Keep Surfing schaut beim Flußsurfen im Herzen Bayerns zu

20.05.2010 - 08:50 Uhr
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Aus aller Welt kommen die Surfer nach München, um den Thrill des Flußsurfens zu erleben. Dabei haben sie die unterschiedlichsten Biografien.

Keep Surfing widmet sich einer Sportart. Um den Moment zu erfahren und sich dem Wasser hinzugeben, braucht man nicht erst nach Hawaii zu fliegen, wo das Surfen entstanden ist. Der Film entstand dennoch an vielen Surferzentren der Welt. Er dreht sich um die verrückten Menschen, die nach Bayern kommen. Filmemacher und Hobbysurfer Björn Richie Lob berichtet in einem Interview, was ihn zu seinem Film angetrieben hat:

Wie haben Sie die Eisbachwelle kennengelernt?
Björn Richie Lob: Ich war selber schon ein paar Jahre am Meer gesurft, als ein Freund von mir nach München gezogen ist. Da er wusste, dass ich begeisterter Meersurfer bin, hat er mich angerufen, nachdem er den Eisbach entdeckt hatte. Das ist zwölf Jahre her. Ich habe mir den Eisbach angesehen, jemand hat mir sein Board geliehen, ich hab’s ausprobiert, war begeistert, bin dann immer öfter nach München gekommen und schließlich dorthin gezogen.

Und wie ist die Idee zu dem Film entstanden?
Björn Richie Lob: Die Idee zu dem Film ist entstanden, weil ich als Beleuchter bei Kurzfilmprojekten viel übers Lichtsetzen gelernt habe. Der Grundgedanke war: Am Eisbach kommst du viel näher ran an die Surfer als auf dem Meer, und du kannst Lampen drumherum aufstellen und die Jungs richtig schön ausleuchten und hast dann Bilder von den Moves und dem bewegten Wasser, die auf größeren Gewässern unmöglich wären. Erst wollte ich also nur ein geiles Video machen, habe dann aber ziemlich schnell gemerkt, dass mir das nicht reicht – schöne Bilder aneinanderzureihen und ein wenig Musik darunterzulegen. Trotzdem schien mir das alles zunächst unendlich weit weg. Ich hatte ja kein Studium, gar nichts, ich hatte immer nur mitgeholfen. Schließlich habe ich mir eine professionelle Kamera gekauft, um ein Video für die Deutschen Wellenreitmeisterschaften zu drehen. Dann kamen aber hin und wieder bezahlte Jobs als Beleuchter. Dabei habe ich viel gelernt und immer die Making-ofs gemacht, zum Beispiel bei Nichts Bereuen und Kammerflimmern.

Können Sie sich an den Moment erinnern, in dem Sie dachten: „Ich mache da wirklich einen richtigen Film, nicht nur Clips“?
Björn Richie Lob: Am Anfang haben wir uns gegenseitig gefilmt, einfach um unseren eigenen Style zu verbessern. Der nächste Schritt war ein Videoabend mit allen Surfern vom Eisbach. Wir hatten damals eigentlich die goldene Regel, dass man kein Material rausgeben darf, und wenn jemand mit einer Kamera ankam, haben alle aufgehört zu surfen. Wir wollten nicht riskieren, dass man uns den Spot wegnimmt, und wir wollten auch nicht, dass zu viele Surfer den Eisbach verstopfen. Das Video ist aber gut angekommen. Sogar unser „Hausmeister“ Walter Strasser, der ja auch eine Hauptfigur in dem Film ist, hat sich dafür von mir filmen lassen.

Einiges davon ist dann in Keep Surfing gelandet. Eva Stadler, Producerin bei der Bavaria Film, hat mir danach einen kleinen Crashkurs in Filmproduktion gegeben und mich beraten, wo ich das Projekt am besten einreiche, um eine Finanzierung zu stemmen. Das war dann auch so eine Aktion mit einer Woche ohne Schlaf … (lacht). Ich weiß noch ganz genau, wie meine damalige Freundin vorlief, das Büro der Filmförderung wollte gerade schließen, und gerufen hat: „Wartet noch, bitte! Bitte noch nicht abschließen!“ Da kam ich dann auch schon mit meinen 17 Ordnern um die Ecke, und wir haben den Film auf die letzte Sekunde eingereicht. Wenig später kam die Nachricht, dass wir gefördert würden, und dann ging es richtig los. Wir erhielten 20.000 Euro, das war der Startschuss.

