Halloween und die Schönheit im Sterben

27.10.2018 - 08:50 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
It's Halloween - everyone's entitled to one good scare.
Warner-Columbia/moviepilot
It's Halloween - everyone's entitled to one good scare.
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Vor 40 Jahren begann ein Horror, der alles verändern sollte. Aber Halloween ist mehr als ein Slasherfilm. Halloween ist auch mehr als ein importierter Feiertag. Halloween ist eine Stimmung. Ein Gefühl. Ein Verlangen. Und manchmal hat es ein Messer...

Die Nacht des Grauens ist noch nicht vorbei und ein vollkommen unerwarteter Kinoerfolg nähert sich unaufhaltsam. Unerwartet, da es ja "nur" eine weitere Fortsetzung eines eigentlich für ausgeblutet gehaltenen Genres ist, einer Filmreihe, von der sich jeder sicher war, dass sie ihre besten Zeiten längst hinter sich hatte. Und dann steht Halloween auf einmal von den Toten auf und ist so nervenzerschneidend wie vor 40 Jahren.

Unaufhaltsam, da wir es ja eigentlich hätten wissen sollen. Manches stirbt nämlich nicht. Manches kommt immer wieder. Wie die Jahreszeiten, wie das Gefühl des Herbstes, mal golden, mal blutrot. Wie die Sehnsucht nach dem Grauen. Und manchmal steht da ein Kommentar im zur Nacht werdenden Zwielicht eines alten Films - und ist mehr als nur ein paar Worte von FrancisYorkMorgan zu einem Horrorklassiker. Er ist ein ganzes Gemälde in allen Farben einer heraufziehenden Herbstnacht...

Der Kommentar der Woche von FrancisYorkMorgan zu Halloween

Heute Nacht ist Halloween, heute Nacht die Geister ziehen,
wo in tiefer dunkler Nacht überall der Spuk erwacht.
Und aus diesem Finstern dann,
kommt heraus der schwarze Mann.

Ich griff nach dem Wetzstein und mähte das nur flache Gras mit der vergriffelten Sense, schwang sie Runde um Runde, gabelte das frische Futter in den einachsigen Karren und lief verträumt dahin, hielt zwischen der gegabelten Kiefer und der Lärche im Eck an und schaute zu den Nachbarn, die mich nicht wahrnahmen. Ein Abend vor langer Zeit und die Neugier schrie, der Wind wehte in den Kronen der Bäume und die Blätter raschelten lautstark in der Luft des anklingenden Abends. Eine Nacht der Schwärze, von Schatten getränkt. Die Trommel einer ausrangierten Waschmaschine stand mitten auf einer Wiese und jede Menge Feuerholz lag unter der Bank. Ein Tag wie ich ihn herbei sehnte und in der Einsamkeit verschwand. Nur ich und die marode Bank, die Ruhe unter der gegabelten Kiefer. Nach zwei Flaschen Bier, warm und drückend wie der letzte Hauch des Sommers, durchstöberte ich den windschiefen Schuppen, wühlte in den Kommoden, durch die Regale und fand einige Signalfackeln mit aufgedruckten kyrillischen Lettern in einer Kiste. Übersät mit trockenen Halmen und Spinnweben, nahm ich sie mit hinaus und legte sie auf die Bank, während die Sonne verschwand und es sofort kalt wurde. Alte Fackeln aus längst vergangenen Tagen.

Ich brutzelte ein paar Koteletts und klang in die Nacht. Sehnsucht und Gegensätze. Ich giere nach ihnen und lebe darin. Als sich die Flammen langsam selbst verschluckten, nur fahl über der weißen Glut züngelten, ich satt auf meiner Bank saß und unruhig in das weite Tal meiner Heimat blickte, stand ich auf und ging an den verwitterten Holzzaun inmitten meiner Einfriedung. Ich blickte über die Querbalken zu den Nachbarn weiter unten. Sie grillten an diesem Abend, die bunten Lichter tanzten und die Musik schallte sanft durch meinen kleinen Heimatort. Ich beobachtete sie durch das Gebüsch und blieb lange an einem Fleck stehen, steinerte in das Leben der anderen Seelen, wanderte mit den Augen umher und keiner sah mich.

23 Uhr klackten alle Sicherungen meines Heimatortes und es war dunkel, angenehm frisch und der Mond leuchtete über das Land, die Lichter blinzelten über die bewaldeten Bergkuppen und die wippenden Wipfel der Bäume schnitten den Horizont. Ich war stumm und gaffte in die Nacht, rupfte, zog und fingerte unbeholfen an einer Fackel. Funken flogen und Rauch quoll aus dem Stab mit den kyrillischen Lettern. Schlängelnde Fäden, spratzelnder Dampf, das weiße Lichtkleid und die Bäume rundum. Alles erstrahlte im gleißend farblosen Schein, während das Rascheln in den Bäumen immer lauter wurde und die unverwechselbaren Pianoklänge von John Carpenter durch meinen Kopf wanderten und klopften. Ich sah die stechend weiße Fackel langsam verglühen und den Rauch durch die dicken Äste schwimmen. Ich sah die immerwährende Liebe zu Carpenters Halloween, den schwarzen Augen und den hellen Umrissen der glatten Maske. Alle reden immer von Carpenters überragender Regie. Halloween und sein knappes Budget, den markanten Score, die wichtigen Stiche und Einfälle der Produzenten, Jamie Lee Curtis und Donald Pleasence - Platin auf alle Zeit. Suspense und der klamme Fall im drohenden Herbst, den zuckenden Stichen durch Wirbel und Haut, Fleisch und Knochen. Die brennende Sehnsucht wird der Herbst. Das Zirpen der Grillen und das Summen der Insekten im Dunkel verstummte. Halloween ist ein unerreichtes Original und als ich meine Augen unter den Bäumen aufriss, alles im farblosen Licht strahlte und die Hitze sich über meine Hand ergoss, sich das weiße Licht unter die dichten Baumkronen schälte, fügte sich die endlose Sehnsucht nach der schönsten Jahreszeit, den fallenden Blättern, den Masken und Klängen der Dämmerung. Die glimmende und geheimnissvolle Schönheit des Unausgesprochenen. Die Sehnsucht wird die Maske, der schwarze Mann. Halloween fängt diese urbane und klamme Magie ein.

Und es ist Herbst...

Der Originalkommentar steht hier in einem Gebüsch... regungslos... und schaut zu eurem Fenster hinauf... Spürt ihr die Nacht heraufziehen?

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