Wir schauen Breaking Bad - Staffel 5, Folge 14

18.09.2013 - 08:50 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Ozymandias
AMC
Ozymandias
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Nach eigenen Angaben empfindet Vince Gilligan die neuste Episode als die Beste der gesamten Serie. Vollkommen unverständlich oder absolut nachvollziehbar? Wir schauen uns “Ozymandias” genauer an.

Wenn eine Episode einer Serie wie Breaking Bad so endet wie vergangene Woche und der Schöpfer sagt, dass die direkte Fortsetzung dazu seine Lieblingsfolge der gesamten Serie ist, ist die Erwartungshaltung natürlich entsprechend hoch. Und tatsächlich ist Ozymandias die geballte Ladung an Emotionen, die von Freude über Angst bis Trauer reicht. Großartig.

Was ist passiert?
Die Schießerei hat sich für Hank (Dean Norris) und seinen Kollegen Gomez (Steven Michael Quezada) nicht wie durch ein Wunder zum Guten gewendet und so musste das Unvermeidliche passieren: Beide sterben. Im Zuge von Walts (Bryan Cranston) Versuch, Hank zu retten, verrät er Todd (Jesse Plemons) und seinen Jungs, wo er das Geld versteckt hat. Diese buddeln es natürlich aus und nehmen es mit, hinterlassen Walt aber freundlicherweise noch um die elf Millionen Dollar. Den unterm Auto kauernden Jesse (Aaron Paul) nehmen sie auch noch gleich mit, um herauszufinden, was er der DEA verraten hat und ihn anschließend zu töten. Stattdessen wird er von Todd zu seinem persönlichen Laborsklaven degradiert, um endlich vernünftiges Meth kochen zu können. All diese Turbulenzen kann Walt natürlich nicht vor seiner Familie verheimlichen; er will mit ihnen flüchten, stattdessen stellen sich jedoch Skyler (Anna Gunn) und Flynn (RJ Mitte) gegen ihn, sodass Walt sich mit seinem Geld alleine aus dem Staub macht.

Ein Wandrer kam aus einem alten Land,
Und sprach: „Ein riesig Trümmerbild von Stein
Steht in der Wüste, rumpflos Bein an Bein,
Das Haupt daneben, halb verdeckt vom Sand.

Der Züge Trotz belehrt uns: wohl verstand
Der Bildner, jenes eitlen Hohnes Schein
Zu lesen, der in todten Stoff hinein
Geprägt den Stempel seiner ehrnen Hand.

Und auf dem Sockel steht die Schrift: ‚Mein Name
Ist Osymandias, aller Kön’ge König: –
Seht meine Werke, Mächt’ge, und erbebt!‘

Nichts weiter blieb. Ein Bild von düstrem Grame,
Dehnt um die Trümmer endlos, kahl, eintönig
Die Wüste sich, die den Koloß begräbt.

- Ozymandias (Percy Bysshe Shelley, 1817. Übersetzt von Adolf Strodtmann)

Ozymandias ist der pure Horror. Furchtbar schmerzhaftes Terror-TV, eine einzige Albtraum-Parade. Jeder einzelne liebgewonnene Charakter muss dabei zusehen, wie sein ganzes Leben in sich zusammenstürzt. Mittendrin haben wir Walter, dessen Ambivalenz noch nie so stark in einer Folge zur Schau gestellt wurde. Bryan Cranston verdient nebenbei erwähnt speziell für diese Episode jeden erdenklichen Preis, denn was er hier abliefert ist schlichtweg atemberaubend und eigentlich nicht mehr zu überbieten. Angefangen bei der Wüsten-Sequenz, in der Walt beweist, dass für ihn tatsächlich nichts wichtiger als die Familie ist. Vollkommen ungezügelt verspricht er Jack alles, wofür er je gearbeitet hat, nur damit er Hank nicht tötet. Der Gedanke daran, dass sein Schwager, der ihn vor wenigen Minuten hinter Gittern bringen wollte, gleich sterben könnte, lässt ihn jegliche Rationalität verlieren: vollkommen desillusioniert glaubt er tatsächlich daran, Hanks Leben kaufen zu können. Dieser erkennt jedoch sofort, dass er nicht lebend aus der Situation herauskommen wird und entscheidet sich für den würdevollen Abgang, den sein Charakter verdient.

Doch so hart der Schlag von Hanks Tod mich auch getroffen hat, der eigentliche Hammer, der wahre Moment der Atemlosigkeit folgte erst darauf. Während Todd und Jack das viele Geld beschlagnahmen, schauen wir Walt dabei zu, wie er unter den größten Schmerzen seines Lebens leidet; im wahrsten Sinne des Wortes am Boden zerstört drückt er sein Gesicht in den Sand, unfähig den Schock zu verarbeiten. Doch in der selben Zeit macht sich bei ihm ein anderes Gefühl breit. Ein Gefühl, das wieder den Heisenberg aus ihm herausholt: Der Durst nach Rache. Während er also am Boden liegt, bemerkt er Jesse, der sich unter seinem Auto versteckt hat, um – bis dahin sogar mit Erfolg – nicht von den Killernazis gefunden zu werden. You still owe me Jesse, wirft er Jack zu und wir wissen, dass er ihn verraten wird. Doch damit ist Heisenbergs Racheverlangen nicht gestillt. Bevor Jesse abgeführt wird, verrät Walt ihm beinahe schon mit Stolz, wie er Jane beim sterben zugesehen hat, ohne etwas zu unternehmen.

Fässer waren mitsamt ihres Inhalts in dieser Sendung schon immer dafür da, um Leichen verschwinden zu lassen. Jetzt rollt Walt womöglich seinen eigenen Sarg durch die Gegend. Der ist zwar mit elf Millionen Dollar anstatt Säure gefüllt, doch die zerstörerische Wirkung bleibt die selbe. Ich werde das Gefühl nicht los, dass Jack mit diesem Geschenk Walt noch weiter ins Verderben stürzt. Nun hat er wieder etwas, woran er sich klammern kann, etwas, das ihn weiter nach vorne treibt, obwohl es wahrlich Zeit für eine Kapitulation ist. Doch ans Aufgeben denkt er immer noch nicht, auch wenn das bedeutet, seine Familie zurück zu lassen.

Gesonderter Applaus gilt in dieser Folge übrigens zweifellos Walter Jr., bzw. RJ Mitte. Stets als Frühstück-mampfender Füllcharakter verpönt, glänzt er in Ozymandias wie noch nie zuvor und verpasst Heisenberg den härtesten Schlag in die Magengrube. Die ganze Zeit über noch unentschlossen, ob er die Horrorgeschichten, die ihm Skyler und Marie (Betsy Brandt) über seinen Vater erzählt haben, glauben soll, trifft er eine Entscheidung, als es drauf ankommt. Im (erstklassig inszenierten!) Messerkampf zwischen seinen Eltern schlägt er sich auf die Seite seiner Mama und ruft im selben Moment die Polizei, auf dem Boden liegend und Walter in die Augen starrend. In diesem Augenblick realisiert Walt, dass er und seine Familie keine gemeinsame Zukunft haben, also stürmt er mit Holly unterm Arm raus. Auch Elanor Anne Wenrich hat als Holly einen unfassbar starken Moment: In Walts Händen murmelt sie so unschuldig nach ihrer Mama, dass sogar Walt einsieht, das Falsche getan zu haben und entschließt, sie nicht mitzunehmen.

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