Die Produktion hat ja mindestens fünf Jahre gedauert. Gab es in der Zeit einen Moment, in dem Sie dachten: „Ich kann nicht mehr“?
Björn Richie Lob: Dreimal hatte ich während der Dreharbeiten Todesangst. Beim Dreh auf Tahiti kenterte mein Boot, ich wurde von einer Riesenwelle auf ein Riff gespült. Das Boot war umgekippt und hatte sich am Riff festgesaugt, und eine Welle nach der anderen ist mir über den Kopf geklatscht. Da hatte ich richtige Angst. Das zweite Mal geschah bei Hochwasser in München, als ich auf dem Surfbrett filmte und deswegen nur einen Arm zum Paddeln übrig hatte. Ich habe den Ausstieg verpasst und bin dann um mein Leben gepaddelt, weil es nur noch einen weiteren sicheren Ausstieg gab, und hätte ich den verpasst, wäre ich ins Wehr gesaugt worden und hätte verloren. Da habe ich sogar kurz überlegt, die Kamera wegzuschmeißen.

Beim dritten Mal hing ich in Österreich an einem Seil über einer reißenden Flusswelle und wurde für die Aufnahmen von fremden Menschen gehalten. Da habe ich begriffen: Wenn ich jetzt abrutsche oder die Jungs Mist bauen, dann hänge ich an dem Seil in der Strömung und die zieht mich dann unter Wasser. In dem Moment habe ich auch gedacht: Was mache ich hier eigentlich? Bin ich total bescheuert? Allerdings habe ich immer daran geglaubt, dass ich das irgendwie schaffe, und mir geschworen, nicht aufzuhören, bis ich das Ergebnis selber gut finde. Ich habe eine eigene kleine Produktionsfirma gegründet, pipelinepictures. Außerdem bin ich vier Jahre lang jedes Jahr zweimal auf die Internationale Sportmesse ISPO in München gerannt, habe einen Sponsor nach dem anderen abgeklappert und das Projekt vorgestellt. Ich hatte einen Trailer geschnitten, eine Mappe gebastelt und bin dann mit meinem Laptop hin und hab’ gefragt, ob ich denen das zeigen darf. Und sie fanden es immer alle cool, sagten jedoch, ihre Budgets seien schon verplant. Ich habe aber einfach nicht aufgehört, und dann kamen halt hin und wieder mal zwei, drei Kisten mit gesponserten Klamotten an.

Und die haben Sie verteilt, damit Leute helfen?
Björn Richie Lob: Genau. Ich konnte ja niemanden bezahlen. Zum Beispiel war plötzlich Hochwasser und ich hatte drei Kameras, aber die konnte ich ja nicht alle gleichzeitig bedienen. Da habe ich dann ein paar Surfern einen gesponserten Pulli in die Hand gedrückt, denen erzählt, wie sie die Kamera bedienen, und schon waren die Teil des Teams. Und ich hab’ immer die Wasserkamera genommen, bin reingesprungen und habedie Leute im Wasser gefilmt oder eine On-Board-Kamera gebaut, und dann ging es los.

Dann stieg auch Produzent Tobias N. Siebert fest in das Projekt ein. Wie sind Sie die gemeinsame Arbeit angegangen?
Björn Richie Lob: Wir wussten beide: Das Wichtigste sind der Eisbach und die Filmaufnahmen dort, die ich unbedingt mit großem Aufwand auf 35 mm drehen wollte. Mir war klar, dass dafür das meiste Geld draufgehen würde. Aber wir fuhren trotzdem zuerst nach Tahiti, weil eine der Hauptfiguren des Films, Quirin Rohleder, dort war, und den wollte ich mit der Kamera begleiten. Er hatte mir schon drei Jahre zuvor in Frankreich erzählt, dass er dort die ASP Tour moderiert. Damals sagte ich bereits: Ich komme auf jeden Fall nach Tahiti, du bist da unter den Top-44-Surfern der Welt, du kennst sie alle und sie dich – das ist perfekt für den Film…

Wann haben Sie gemerkt, dass Sie keinen Film über eine bestimmte Welle machen, sondern über sechs sehr unterschiedliche Menschen?
Björn Richie Lob: Schwierig. Der Film ist wie ein Kind gewachsen, es kam einfach immer mehr dazu. Und es gab so viele Geschichten zu erzählen, so viele beeindruckende Lebenswege, dass ich sogar zwischendurch mal den Faden verloren habe. Ich habe so viel gefilmt … Und diese Leute sind ein derart besonderer Menschenschlag. Manchmal kommt es mir immer noch wie ein Wunder vor, dass am Ende alles zusammengepasst hat.

