkarnation von Helene Fischer: hochglanzpoliert, generisch, leicht konsumbierbar, komplett vorhersehbar, absolut kalkuliert und ohne echte Tiefe. Für den Massengeschmack konzipiert und deshalb total belanglos. Bei keinem Genre ist die Diskrepanz zwischen filmischen Output und kritischer Reflexion so unausgewogenen wie bei romantischen Komödien. In der Filmwissenschaft fristen sie nach wie vor ein Schattendasein und auch die populäre Auseinandersetzung hier auf Moviepilot offenbart gleichsam ein abwertendes Desinteresse und stereotypisches Kastendenken. Kurz, es scheint eine Übereinkunft darüber zu geben, dass Rom-Coms im Grunde genommen filmischer Bodensatz sind, der es nicht wert sind, dass man sich kritisch mit ihm auseinandersetzt, geschweige denn seine wertvolle Zeit verschwendet. Oder anders formuliert: Just stick to rom-coms, bitch. , wie ein erboster Fanboy tönte, als eine weibliche Kritikerin es wagte, Marvel's The Avengers zu verreißen. Auf der Autobahn aus Vorurteilen, geteert mit einer eigentümlichen Mischung aus Mainstreamverachtung, politischem Sendungsbewusstsein und explizitem Sexismus übersehen die meist männlichen Filmfans und –kritiker dabei nur allzu gerne die Qualitäten dieses Subgenres.
Unverhoffte Filmschätze
Diese Versäumnisse versuche ich mit dieser kleinen Artikelreihe nachzuholen. Dabei setze ich unterschiedliche inhaltliche Schwerpunkte. Im ersten Teil kläre ich was man unter einer romantischen Komödie versteht und inwiefern sie sich von Komödien, bzw. Liebesfilmen unterscheidet. Ist sie ein eigenständiges Filmgenre und was versteht man eigentlich unter Filmgenres? Anschließend: Welchen Spielregeln und Konventionen ist die romantische Komödie unterworfen? Jeder Genrefilm folgt Mustern und Konventionen und gerade die romantische Komödie ist bekanntlich voll von ihnen. In diesem Zusammenhang wird kurz auf den vermeintlichen Widerspruch eingegangen, warum sich romantische Komödien einerseits dem grassierenden Fortsetzungswahn entziehen, sie aber trotzdem als besonders formelhaft gelten. Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch ihre filmgeschichtliche Entwicklung: Wie hat sich die romantische Komödie im Laufe der Jahre entwickelt, sprich welchen Strömungen und Bedeutungsschwankungen war das Genre unterworfen? Nur so lässt sich die romantische Komödie in ihrer aktuellen Ausformung verstehen. Im letzten Teil widme ich mich der popkulturellen Bedeutung der romantischen Komödie und setze mich mit ihrem negativen Image unter Filmfreunden auseinander.
Pure Kinomagie
Am Ende soll die Erkenntnis stehen, dass auch cineastischer Pop eine unglaubliche Schönheit entfalten kann. Romantische Komödien entwerfen eine idealisierte Version von Paarbeziehungen, in der die Liebenden immer eine schlagfertige Antwort in petto haben und vom größten Glück bis hin zur tiefsten Depression quasi alle Gefühlswelten im Schnelldurchgang durchlaufen. Sie sind damit genauso überlebensgroß wie unrealistisch. Doch genau deshalb sind romantische Komödien wie gemalt für die große Leinwand. It’s much more interesting to see a car exploding, than to see it parking , sagte Quentin Tarantino einst und beschrieb damit seine Unterscheidung zwischen „Cinema“ und „Television“. Kino sollte nicht die Realität abbilden. Realität ist ereignisarm und meistens langweilig. Kino hingegen ist die große Geste, in der man am Ende doch das wahre Leben und menschliche Gefühle finden kann. Gutes Kino ist eine übersteigerte Version der Realität und dabei trotzdem wahrhaftig. Und deshalb liebe ich romantische Komödien.