Gibt es denn etwas, was alle diese Menschen gemeinsam haben?
Björn Richie Lob: Ich glaube, dass sie sehr mutig sind. Nicht nur beim Surfen, weil sie sich da in die Wellen hauen, sondern auch im Leben, weil sie große Risiken eingegangen sind, um ihr Leben so führen zu können, wie sie es tun.

Das trifft auch auf Sie zu. Würden Sie sagen, dass nicht nur Sie die Protagonisten ausgesucht, sondern die Surfer ebenso Sie gewählt haben?
Björn Richie Lob: Ganz sicher, obwohl mir das selber nicht von Anfang an klar war. Ich habe das aber später oft gehört und auch die ganze Zeit gemerkt, dass die Surfer froh waren, dass jemand aus den eigenen Reihen diesen Film macht und nicht irgendein Regisseur aus Amerika, der dann vielleicht gerade mal vier Wochen Zeit gehabt hätte.

Wie sind Sie auf die anderen Locations gekommen?
Björn Richie Lob: Kanada kam durch Eli Mack zustande. Er hatte sein Videotagebuch mit nach München gebracht, und ich wusste, wenn die anderen sehen, wie er sich da mit einem Jetski in diese riesige, brutale Welle reinziehen lässt, dann flippen sie aus. Er hat uns dann nach Kanada eingeladen. Er wohnt in Oregon, zwölf Autostunden von der Welle entfernt, hat uns allen einen Schlafplatz angeboten. Von der Welle in Frankreich hat er uns auch erzählt. Obwohl wir doch so viel näher dran waren, wusste er mehr darüber als wir.

Und als das nächste Mal dort Hochwasser war – die Welle in Frankreich läuft nur bei Hochwasser –, fuhren wir hin. Ein paar Stunden vor der Nachricht hatte ich mit Tobias
Siebert eine Produktionsbesprechung in Berlin, bei der wir uns einig waren: Es wird nichts mehr nachgedreht, das ist jetzt fest beschlossen (lacht lange). Und dann sagte sogar er: Fahr hin! Natürlich aber ohne … Geld? Ja, doch dafür haben wir mehrere Wellen entjungfert, das war wirklich ein Abenteuer. Als kleines Kind war ich immer traurig, dass es nichts mehr zu entdecken gäbe, manchmal war ich mir sicher, dass ich zu spät geboren worden sei, und diese Tour nach Frankreich hat mich über all das noch einmal ganz neu nachdenken lassen.

Als dann endlich alles abgedreht war, haben Sie ja noch fast zwei Jahre mit der Fertigstellung verbracht.Wie war das?
Björn Richie Lob: Lange Zeit, vor allem, als ich noch allein geschnitten habe, war es sehr hart. Ich habe ja neun Monate einsam vor dem Material gesessen und zunächst aus 350 Stunden Film 30 Stunden gemacht, daraufhin einen drei Stunden langen Roughcut. In dieser Phase war ich zwischendurch schon verzweifelt. Aber dann lernte ich zufällig Daniela Grosch kennen, die als Cutterassistentin arbeitet. Sie hat angefangen, in ihrer Freizeit mit mir zu schneiden, und mir geholfen, in mein Riesenchaos Struktur hineinzubringen. Als ich mit Daniela einmal durch war, hatte auch Benjamin Quabeck Zeit, den ich von Anfang an als Cutter dabei haben wollte. So kam endlich alles zusammen, und wir haben das ganze Ding dann in drei Monaten durchgerockt.

Was, würden Sie sagen, ist die Kernaussage Ihres Films?
Björn Richie Lob: Im Prinzip geht es darum. den Leuten eine Freude zu machen und ihnen zu zeigen, dass das Leben schön sein kann – und dass man mutig sein sollte. Wenn man etwas machen will, dann sollte man es auch tun. Auch darum geht es in Keep Surfing.

(Mit Materialien von ProKino erstellt)

Keep Surfing läuft ab dem 20. Mai in deutschen Kinos. In welchem Kino in Deiner Näher der Film läuft, das verrät Dir Dein moviepilot-Kinoprogramm.

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